Adidas profitiert von "Yeezy"-Schlussverkauf

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München (Reuters) - Der Ausstieg aus der "Yeezy"-Produktlinie des Skandal-Rappers Kanye West stellt die Bemühungen des neuen Adidas-Chefs Björn Gulden um den Umbau im Kerngeschäft in den Schatten.

Gut ein Fünftel der bereits produzierten Schuhe, die seit dem Verkaufsstopp im Herbst auf Lager waren, hat Adidas in einer ersten Aktion Ende Mai für 400 Millionen Euro verkauft und damit allein einen operativen Gewinn von 150 Millionen eingefahren, wie aus dem Halbjahresbericht des Sportartikelkonzerns aus Herzogenaurach hervorgeht. Die Kunden rissen Adidas gerade die teuersten "Yeezy"-Modelle aus den Händen. Eine zweite Aktion, die sich über den ganzen August erstrecken soll, ist gerade angelaufen. "Wir müssen das sehr vorsichtig managen", mahnte der Vorstandschef.

Insgesamt 110 Millionen Euro will Adidas an Organisationen spenden, die gegen Rassismus und Antisemitismus kämpfen, zehn Millionen davon seien schon geflossen. Guldens Vorgänger Kasper Rorsted hatte den Verkauf der "Yeezy"-Schuhe im Herbst eingestellt und die Zusammenarbeit beendet, nachdem West - der sich inzwischen Ye nennt - mit verbalen Ausfällen und antisemitischen Äußerungen Schlagzeilen gemacht hatte. Im Mai hat sich Gulden entschieden, die Restbestände doch noch zu verkaufen und dafür zu spenden. "Das ist wesentlich besser, als den Bestand zu vernichten und abzuschreiben", sagte er am Donnerstag.

Auch finanziell: Die Verkaufsaktion verbesserte die Brutto-Marge im zweiten Quartal allein um zwei Prozentpunkte auf 50,9 Prozent. Die Umsatz- und Gewinnprognosen für das laufende Jahr hatte Adidas schon im Juli angehoben: Statt eines Verlusts von 700 Millionen Euro wird wegen des "Yeezy"-Verkaufserfolgs nur noch ein Minus von 450 Millionen erwartet. Der Umsatz soll 2023 nur noch um etwa fünf Prozent schrumpfen. Mit weiteren "Yeezy"-Aktionen könnte sich die Bilanz weiter verbessern. Aber auf das Ergebnis in diesem Jahr komme es gar nicht an, machte Gulden klar. Wichtig sei es vielmehr, "den Grundstein für ein besseres Jahr 2024 sowie ein gutes und profitables Unternehmen Adidas in den Jahren 2025 und 2026 zu legen".

HOFFNUNGSSCHIMMER IN CHINA

Eine der Großbaustellen ist der vom Erzrivalen Nike dominierte US-Markt, auf dem Adidas mit "Yeezy" das wichtigste Zugpferd abhanden gekommen ist. Von April bis Juni brach der Umsatz in Nordamerika um 16 Prozent ein, ohne die "Yeezy"-Aktion wäre er sogar um ein Fünftel geschrumpft. Alle Sportartikler kämpften dort mit Rabatten gegen die vollen Lager, die sie sich in der Corona-Pandemie eingehandelt hatten, als die Ware knapp war. Nun ist sie wegen der Kaufzurückhaltung schwer zu veräußern. "Alle haben zu viel eingekauft. In den Läden sieht man noch immer viele rote Preisschilder", sagte Gulden. Weltweit seien die Vorräte aber seit Jahresbeginn um 400 Millionen auf 5,5 Milliarden Euro gesunken. "Der Lagerbestand macht mir keine Sorgen mehr", sagte Finanzvorstand Harm Ohlmeyer.

Gulden sieht auf dem wichtigsten Sportmarkt der Welt aber auch strategische Defizite. "Im Basketball sind wir nicht so erfolgreich wie wir gerne wären", sagte er. Als Puma-Chef war er in das Geschäft mit der populären Ballsportart eingestiegen. Adidas sei in den USA aber auf dem richtigen Weg: "Wir haben alles, um die Wende zu schaffen. Aber vom Sagen zum Tun dauert es einige Zeit." Auch in China, wo westliche Marken lange von den Verbrauchern und Prominenten boykottiert worden waren, sieht er Licht am Ende des Tunnels: Zum ersten Mal seit drei Jahren seien Top-Stars dort wieder bereit, mit Adidas zusammenzuarbeiten. Der Umsatz stieg im zweiten Quartal um 16 Prozent.

(Bericht von Alexander Hübner. Redigiert von Sabine Wollrab. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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