Kolumne

Die beste Werbung für Bitcoin? Die Schuldensituation der USA

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Die US-Rating-Agentur Fitch hat am Dienstag das Issuer Default Rating (IDR) der USA von AAA auf AA+ herabgestuft und damit für Unruhe an den Finanzmärkten gesorgt. Was bedeutet das? Die sogenannte langfristige Fremdwährungs-Emissionsausfallbewertung ist eine Kennzahl, die das potenzielle Risiko bewertet, ob ein Land seine Schulden zurückzahlen kann oder nicht. Die Bewertungsskala reicht von AAA (höchste und sicherste Bewertung) bis zu D (Ausfall der Rückzahlungen). 

Die Bewertung berücksichtigt verschiedene Faktoren, darunter die Wirtschaftsleistung, politische Stabilität, monetäre Flexibilität, Verschuldungsgrad und Geldreserven. Eine Herabstufung signalisiert, dass das wahrgenommene Risiko eines Ausfalls größer geworden ist und kann deutliche Auswirkungen auf die Anleihemärkte und die Wirtschaft des entsprechenden Landes haben. Da wir von der globalen Wirtschaftsmacht USA und dem US-Dollar reden, sind die möglichen Auswirkungen globaler Natur.

Warum hat Fitch die USA herabgestuft?

Laut Fitch wird für die USA aufgrund der aktuellen Situation eine „fiskalische Verschlechterung in den nächsten drei Jahren erwartet, sowie eine Erosion der Regierungsführung und eine wachsende allgemeine Schuldenlast. […] Die wiederholten politischen Pattsituationen in Bezug auf die Schuldenobergrenze und die Lösungen in letzter Minute haben das Vertrauen in das Finanzmanagement [der US-Regierung] erschüttert.“ Aus Sicht von Fitch gab es in den letzten 20 Jahren eine stetige Verschlechterung des Regierungsstandards, einschließlich der fiskalischen und schuldenbezogenen Fragen, ungeachtet der parteiübergreifenden Einigung im Juni, die Schuldenobergrenze bis Januar 2025 auszusetzen. 

Ein hartes Urteil, das die Realität in den USA jedoch durchaus treffend beschreibt. Zudem erwartet die Agentur, dass das Staatsdefizit im Haushaltsjahr 2023 auf 6,7% des BIP steigen könnte. Die sich verschlechternden Kreditbedingungen könnten in Kombination mit daraus entstehenden Folgeeffekten für die Wirtschaft laut Fitch zudem zu einer „milden Rezession in Q4 2023 oder Q1 2024 führen“.

Wie sieht die Schuldenlage der USA aus?

Die Schuldenlast der USA wächst seit Jahrzehnten. Spätestens seit der Finanzkrise 2008 hat sie jedoch den Turbo gezündet und bewegt sich seitdem in einem immer exponentieller erscheinenden Graph nach oben. Mittlerweile beträgt die Schuldenlast der USA über 32 Billionen Dollar.

Für das dritte Quartal 2023 hat das US-Finanzministerium Anfang der Woche eine geplante Kreditaufnahme von bis zu einer Billionen Dollar angekündigt. Das sind etwa 275 Milliarden Dollar mehr als vom Markt erwartet. Für das vierte Quartal 2023 erwartet das Finanzministerium derzeit eine geplante Aufnahmesumme von 850 Milliarden Dollar. Für das kommende Jahr 2024 erwarten Analysten von Barclays, dass die Nettoemission von neuen Anleihen bei bis zu 2 Billionen Dollar liegen könnte.

Was bedeuten die Herabstufung und die wachsende Schuldenlast potenziell für die USA?

Es ist fraglich, ob der Markt solch eine stetig wachsende Neuemission an Anleihen überhaupt zur Genüge bedienen kann. Während der Corona-Pandemie und der dadurch entstehenden wirtschaftlichen Unsicherheit war die Nachfrage nach Anleihen als sicherer Hafen groß, doch mittlerweile brummt zumindest die US-Wirtschaft wieder. Eine breite Erholung in Kombination mit weiteren Wachstumserwartungen durch die Entfesselung von KI und einer damit stark steigenden wirtschaftlichen Effizienz, bei einer gleichzeitigen Erwartungshaltung des Marktes, dass die Zinsen durch die US-Notenbank bald wieder gesenkt werden, macht Anleihen für einen kurz- bis mittelfristigen Zeitraum potenziell wieder unattraktiver.

Die Herabstufung und die wachsenden Zweifel am Staatshaushaltskonstrukt der USA machen es nicht besser. Sicher, der Dollar ist immer noch die Lebensader für einen großen Teil der globalen Wirtschaft, doch in den letzten Jahren haben sich erste Risse bemerkbar gemacht. Der Handelsstreit mit China, sowie zunehmende Bemühungen der BRICS-Staaten, sich vom Dollar loszulösen, stellen das Dollar-System langsam, aber sicher infrage.

Im schlimmsten Fall führt eine Herabstufung des Kreditratings eines Landes zu höheren Kreditkosten, einer Abwertung der Landeswährung, sowie verminderten ausländischen Investitionen. Im Fall der Vereinigten Staaten, die die größte Wirtschaft der Welt sind und deren Dollar die am häufigsten verwendete Währung für internationale Transaktionen ist, könnte eine Herabstufung globale Auswirkungen haben. Eine niedrigere Kreditwürdigkeit der USA könnte das Vertrauen in das globale Finanzsystem untergraben und möglicherweise zu erhöhter Marktvolatilität und einer Verlangsamung des globalen Wirtschaftswachstums führen. Die Kreditkosten der US-Regierung dürften wahrscheinlich steigen, was zu höheren Steuern oder reduzierten Regierungsausgaben führen könnte, was sich weiter auf die US-amerikanische und globale Wirtschaft auswirken könnte.

Wie kann man aus dieser Sache wieder herauskommen?

Für die USA gibt es zwei Möglichkeiten, um aus dem wachsenden Schlamassel der Schuldenlage herauszukommen: entweder deutliche Einsparungen und damit ein Ausweg aus dem Staatsdefizit oder die gute alte Modern Monetary Theory, die in einem gewissen Ausmaß bereits seit der Finanzkrise 2008 in Gang gesetzt wurde. 

Aufgrund der gigantischen Schuldenlast dürften Einsparungen in extremen Ausmaßen notwendig sein, um irgendwie die Kurve heraus aus der wachsenden Schuldenlast zu kriegen. Eine realistische Antwort darauf wird wohl lauten: das ist nicht wirklich möglich, denn die Einsparungen wären wahrscheinlich so groß, dass Amerika nicht ohne große wirtschaftliche Schäden aus diesen Einsparungen herausgehen könnte, die das Land um Jahre zurückwerfen und seine Stellung als wirtschaftliche Supermacht infrage stellen würde.

Bleibt Methode Nummer 2: Man regelt die Sache über die monetären Schiebregler. Eine simple Finanzierung über die Druckerpresse der Federal Reserve dürfte nicht umsetzbar sein, denn das würde die Seriosität des Dollar-Systems komplett untergraben. Zwar sieht die Realität derzeit so aus, dass genau so eine Staatsfinanzierung aus der Druckerpresse bereits seit Jahren stattfindet, nur dass die Finanziererseite eben nicht von der US-Notenbank kommt, sondern von Marktkäufern der US-Anleihen, die immer weiter über das gesunde Maß hinaus ausgegeben werden.

Ein Schuldenschnitt wäre ebenfalls nicht kommunizierbar, da dies das globale Finanzsystem sprengen würde – es würde einfach zu viele Gläubiger geben, die leer ausgehen würden. Im schlimmsten Fall würde das wahrscheinlich militärische Konflikte hervorrufen. 

Bleibt nur die Möglichkeit, das Konstrukt über zunehmend komplizierter werdende, indirekte Finanzierung aus der Druckerpresse weiterlaufen zu lassen. Entweder über weitere neue Werkzeuge, die sich die Federal Reserve ausdenkt, um Geld ins Bankensystem und indirekt in den US-Staatshaushalt zu pumpen. Oder auch über eine Währungsreform. Mit dem Instant-Banking-System FedNow, welches in den Startlöchern steht, ist der erste Schritt zum digitalen Dollar bereits gemacht worden.

Ich habe keine Vorstellungen, wie die USA letzten Endes aus dieser zunehmend prekärer werdenden Lage herauskommen werden, doch ich befürchte, dass in den nächsten Jahren zunehmend radikalere Methoden nötig sein werden. Es macht alle Anzeichen, dass das derzeitige Staatshaushalts-Konstrukt der USA nicht ewig in dieser Form weitergeführt werden kann.

Wichtig ist die Investment-Perspektive

Als Anleger ist es notwendig, sich über diese Themen Gedanken zu machen, den letzten Endes bestimmt der Kurs der USA maßgeblich die Entwicklungen an den internationalen Finanzmärkten. Wir haben zwar leider keinen Einfluss auf die US-Politik und deren monetären Kurs, doch dieser hat großen Einfluss auf uns. Als Anleger kann man sich nur gegen mögliche Szenarien absichern, die daraus entstehen.

Und hier möchte ich erneut eine Lanze für Bitcoin brechen, denn Bitcoin bewährt sich mehr und mehr als ein komplett autonomes und resistentes Netzwerk. Als Geld-Alternative ist die Nutzung aufgrund der Skalierungsprobleme immer noch fraglich. Doch als Wertspeicher hat Bitcoin eine mittlerweile 14-jährige Reputation. Zwar ist die kurzfristige Volatilität groß, doch langfristig hat Bitcoin die Kaufkraft bisher weit mehr als nur erhalten und gleichzeitig einen sehr flexibel einsetzbaren und jederzeit erreichbaren Parkplatz für Kapital dargestellt. Keine andere Assetklasse bietet eine Unabhängigkeit in dem Ausmaß wie Bitcoin es ermöglicht.

Die Geldpolitik der USA ist letzten Endes eine unfreiwillige Werbung für Bitcoin und gegen eine Form von Geld, die nicht unabhängig und nicht beliebig vermehrbar ist, sondern zentral von der Politik gesteuert wird. Eine solche Manipulation des Werkzeuges Geld über einen Zeitraum von Jahrzehnten ist in der Historie der Menschheit bereits oft vorgekommen und hat jedes Mal desaströs geendet. Vieles deutet darauf hin, dass es ein weiteres Mal schief gehen wird.

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