"Wann kommt der Russland-Rückzug?" - RBI-Chef stellt sich Kritik

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- von Alexandra Schwarz-Goerlich

Wien (Reuters) - Raiffeisen-Bank-Chef Johann Strobl hat sich seinen Besuch beim renommierten Finanzsymposium in Alpbach in den Tiroler Bergen wohl anders vorgestellt.

Bei der Diskussionsrunde ging es eigentlich um den Wiederaufbau der Ukraine nach dem Krieg. Doch das Publikum - vor allem Geschäftsleute und Studenten - hatte vor allem eine Frage an den Banker, der sich mit öffentlichen Auftritten zurückhält: "Wann wird die Bank Russland verlassen?" Schließlich zahle die RBI in dem Land, das einen Angriffskrieg gegen die Ukraine führe, Steuern in Millionenhöhe, kritisierte ein junger Mann. Von den Zuhörerinnen und Zuhörern, die sich in dem überfüllten Saal zusammendrängten, erntete er lautstarken Applaus. Eine konkrete Antwort blieb Strobl schuldig. Die Bank sei bereit aus Russland auszusteigen, die Frage sei aber immer noch, wie das umgesetzt werden könne.

Die RBI, die größte westliche Bank in Russland, prüft seit Ausbruch der Krieges in der Ukraine im Februar 2022 die Optionen für das bislang äußerst lukrative Geschäft in dem Land. "Wir sind bereit, zu verkaufen oder einen Spin off zu machen, aber es braucht die Genehmigung von vielen russischen Behörden und europäischen", erklärte Strobl einmal mehr. Die Komplexität dieses Unterfangens sei nicht zu unterschätzen. "Wir müssen das akzeptieren. Ich weiß, dass das viele Menschen nicht mögen, aber ich kann diese Realität nicht ändern". Einen Zeitrahmen, bis wann eine Lösung gefunden werde, könne er nicht nennen. "Es ist ein fortlaufender Prozess". Im August hatte Strobl gesagt, man strebe eine mögliche Abspaltung des Russland-Geschäfts bis Ende Dezember an.

Ein Zuhörer verwies darauf, dass sich auch andere Banken, darunter die US-Investmentbank Goldman Sachs, aus Russland zurückgezogen hätten. Strobl ließ einen solchen Vergleich aber nicht gelten: Investmentbanken würden nur wenige Menschen beschäftigen und hätten viel weniger Kunden. Die RBI hatte vor dem Krieg rund drei Millionen Kunden in Russland. "Für diese Menschen müssen wir den Service weiterhin anbieten". Der Manager betonte, wenn man die Eigentümerschaft einer Bank innehabe, "bedeutet das nicht, dass man damit machen kann was man will". "Wir haben Millionen ausgegeben, um eine Lösung zu finden. Eine Lösung, um hier und dort Genehmigungen zu erhalten".

Die RBI ist auch in der Ukraine die größte westliche Bank und bietet dort trotz widriger Bedingungen wegen des Krieges Bankleistungen für Privat- und Geschäftskunden an.

(Redigiert von Sabine Wollrab. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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