Villeroy & Boch kauft Badausrüster Ideal Standard für 600 Mio Euro

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München (Reuters) - Der saarländische Porzellan-Konzern Villeroy & Boch übernimmt den Badausrüster Ideal Standard und schwingt sich damit zum Milliardenunternehmen auf.

Der belgische Hersteller von Badarmaturen und -keramik werde dabei mit 600 Millionen Euro bewertet, teilte Villeroy & Boch am Montag in Mettlach mit. Mit dem größten Zukauf in der Unternehmensgeschichte würde das Familienunternehmen den Umsatz um gut drei Viertel auf mehr als 1,7 Milliarden Euro steigern. "Mit dem Zusammengehen werden wir nun im Badbereich zu den größten Akteuren auf dem europäischen Markt aufschließen", sagte Vorstandschef Frank Göring. Auf dem Markt komme es immer mehr auf Größe an, sagte Aufsichtsratschef Andreas Schmid. Für Villeroy & Boch beginne eine neue Ära.

An der Börse kamen die Pläne weniger gut an: Die Villeroy & Boch-Aktie verlor am Montag 6,3 Prozent auf 17 Euro. Finanziert werden soll die Übernahme unter anderem mit 250 Millionen Euro neuen Schulden - das entspricht in etwa dem Börsenwert von Villeroy & Boch.

Villeroy & Boch ist zwar vor allem für seine Kaffee-Services bekannt, erwirtschaftet aber mehr als zwei Drittel des Umsatzes mit Waschbecken und Toiletten. Nun kommen Badarmaturen hinzu, die bei Ideal Standard gut ein Drittel des Umsatzes ausmachen und laut dem künftigen Eigentümer hochprofitabel sind. Zudem bedienten die Belgier ein anderes Kundensegment: Villeroy & Boch beliefert vor allem gehobene Privatkunden, Ideal Standard ist im Projektgeschäft mit Wohnblocks und Hotels aktiv.

Einen ersten Anlauf zur Übernahme von Ideal Standard hatte die Firma vor zweieinhalb Jahren wieder zu den Akten gelegt. Es hatte Bedenken in Teilen der Großaktionärs-Familie gegeben, der aktivistische Investor Lakestreet Capital hatte Ideal Standard als Sanierungsfall bezeichnet. Das Unternehmen gehörte bis 2018 dem Finanzinvestor Bain Capital, geriet wegen der hohen Schulden, die dieser Ideal Standard aufgebürdet hatte, aber in finanzielle Schwierigkeiten. Die Gläubiger Anchorage und CVC Credit Partners wandelten ihre Anleihen darauf in Eigenkapital und haben seither bei Ideal Standard das Sagen. Villeroy & Boch übernimmt das Unternehmen praktisch schuldenfrei, eine 325 Millionen Euro schwere Anleihe soll vorher abgelöst werden.

Ideal Standard beschäftigt mehr als 7000 Mitarbeiter an elf Produktionsstandorten in Europa und dem Nahen Osten. Sie erwirtschafteten 2022 einen Umsatz von 737 Millionen Euro und einen bereinigten Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) von 74 Millionen Euro. Villeroy & Boch selbst kam auf 995 Millionen Euro Umsatz und ein operatives Ergebnis (Ebit) von 97 Millionen Euro, rechnet aber für das laufende Jahr wegen der schwachen Baukonjunktur mit einem Umsatzrückgang auf 935 bis 965 Millionen Euro und einem Ebit zwischen 87 und 92 Millionen.

(Bericht von Alexander Hübner, redigiert von Hans Seidenstücker. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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