Israel mobilisiert 300.000 Reservisten - "Wir gehen in die Offensive"

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- von Henriette Chacar und Nidal al-Mughrabi

Jerusalem/Gaza (Reuters) - Auf den Angriff der radikal-islamischen Palästinenser-Organisation Hamas reagiert Israel mit der größten militärischen Mobilmachung seiner Geschichte.

Das Militär habe 300.000 Reservisten und damit so viele einberufen wie nie zuvor, teilte der Chefsprecher des Militärs, Daniel Hagari, am Montag mit: "Wir gehen in die Offensive." Am frühen Morgen hatte das Militär noch immer um die Rückeroberung israelische Gebiete in der Nähe zum palästinensischen Gazastreifen gekämpft. Später hieß es, man habe die Kontrolle über mehrere Gemeinden zurückerlangt, aber es gebe noch einzelne Gefechte mit Hamas-Kämpfern. Zudem würden Dutzende Israelis im Gazastreifen festgehalten. Kampfflugzeuge, Hubschrauber und Artillerie hätten in der Nacht im Gazastreifen an mehr als 500 Zielen die Hamas und die Extremisten-Gruppe Islamischer Dschihad angegriffen. Israels Verteidigungsminister Joaw Gallant sagte, der Gazastreifen werde einen Preis zahlen, der die Wirklichkeit für Generationen verändern werde. Er kündigte eine vollständige Blockade des Küstengebiets an.

Die Hamas hatte den Angriff vom Gazastreifen aus am frühen Samstag mit Raketenbeschuss begonnen und war mit Kämpfern auf israelisches Gebiet vorgedrungen. Mindestens 700 Israelis wurden getötet. Ein Militärsprecher sprach vom "schlimmsten Massaker an unschuldigen Zivilisten in Israels Geschichte". Bilder der Leichen in den Straßen und von Entführten in den Händen der Hamas schockierten das Land. Allein etwa 260 junge Menschen wurden nach Medienberichten bei einer Open-Air-Tanzparty getötet, die am Samstag noch vor Tagesanbruch von Hamas-Kämpfern angegriffen wurde.

Im Gazastreifen wurden durch das israelische Bombardement nach palästinensischen Angaben mindestens 493 Menschen getötet. 2751 Menschen seien verletzt worden. Der Iran als größter internationaler Verbündeter beglückwünschte die Hamas zu dem Angriff auf Israel, ließ seine Vertretung bei den Vereinten Nationen (UN) aber erklären, er sei in den Angriff nicht verwickelt. Aus der ganzen Welt gab es Appelle zur Zurückhaltung, während westliche Staaten zugleich versicherten, sie stünden an der Seite Israels. Die USA beorderten den Flugzeugträger "Gerald R. Ford" ins östliche Mittelmeer als Zeichen der Unterstützung für Israel.

ISRAEL ZIEHT ZEHNTAUSENDE RESERVISTEN EIN

Israel zog im Süden des Landes vier Kampf-Divisionen zusammen. Möglicherweise plant das Land eine großangelegte Invasion des Gazastreifens mit Bodentruppen - etwas das Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu in seiner langjährigen Amtszeit bisher vermieden hatte. Zunächst müsste Israel aber die vollständige Kontrolle über das eigene Territorium zurückerlangen. Ein Einmarsch in den Gazastreifen mit seinen etwa 2,3 Millionen Menschen könnte zudem Konsequenzen haben für Dutzende Menschen, die von der Hamas aus Israel in den Gazastreifen verschleppt wurden. Verteidigungsminister Gallant kündigt eine "totale Blockade" des Küstengebiets an. Dies schließe Lebensmittel, Strom und Treibstoff ein.

Die Bundesregierung kündigte an, die Hilfen für die Palästinenser auf den Prüfstand zu stellen. Darüber werde "geordnet mit den Partnern" gesprochen, sagte Entwicklungshilfeministerin Svenja Schulze (SPD). Österreich setzt seine Hilfen in Höhe von rund 19 Millionen Euro mit sofortiger Wirkung bis auf weiteres aus.

(Bericht von den Reuters-Journalistinnen und -Journalisten in Jerusalem, Sderot, Modiin, Washington und weiteren Büros); Geschrieben von Holger Hansen, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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