Leitzins bleibt bei 4,5 Prozent

Ökonomen-Stimmen zu den geldpolitischen Beschlüssen der EZB

onvista · Uhr
Quelle: Ungvari Attila/Shutterstock.com

Die Euro-Währungshüter geben trotz zunehmender Konjunktursorgen Forderungen nach einer Zinssenkung vorerst nicht nach. Der Leitzins, zu dem sich Banken im Euroraum frisches Geld bei der Europäischen Zentralbank (EZB) besorgen können, bleibt zunächst bei 4,5 Prozent. Das entschied der EZB-Rat bei seiner ersten Sitzung im neuen Jahr am Donnerstag in Frankfurt. Experten hatten dies im Schnitt erwartet.

Einschätzung von Ökonomen zu den Beschlüssen

Michael Heise, Chefökonom HQ Trust

„Wie zu erwarten war, hält die EZB vorerst am aktuellen Zinsniveau fest. Die Geldpolitik behält daher eine leicht restriktive Ausrichtung. Wenig überraschend ist auch, dass die Bank im Rahmen ihres datengestützten Ansatzes keine baldigen Zinssenkungen in Aussicht stellt. Die Finanzmärkte werden sich wohl noch bis zur Jahresmitte gedulden müssen.“

Michael Holstein, Chefvolkswirt DZ Bank

„Wichtig für die nächsten Zinsentscheidungen wird sein, ob und wie stark die Inflationsraten zu Jahresanfang wieder ansteigen. Zudem werden die Notenbankenoberen ganz genau schauen, wie die Lohndaten im Frühjahr ausfallen. Die Lohnentwicklung stellt nach dem Rückgang der Energiepreise die größte Inflationsgefahr dar. Auch wenn die Konjunktur im Euroraum schwach ist und möglicherweise noch weiter nachlässt, wird die EZB mit einer ersten Zinssenkung mindestens bis zum Sommer warten - wir gehen sogar vom vierten Quartal aus.“

Thomas Gitzel, Chefvolkswirt VP Bank

„Die EZB zeigt sich derweil mit der Inflationsentwicklung zufrieden. Abgesehen von einem energiepreisbedingten aufwärtsgerichteten Basiseffekt habe sich der rückläufige Trend bei der Gesamtinflation fortgesetzt. Zudem würden sich die bisherigen Zinserhöhungen weiterhin stark auf die Finanzierungsbedingungen durchschlagen, heißt es in der Pressemitteilung. Restriktive Finanzierungsbedingungen würden die Nachfrage dämpfen, und dies trage zum Rückgang der Inflation bei. Lohnentwicklungen würden derweil sorgsam beobachtet, betonte Christine Lagarde. Die Furcht vor Zweitrundeneffekten ist in den Reihen der EZB-Offiziellen jedenfalls groß.“

Ralf Umlauf, Analyst Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba)

„Bei der Festlegung der angemessenen Höhe und Dauer des restriktiven Niveaus werde der EZB-Rat auch künftig einen datengestützten Ansatz verfolgen. Damit hält sich die EZB wie bisher alle Optionen offen. (...) Insbesondere die Lohnentwicklung des ersten Quartals werden die Notenbanker wohl abwarten wollen.“

Friedrich Heinemann, Ökonom ZEW

„Die Sichtweise, dass die Zinsen doch noch längere Zeit hoch bleiben könnten, gewinnt wieder mehr Anhänger. Grund dafür und für die Vorsicht der EZB ist die hartnäckig hohe Kerninflation. Eine sehr wichtige Zahl für die weiteren Überlegungen im EZB-Rat wird die Januar-Inflationsrate sein. Wenn die Inflation aufgrund der vielen Preiserhöhungen zu Jahresbeginn einen deutlichen Satz nach oben macht, verschiebt sich der Zeitpunkt für eine mögliche Zinssenkung.“

Melanie Debono, Analystin Pantheon Macroeconomics

„Die EZB ist der Ansicht, dass sich das Gleichgewicht der Inflationsrisiken im Vergleich zu den Aussagen in früheren Sitzungen nun weiter nach unten verschiebt. Die Präsidentin argumentierte, dass der Prozess der Disinflation im Gange sei, aber dass 'wir im Disinflationsprozess weiter fortgeschritten sein müssen', um zuversichtlich zu sein, dass die Inflation mittelfristig auf das Ziel von zwei Prozent sinken wird. Unsere Inflationsprognosen deuten darauf hin, dass künftige Daten der EZB mehr Zuversicht geben werden, dass die Inflation rasch in Richtung ihres Ziels sinkt. Wir gehen davon aus, dass die Inflation im Januar und Februar negativ überraschen wird, und bleiben daher bei unserer Einschätzung nach einer ersten Zinssenkung im März.“

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