Adidas-Chef Gulden bittet Anleger um mehr Geduld

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- von Alexander Hübner

München (Reuters) - Adidas hat trotz der Rückkehr in die schwarzen Zahlen nach Ansicht von Vorstandschef Björn Gulden noch einen längeren Weg zu alter Stärke vor sich.

"Man kann ein Unternehmen nicht in zwölf Monaten drehen", sagte der Norweger am Donnerstag in einer Analystenkonferenz. "Wir müssen Adidas erst dahin bringen, wo es hingehört." Deshalb habe er noch keine Sparmaßnahmen in Angriff genommen, um die Aufbruchstimmung nach seinem Amtsantritt vor gut einem Jahr nicht zu stören. Adidas müsse die Kostenbasis aber verbessern: "Wir geben zu viel aus."

Die Aussicht, dass der weltweit zweitgrößte Sportartikelkonzern 2024 rund eine halbe Milliarde Euro Gewinn erwirtschaften soll, enttäuschte die Anleger. Die Aktien fielen zeitweise um neun Prozent. Analysten hatten im Schnitt schon in diesem Jahr auf knapp 1,3 Milliarden Euro gehofft. Gulden ließ eine Hintertür offen: "Wir versuchen bescheiden zu sein und wollen lieber positiv als negativ überraschen."

Das war ihm schon im vergangenen Jahr gelungen. Statt eines Verlustes von bis zu 700 Millionen Euro erwirtschaftete Adidas unerwartet einen Gewinn von 268 (2022: 669) Millionen Euro. Der Umsatz trat währungsbereinigt mit 21,4 Milliarden Euro auf der Stelle, gerechnet hatte Adidas mit einem Rückgang. Das habe an einem besser als erwartet gelaufenen Weihnachtsgeschäft gelegen, sagte Gulden. Vor allem aber lag die Rückkehr in die Gewinnzone an der Entscheidung, auch den Rest der "Yeezy"-Sneaker aus der beendeten Partnerschaft mit dem US-Rapper "Ye" (Kanye West) 2024 noch auf den Markt zu werfen und zumindest kostendeckend loszuschlagen.

Damit erspart sich Adidas, die Bestände im Wert von rund 250 Millionen Euro abzuschreiben. Wenn die Verkaufsaktion so laufe wie die ersten beiden im Sommer, könne der Betriebsgewinn von Adidas leicht bei 900 Millionen Euro liegen, schrieb Stifel-Analyst Cedric Lescable. Guldens Prognose für 2024 sei "höchst konservativ". Die beiden "Yeezy"-Online-Verkäufe brachten Adidas 2023 allein 700 Millionen Euro Umsatz und 300 Millionen Euro operativen Gewinn. Gulden hatte sich durchgerungen, die von Ye designten, längst produzierten Sneaker trotz des Skandals um antisemitische Äußerungen des Rappers auf den Markt zu werfen.

"DIE LEUTE STEHEN NICHT ÜBERALL SCHLANGE"

Auch beim Umsatz stapelt der Adidas-Chef tief: Er soll in diesem Jahr währungsbereinigt um rund fünf Prozent steigen. Denn "in einer Welt voller Unsicherheiten" sei mit beträchtlichen negativen Währungseffekten zu rechnen, und Nordamerika hinke beim Abbau der vollen Lager um sechs bis neun Monate hinter dem Rest der Welt her. Die Stimmung der Verbraucher sei schlecht. "Es ist nicht so, dass die Leute überall Schlange stehen, um zu kaufen." Analysten hatten Adidas ein Wachstum von bis zu neun Prozent zugetraut.

Guldens Vorsicht deckt sich mit den Aussagen der Konkurrenz von Nike und Puma. Nach einem Kursrutsch beim Lokalrivalen Puma infolge schwacher Geschäftszahlen hatte Adidas die Analysten zu beruhigen versucht - und war dabei offenbar zu optimistisch.

Und nun kommt noch die Krise am Roten Meer hinzu: Wegen der Angriffe der jemenitischen Huthi-Miliz auf Handelsschiffe fahren die großen Reedereien lieber um die Südspitze Afrikas statt durch den Suezkanal. Damit verspäteten sich die Lieferungen von Asien nach Europa um etwa drei Wochen, sagte Gulden. "Das ist schlimmer als die höheren Kosten. Aber das Gute daran ist: Alle haben diese Verzögerungen." Gleichwohl belaste das die Margen. Aus Asien beziehen die großen Sportartikelkonzerne fast ihr ganzes Sortiment an Schuhen und Kleidung.

2024 werde schleppend, mit stagnierenden Umsätzen, anlaufen, erklärte Adidas. Für die zweite Hälfte des Sportjahres mit der Fußball-Europameisterschaft in Deutschland und den Olympischen Spielen in Paris erwartet der Konzern dann - den "Yeezy"-Effekt herausgerechnet - wieder zweistellige Wachstumsraten. Bis Adidas in alter Form sei, könne es noch zwei Jahre dauern. "Dieses Jahr ist der nächste Baustein, um Adidas wieder zu einem Unternehmen mit zweistelligem Wachstum und einer operativen Marge von zehn Prozent zu machen", erklärte der Vorstandschef.

(Bericht von Alexander Hübner; Mitarbeit: Helen Reid in London; redigiert von Myria Mildenberger. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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