Kolumne von Alexander Mayer

Wo genau befinden wir uns im Bitcoin-Preiszyklus?

decentralist.de · Uhr (aktualisiert: Uhr)
Quelle: Overearth/Shutterstock.com

Die Ereignisse der letzten Wochen haben eine Menge Unsicherheit an den Krypto-Märkten aufkommen lassen. Der in den USA zugelassene Bitcoin-ETF hat seine erhoffte Wirkung verfehlt und es ist nicht, wie von vielen erwartet, zu einer Preisexplosion gekommen. Die Fragen werden lauter, wo die Reise nun hingehen wird – einige Stimmen am Markt haben die Einführung des ETFs und die anschließende kurze Rally in die Nähe der 50.000-Dollar-Marke gar als Top bezeichnet.

Ein guter Zeitpunkt also, um einmal herauszuzoomen und eine Bestandsaufnahme zu machen. Werfen wir einen Blick auf das Chartbild, die On-Chain-Daten - also die Daten aus den Blockchain-Netzwerken - und auf die fundamentale Lage, um eine ungefähre Orientierung zu erhalten, an welchem Punkt des Preiszyklus wir uns befinden.

Das Chartbild: sehr vielversprechend

Der Bitcoin-Kurs bewegt sich unbestreitbar in wiederkehrenden Zyklen. Woraus diese zyklischen Preisbewegungen resultieren, daran scheiden sich die Geister. Das alle vier Jahre stattfindende Bitcoin-Halving, bei dem die Neuerzeugungsrate halbiert wird, ist jedoch der wichtigste Ankerpunkt im Chartbild. 

Die vergangenen Zyklen zeigen sehr enge, wiederkehrende Muster der Preisbildung. Bitcoin hat in seinen bisherigen, vierjährigen Zyklen jeweils drei Jahre positiver Rendite durchlaufen, gefolgt von einem Bärenmarkt-Jahr, das sich durch heftige Kursverluste ausgezeichnet hat.

Das jeweilige Bärenmarkt-Jahr hat sich bisher im zweiten Jahr nach dem Halving ausgespielt. Das dritte Jahr nach dem Halving hat sich als die Phase des Zyklus herauskristallisiert, in der dem Kurs ein Ausbruch aus dem Bärenmarkt gelungen ist, jedoch im weiteren Verlauf ein finaler Ausverkauf folgte, der den Kurs erneut unter wichtige charttechnische Indikatoren geführt hat.

Gemeint ist der 200-Tage-Trend und das aus dem einfachen 20-Wochen- und dem exponentiellen 21-Wochen-Trend bestehende Bullmarket-Supportband. In einem Halving-Jahr hat stets - vor dem eigentlichen Halving - ein erneuter Re-Test dieser wichtigen Bullenmarkt-Indikatoren stattgefunden.  

2020 kann hier als Ausnahme gesehen werden, da der Corona-Crash (ein unvorhersehbares Ereignis, ein "schwarzer Schwan") die Finanzmärkte einheitlich in die Tiefe gerissen hatte. Die heißen Phasen eines Bitcoin-Bullenmarktes wurden in der Vergangenheit zudem dadurch markiert, dass der Kurs sich mehrere Monate lang in eine deutlich überkaufte Zone seines Relativen-Stärke-Index (RSI) in der Monatsbetrachtung begeben hatte.

Quelle: Tradingview

Ausgehend von diesen früheren Preismustern und wiederkehrenden Zyklen sieht das aktuelle Chartbild daher sehr vielversprechend aus. Im Jahr 2023 konnte der Kurs sich aus seinem Bärenmarkt befreien und hat, dem Muster folgend, einen weiteren Ausverkauf unter wichtige Indikatoren durchlaufen.

Derzeit nähern wir uns mit großen Schritten dem Halving, daher könnte ein weiterer Retest der Indikatoren, ähnlich wie in der Vergangenheit, anstehen. Doch der richtige Bullrun dürfte ausgehend vom vierjährigen Horizont für einen Bitcoin-Zyklus erst noch folgen. Auch der RSI macht noch keine Anstalten, in den überkauften Modus zu wechseln und liefert daher ebenfalls noch eine Menge Spielraum.

On-Chain-Daten: Nutzerzahl hat sich erholt

Anders als an den Aktienmärkten kann man direkt in das Getriebe der Bitcoin-Blockchain schauen und Aufschlüsse über den Zustand des Marktes erhalten. Laut Daten des On-Chain-Dienstleisters The Block ist die Nummer monatlich neu hinzukommender Bitcoin-Adressen von ihrem Tief von elf Millionen aus dem Juni 2021 wieder deutlich auf über 16 Millionen angezogen. Während der letzten großen Hype-Welle zwischen Ende 2020 und Anfang 2021 sind in der Spitze über 17 Millionen neue Adressen monatlich hinzugekommen. 

Die Zahl der monatlich aktiven Adressen hat sich ebenfalls von ihrem Tief bei 25 Millionen im Juni 2021 auf zuletzt wieder über 30 Millionen erholt. Die meisten Anleger lassen Bitcoin in ihre selbst verwalteten Wallets wandern und halten sie dort zur Langzeitverwahrung. Doch 2023 hat die neue technische Möglichkeit, NFTs und DeFi-Anwendungen auf Bitcoin zu erzeugen, für einen großen Schub bei der Nutzung des Netzwerks gesorgt. Seit der Einführung im Sommer 2023 finden im Schnitt über 600.000 Transaktionen täglich statt. Im letzten Bullenmarkt sind es lediglich 300.000 Transaktionen gewesen.

Zudem kommen die Bitcoin-ETFs als neuer einflussreicher Faktor hinzu. Derzeit findet noch eine große Umschichtung aus dem Grayscale-ETF und hinein in die anderen ETF-Anbieter statt, da Grayscale wesentlich höhere Gebühren fordert. Insgesamt weisen die ETFs aber bereits eine starke Wachstumsdynamik auf: Seit der Einführung haben die neu eingeführten ETFs (ohne den lediglich umgewandelten Grayscale-ETF) umgerechnet über sieben Milliarden Dollar an Kapital in Form von Bitcoin eingesammelt.

Das kumulative Handelsvolumen hat in den ersten zwei Wochen über 28 Milliarden Dollar betragen. Sobald der „Grayscale Effekt“ sich auf die ein oder andere Weise aufgelöst hat, könnte der ETF-Markt für eine Angebotsverknappung und damit einen deutlichen Bitcoin-Preisanstieg sorgen – denn das Interesse ist definitiv vorhanden.

Fundamentale Lage: es sah nie besser aus

Die globale Liquidität bleibt der Schlüssel für die Bitcoin-Preisentwicklung. Wie in vergangenen Kolumnen beschrieben, reagiert Bitcoin besonders sensibel auf eine Veränderung der Geldmenge und der globalen Liquidität an den Finanzmärkten. In den USA könnte das Ende des ersten Quartals Potenzial für Probleme liefern. Das Bankterm Funding Programme der US-Notenbank – ein Notfall-Liquiditätsprogramm zur Rettung des US-Bankensektors – läuft im März aus. Es ist bisher nicht vorhersehbar, was für Konsequenzen dem Markt dadurch wirklich drohen werden. Doch im übergeordneten Bild stehen die Zeichen wieder ganz im Sinne einer geldpolitischen Lockerung. 

Die USA müssen einen riesigen Schuldenberg von mehreren Billionen Dollar über die nächsten zwei Jahre refinanzieren. Das kann und wird nicht zum derzeitigen Zinssatz geschehen. Auch von chinesischer Seite sind zuletzt deutliche Schritte eingeleitet worden, die Geldpolitik zu lockern, um die schwächelnde Wirtschaft und den kriselnden Immobiliensektor aufzufangen. Zudem soll bereits Mitte des Jahres ein Bitcoin-Spot-ETF in Hongkong zugelassen werden.

Der nächste globale Liquiditäts- und Refinanzierungszyklus ist bereits angelaufen und an den traditionellen Finanzmärkten werden die Schleusen über regulierte ETF-Produkte geöffnet. Zudem trägt die derzeitige Krisenlage im Dollarsystem nicht gerade zu einem steigenden Vertrauen in die klassischen Strukturen bei. Die fundamentale Lage hat für Bitcoin noch nie besser ausgesehen. Der Weg dürfte – wie immer - holprig werden, doch dem nächsten Bitcoin-Bullrun steht nichts im Wege.

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