Chemie-Krise belastet - Evonik baut Stellen ab

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Düsseldorf (Reuters) - Der Spezialchemiekonzern Evonik reagiert mit einem Stellenabbau auf die Branchenkrise.

Bin 2026 wolle Evonik bis zu 2000 der aktuell rund 33.000 Arbeitsplätze streichen, etwa 1500 davon in Deutschland, teilte der Essener Konzern am Montag mit. Die Kosten sollen mit dem Programm um rund 400 Millionen Euro gedrückt werden, Evonik soll schlanker und effizienter werden. "Das Wachstum muss rauf und die Kosten müssen runter", sagte Konzernchef Christian Kullmann. Evonik verkauft zudem weitere Randgeschäfte, um die Konzentration auf die margenstarke Spezialchemie voranzutreiben. Nach einem Einbruch des Umsatzes und roten Zahlen im vergangenen Jahr rechnet Kullmann 2024 mit nur geringem Wachstum.

"Wir gehen davon aus, dass 2024 insgesamt ein raues Jahr werden wird", sagte Kullmann - trotzdem wolle der Konzern aber besser abschneiden als noch 2023. Rückenwind durch die wirtschaftliche Entwicklung erwarte Evonik dabei aber nicht. Der operative Ertrag (bereinigtes Ebitda) werde bei einem Umsatz von 15 bis 17 Milliarden Euro voraussichtlich in einer Spanne von 1,7 bis zwei Milliarden Euro liegen. Sachinvestitionen würden zudem begrenzt.

Im vergangenen Jahr hatte Evonik in der Branchenkrise deutlich Federn gelassen. Der Konzern, der Produkte von Aminosäuren für die Tier-Mast bis hin zu Lipiden für Impfstoffe herstellt, hatte ein bereinigtes Ebitda von knapp 1,7 (Vorjahr: 2,5) Milliarden Euro bei einem um 17 Prozent auf 15 Milliarden Euro geschrumpften Umsatz eingefahren. Unter dem Strich schrieb Evonik einen Verlust von 465 Millionen Euro. Die Anteilseigner rund um die Essener RAG-Stiftung sollen trotzdem eine unveränderte Dividende von 1,17 Euro je Aktie erhalten. Das ist eine gute Nachricht für die RAG-Stiftung, muss der Evonik-Großaktionär doch seine Investitionen in den insolventen Signa-Konzern abschreiben.

"Die vielen Krisen weltweit haben uns das Ergebnis verhagelt", räumte Kullmann ein. Insgesamt sei Evonik aber "mit einem blauen Auge davongekommen". Die Rahmenbedingungen würden indes "nicht leichter": "Daher werden wir unseren grundlegenden Konzernumbau fortsetzen", kündigte er an.

Evonik steht mit den Rückgängen nicht allen. Die Chemie-Branche leidet unter noch immer vergleichsweise hohen Energiepreisen, Handelshemmnissen und der schwächelnden Konjunktur. "Wir befinden uns mitten in einem tiefen, langen Tal. Und noch ist unklar, wie lange wir es durchschreiten müssen", hatte der Präsident des Verbandes der Chemischen Industrie (VCI), Markus Steilemann, jüngst gesagt. Die Nachfrage nach Produkten der Branche verzeichne eine Schwächephase. Evonik-Konkurrent Covestro, dessen Chef Steilemann ist, hatte im vergangenen Jahr einen Rückgang des Umsatzes um 20 Prozent verbucht. Branchenprimus BASF meldete für 2023 einen Gewinn- und Umsatzeinruch. BASF reagiert mit Sparprogrammen und einem Abbau von Stellen.

Evonik hatte bereits im vergangenen Sommer die Jahresziele zusammenstreichen müssen. Auch der Essener Konzern hatte mit einem Sparprogramm auf den Einbruch reagiert. Nun plant er vor allem im Management Kürzungen - die Zahl der Hierarchieebenen soll etwa reduziert und Evonik weniger Komplex werden. "Wir bremsen uns selbst aus", beklagte Personalvorstand Thomas Wessel - dies müsse sich ändern. "Wir dürfen uns auch bei leichten Erholungssignalen nichts vormachen: Was wir derzeit erleben, ist keine konjunkturelle Schwankung, sondern eine massive, konsequente Veränderung unseres wirtschaftlichen Umfelds", bilanzierte Kullmann. Diese dürfe sich nicht durch politische Extreme verschärfen. "Ein wirtschaftlich prosperierendes Europa braucht eines nicht: Einen braunen Mob in den europäischen Parlamenten", sagte er mit Blick auf die Europa-Wahl.

(Bericht von Matthias Inverardi, redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bittean unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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