Airbus-Absage verschärft Lage von IT-Konzern Atos

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Paris/München (Reuters) - Der europäische Flugzeugbauer Airbus will die Cybersicherheits-Sparte von Atos doch nicht kaufen und stürzt den angeschlagenen französischen IT-Konzern damit in noch größere Turbulenzen.

"Nach sorgfältigen Erwägungen aller Aspekte einer Übernahme" sei man zu dem Schluss gekommen, die Verhandlungen mit Atos nicht fortzusetzen, erklärte Airbus am Dienstag in einer knappen Mitteilung. Atos hatte sich vom Verkauf des Bereichs Big Data & Security (BDS) zwischen 1,8 und zwei Milliarden Euro erhofft. Es ist ein weiterer Rückschlag für die Sanierung des Unternehmens: Bereits zuvor waren Gespräche mit dem tschechischen Milliardär Daniel Kretinsky über einen Verkauf der defizitären Beratungs-Sparte Tech Foundations gescheitert.

Atos verwies in seiner Mitteilung auf die Bedeutung der IT und der Dienstleistungen für den französischen Staat. Die Supercomputer des Unternehmens werden für die Simulation von Atomtests gebraucht, Software von Atos findet man sowohl in "Scorpion"-Panzern und "Rafale"-Kampfjets als auch beim Geheimdienst. "Atos analysiert die neue Lage und prüft aktiv strategische Alternativen", hieß es in der Mitteilung. Die schon einmal auf diesen Mittwoch verschobene Vorlage der Bilanz wurde erneut vertagt, auf unbestimmte Zeit.

Airbus hatte sein Interesse an BDS mit der wachsenden Bedeutung von Software für die Rüstungsindustrie begründet. Der Flugzugbauer hatte offenbar Angst um seine Position, wenn etwa der Rivale Thales die Atos-Sparte übernehmen würde. Eine mit den Gesprächen vertraute Person sagte nun, Airbus sei das Risiko vor dem Hintergrund der Turbulenzen um Atos zu groß geworden. Die Airbus-Anleger atmeten auf: "Wir hatten Bedenken, dass das ein politischer Deal sein würde, der sich negativ auf die Fähigkeit von Airbus für Aktienrückkäufe auswirkt", schrieb Jefferies-Analystin Chloe Lemarie. Die Airbus-Aktie stieg am Dienstag um 2,25 Prozent.

Atos-Aktien stürzten um 21 Prozent auf 1,70 Euro ab. Damit ist das einstige CAC-40-Unternehmen an der Pariser Börse weniger als 200 Millionen Euro wert. Atos ächzt unter einem 4,7 Milliarden Euro schweren Schuldenberg. Mit dem Platzen der Gespräche mit Kretinsky und Airbus schwindet die Chance, frisches Geld in die Kasse zu bekommen. "Das Scheitern des Verkaufs bringt sowohl ein Liquiditätsproblem als auch eines mit der Umschuldung mit sich", sagte Oddo-BHF-Analyst Nicolas David.

Kretinsky sollte mit Tech Foundations allein 1,9 Milliarden Euro Schulden übernehmen. Von dem Plan, den umtriebigen Investor an einer Kapitalerhöhung zu beteiligen, war Atos schon vorher abgerückt. Das Unternehmen hatte die Kapitalerhöhung letztlich abgesagt und Gespräche mit den Banken über eine Umschuldung angekündigt. Branchenkreisen zufolge könnte nun erneut Thales als Retter ins Spiel kommen - ein Sprecher betonte am Nachmittag allerdings, das Rüstungselektronik-Unternehmen sei nicht interessiert an BDS, sondern konzentriere sich voll und ganz auf die kürzlich erfolgte Übernahme des IT-Sicherheitsspezialisten Imperva.

(Bericht von Alexander Hübner, Olivier Sorgho, Tim Hepher und Ingrid Melander. Bearbeitet von Olaf Brenner, redigiert von Philipp Krach.; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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