Scholz sieht Reform der Schuldenbremse skeptisch

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Berlin (Reuters) - Bundeskanzler Olaf Scholz sieht eine Reform der Schuldenbremse skeptisch. "Ich glaube, das Thema wird überschätzt. Für die Herausforderungen, die wir jetzt haben, wird das keine Lösung sein", sagte Scholz am Dienstag in Berlin auf dem Bankentag.

Wegen der nötigen Zweidrittel-Mehrheit in Bundestag und im Bundesrat glaube er nicht daran, dass eine Reform in diesem oder im nächsten Jahr möglich sei. "Insofern konzentriere ich mich auf die Handlungsmöglichkeiten, die wir jetzt haben", fügte der Kanzler hinzu. Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Thorsten Frei, bekräftigte die Ablehnung der Union für eine solche Reform.

Angestoßen wurde die erneute Debatte durch den Berliner Regierenden Bürgermeister Kai Wegner (CDU), der eine Bundestagsinitiative angekündigt hatte. Während CSU-Chef Markus Söder eine Reform ablehnt, zeigen sich andere CDU-Länderchefs offen für eine Reform. Hintergrund der Länderforderungen ist, dass die Länder anders als der Bund überhaupt keine neue Schulden mehr machen dürfen. In Deutschland darf der Bund, seitdem die Schuldenbremse im Grundgesetz verankert wurde, nur neue Schulden in Höhe von 0,35 Prozent der Wirtschaftsleistung aufnehmen. Allerdings wurden zuletzt mehrere Nebenhaushalte geschaffen, etwa zur Modernisierung der Bundeswehr oder zur Abfederung der zwischenzeitlichen Energiekrise. Kritiker monieren, dass die Schuldenbremse dadurch aufgeweicht wird.

Die Ampelpartei FDP und die oppositionelle CDU/CSU-Bundestagsfraktion lehnen eine Reform kategorisch ab. Scholz sagte, dass man die Debatte über die Schuldenbremse man "in ruhigem Fahrwasser" führen könne, in der überparteilich und nicht gegeneinander gedacht werde. "Und das wird es auch geben", kündigte der Kanzler an.

Der CDU-Politiker Frei widersprach dem Eindruck, dass die Schuldenbremse eine Investitionsbremse sei. Es gehe um eine Prioritätensetzung im Haushalt. Außerdem betrage die Zinslast im Bundesetat bereits 40 Milliarden Euro, in Italien seien es bereits mehr als 100 Milliarden Euro. Hinter dem Wunsch nach einer Reform der Schuldenbremse stecke auch eine zu große "Staatszentriertheit". Diese sei nicht in erster Linie für Investitionen zuständig, sondern private Investoren.

Kanzler Scholz forderte, sich auf die aktuelle Lage zu konzentrieren. "Dazu zählt auch ein bisschen, ... dass die volkswirtschaftlichen Wachstumspotenziale nicht heruntergeredet werden", sagte er. Scholz sagte, dass die Produktionszahlen in Deutschland wieder anspringen würden. "Im Februar 5,7 Prozent Wachstum in der Automobilindustrie, 4,6 Prozent in der Chemieindustrie, 7,3 Prozent im Baugewerbe, 3,2 Prozent bei den besonders energieintensiven Unternehmen", sagte der SPD-Politiker.

Scholz äußerte sich entspannt über die Diskussionen zwischen den Ampel-Parteien SPD, Grünen und FDP. "Koalitionen sind Koalitionen und Parteitage sind Parteitage", sagte der SPD-Politiker mit Blick auf den FDP-Bundesparteitag und die Forderungen der Liberalen nach einer "Wirtschaftswende". Die FDP hatte den Streit innerhalb der Koalition über den wirtschafts- und finanzpolitischen Kurs rund sechs Wochen vor der Europawahl zuletzt wieder angeheizt. Sie strebt mit einem Zwölf-Punkte-Plan unter anderem eine Reform des Bürgergelds, die Abschaffung der Rente mit 63, steuerliche Vorteile für Überstunden und den kompletten Wegfall des Solidaritätszuschlags an. Aus den Reihen von SPD und Grünen hagelte es Kritik.

(Bericht von Andreas Rinke, redigiert von Hans Busemann. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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