Heil setzt für Mindestlohn-Anhebungen weiter auf zuständige Kommission

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Berlin (Reuters) - Bundesarbeitsminister Hubertus Heil setzt für weitere Erhöhungen des gesetzlichen Mindestlohns auf die in der Kritik stehende zuständige Kommission aus Gewerkschaften und Arbeitgebern.

Es sei an der Zeit, "im Einklang mit dem deutschen Gesetz und der europäischen Mindestlohn-Richtlinie dafür zu sorgen, dass es einen deutlichen Anstieg des Mindestlohns im kommenden Jahr gibt", sagte der SPD-Politiker am Mittwoch in der Regierungsbefragung des Bundestages. Das Gremium ist laut Gesetz gehalten, in der ersten Hälfte 2025 Vorschläge zur Weiterentwicklung des Mindestlohns zu machen.

Die Mindestlohn-Kommission entscheidet alle zwei Jahre über Anpassungen der Lohnuntergrenze. Ihre jüngste Entscheidung im Juni 2023 war vielfach auf Kritik gestoßen, da sich die Arbeitgeber mit der Stimme der Kommissions-Vorsitzenden durchgesetzt hatten. Der Mindestlohn wurde für die Jahre 2024 und 2025 um jeweils 41 Cent erhöht - auf derzeit 12,41 Euro und dann 12,82 Euro ab 2025. Die europäische Mindestlohn-Richtlinie geht von einem Mindestlohn etwa in Höhe von 60 Prozent eines mittleren Lohns aus. Das wären in Deutschland gut 14 Euro.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte sich am Dienstag für eine stufenweise Anhebung auf 15 Euro ausgesprochen. Die Arbeitgeber reagierten empört und warfen dem Kanzler einen Tabubruch vor. Heil verteidigte den Vorstoß des Kanzlers indirekt. Er sage "im Einklang mit dem Bundeskanzler, es ist richtig, auch Erwartungen an die Mindestlohn-Kommission zu stellen". Diese müsse künftig wieder einheitlich entscheiden. Arbeitgeber und Gewerkschaften müssten sich zusammensetzen, um sich zu einigen. Er stelle die Kommission aber nicht infrage.

Im Kreis der Wirtschaftsweisen ist der richtige Weg noch umstritten. Eine Koppelung an die Armutsrisikogrenze sei sinnvoll, wie dies die EU-Mindestlohnrichtlinie mit dem 60-Prozent-Ziel mache, sagte Ökonom Achim Truger. "Das wäre aus meiner Sicht eine sinnvolle Zielmarke." Eine Art Automatismus wäre angebracht. Dem widersprachen andere Wirtschaftsweise. "Eine Politisierung des Mindestlohnes kann eigentlich niemanden gefallen", sagte der Arbeitsmarktexperte Martin Werding. Es würde bei einem Automatismus die Kommission auch nicht mehr brauchen. Sie wäre zudem überholt, sollte die Politik erneut außer der Reihe eine Erhöhung per Gesetz beschließen. Dies war nach der jüngsten Bundestagswahl auf Drängen der SPD geschehen. Die Wirtschaftsweise Ulrike Malmendier sagte, das Timing der Scholz-Vorschläge sei nicht optimal. Noch gebe es eine gewisse Nervosität wegen der erhöhten Inflation, die auch stark von der Lohnentwicklung abhänge.

(Bericht von Holger Hansen und Christian Krämer, redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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