Reederei Hapag-Lloyd jongliert mit Folgen der Krise im Roten Meer

Reuters · Uhr
Quelle: (c) Copyright Thomson Reuters 2024. Click For Restrictions - https://agency.reuters.com/en/copyright.html

- von Elke Ahlswede und Vera Eckert

Berlin/Frankfurt (Reuters) - Die Reederei Hapag-Lloyd blickt nach dem ersten Geschäftsquartal etwas zuversichtlicher auf das Gesamtjahr, macht aber die Krise im Roten Meer als großen Unsicherheitsfaktor aus.

"Ich habe auch keine Glaskugel, aber ich hoffe nach wie vor, dass das irgendwann im Laufe dieses Jahres vorbei ist", sagte Konzernchef Rolf Habben Jansen am Mittwoch in einem Interview der Nachrichtenagentur Reuters. Aufgrund der Umleitung von Schiffen um das Kap der Guten Hoffnung und einer höheren Nachfrage hätten sich die Frachtraten stabilisiert. Durch den Umweg über die Südspitze Afrikas seien aber die Kosten zugleich deutlich gestiegen, so Habben Jansen. Für die Schifffahrtsbranche weltweit rechnet er 2024 mit einem Wachstum von drei bis vier Prozent und sieht Hapag-Lloyd ungefähr auf demselben Pfad.

Im ersten Quartal musste der Hamburger Traditionskonzern deutliche Einbußen im Vergleich zu dem noch von der Corona-Sonderkonjunktur geprägten Vorjahresquartal hinnehmen. Der Betriebsgewinn (Ebit) fiel um gut 79 Prozent auf 365 Millionen Euro. Trotz des Anstiegs der Gebühren im Zuge der Krise im Roten Meer lagen die Frachtraten mit 1359 Dollar je Standardcontainer (TEU) im Durchschnitt unter dem Vorjahreswert. Dies führte Hapag-Lloyd als zentralen Grund dafür an, dass der Umsatz im ersten Quartal um 24 Prozent auf knapp 4,3 Milliarden Euro fiel. Der Konzerngewinn schmolz auf 299 Millionen Euro zusammen - weniger als ein Sechstel des Vorjahreswerts.

"Auch wenn unsere Ergebnisse aufgrund der Normalisierung der Lieferketten deutlich unter den außergewöhnlich starken Vorjahreswerten liegen, sind wir erfreulicherweise gut in das neue Jahr gestartet", betonte Habben Jansen. Mit dem Ergebnis des ersten Quartals sieht sich Hapag-Lloyd außer Gefahr, beim Ebit 2024 in die roten Zahlen zu rutschen.

GROSSE UNSICHERHEIT BEI PROGNOSE FÜR DAS GESAMTJAHR

Das Unternehmen geht nun davon aus, 2024 beim Ebit eine schwarze Null bis hin zu einer Milliarde Euro zu erreichen. Im März hatte die Nummer fünf der internationalen Container-Schifffahrt auch noch ein Minus von einer Milliarde Euro für möglich gehalten. "Wir haben die Spanne zwar ein bisschen kleiner gemacht", sagte Habben Jansen. "Aber im Moment gibt es eine große Unsicherheit." Deshalb sei das obere Ende der Prognose-Spanne nicht angetastet worden.

Hapag-Lloyd hat - wie andere Großreedereien auch - nach Angriffen von Huthi-Rebellen aus dem Jemen auf Frachter seit Mitte Dezember praktisch keine Schiffe mehr durch das Rote Meer geschickt, sondern sie um die Südspitze Afrikas umgeleitet. Januar bis März waren damit die ersten Monate, die für die Reedereien ganz von der Krise geprägt waren. Der Umweg führt zu Verzögerungen, einem größeren Bedarf an Schiffen und höheren Kosten. Er ermöglicht den Reedereien aber auch, höhere Gebühren zu verlangen.

Zudem wird durch die Entwicklung die Furcht vor den Folgen von Überkapazitäten gedämpft. Diese gibt es in der Branche, weil 2024 eine Vielzahl neuer Schiffe in den Dienst gestellt werden und wurden. Es sei gut, dass die Schiffe zur Verfügung stehen, sagte Habben Jansen. "Wir haben die letzten drei, vier, fünf Jahre schon gelernt, dass es natürlich manchmal Störungen in den Lieferketten gibt, und dafür braucht man einfach einen gewissen Puffer." In der Corona-Pandemie waren die Lieferketten brüchig geworden, was den Reederei-Kunden zuschaffen machte und die Frachtraten in die Höhe trieb. Der Schifffahrtsbranche bescherte es aber auch Ausnahmegewinne, mit denen die aktuellen Ergebnisse nicht mithalten können.

(Redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

Neueste exklusive Artikel