Bau zwischen Krise am Wohnungsmarkt und Rückenwind durch Energiewende

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Berlin (Reuters) - Die deutsche Baubranche blickt mit gemischten Gefühlen auf das Jahr 2024.

Während viele Betriebe unter dem Einbruch am Wohnungsmarkt leiden, profitieren andere Unternehmen - etwa in der Gebäudetechnik - von der Energiewende, wie die Bundesvereinigung Bauwirtschaft (BVB) am Donnerstag mitteilte. Unter dem Strich dürften die Umsätze der Bau- und Ausbauwirtschaft in diesem Jahr zwar leicht um 0,6 Prozent auf knapp 442 Milliarden Euro steigen. Allerdings stünden einem Umsatzplus von fast fünf Prozent bei der Gebäudetechnik und Dienstleistungen ein Minus von vier Prozent im Bauhauptgewerbe gegenüber.

"So ein Auseinanderdriften zwischen und in den Sparten gab es seit Gründung der BVB im Jahr 2001 noch nie", sagte der BVB-Vorsitzende Marcus Nachbauer in Berlin. "Je bedeutender das Geschäftsfeld Wohnungsneubau ist, umso größer die Herausforderung." Im Ausbaubereich, wozu unter anderem Metallbauer, Tischler, Maler und Raumausstatter zählen, erwartet die Bundesvereinigung einen stagnierenden Umsatz von knapp 110 Milliarden Euro für das laufende Jahr. Die Unternehmen konzentrierten sich stärker auf den Sanierungsbereich.

"ES KANN SICH DOCH KEIN PRIVATER MEHR LEISTEN"

"Die Bau- und Ausbauwirtschaft bauen und verwirklichen die Klimawende, den Infrastrukturumbau und den Bau von Wohnungen", sagte Nachbauer. "Aber gerade der Wohnungsbau ist und bleibt das Sorgenkind der Branche." Die Bundesregierung müsse zielstrebig die angekündigten Neubau-Förderprogramme umsetzen. "Es kann sich doch keine Privater mehr - vor allem Familien nicht - leisten, ein Haus oder eine Wohnung zu bauen oder ein Eigenheim zu kaufen." Der BVB-Chef plädierte für bessere Zinsstützungsprogramme für Häuslebauer und gelockerte Auflagen bei der Gebäudeeffizienz. Jedes mit dem niedrigeren Energiestandard KfW 55 gebaute Haus sei besser als jedes nicht gebaute Haus mit dem höheren Standard KfW 40, sagte Nachbauer.

Die Zahl der Beschäftigten dürfte laut Verbands-Prognose 2024 insgesamt um knapp 17.000 oder 0,5 Prozent auf 3,39 Millionen sinken. Im vergangenen Jahr hatte es bereits einen Rückgang um etwa 40.000 gegeben. Der Umsatz im Bau und Ausbau stieg 2023 um fast drei Prozent auf 439 Milliarden Euro. Allerdings bremste auch hier das Bauhauptgewerbe mit einem Minus von knapp drei Prozent, während der Bereich Gebäudetechnik und Dienstleistungen dank der Energiewende um gut acht Prozent zulegte. Für Impulse sorgte hier vor allem das Installieren von Heizungs-, Speicher- und Solaranlagen.

Zum festgefahrenen Tarifkonflikt im Bauhauptgewerbe äußerte sich der Verband BVB nicht. Die Gewerkschaft IG BAU hatte nach dem Scheitern der Schlichtung Anfang dieser Woche erstmals seit 2007 gestreikt. Beobachter gehen davon aus, dass beide Seiten versuchen, den Konflikt nun hinter verschlossenen Türen möglichst rasch zu lösen.

(Bericht von Klaus Lauer; redigiert von Reinhard Becker. - Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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