Allen & Overy LLP: Unternehmen minimieren lieber Steuerrisiken als Steuerlast

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Allen & Overy LLP: Unternehmen minimieren lieber Steuerrisiken als SteuerlastDGAP-News: Allen & Overy LLP / Schlagwort(e): Studie

24.01.2017 / 09:44

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Infolge strengerer gesetzlicher Regelungen und eines spürbar härteren Vorgehens bei der Prüfung und Verfolgung von Verstößen ändern Unternehmen ihre Herangehensweise bei der Steuerplanung. Wie die Ergebnisse einer aktuellen Untersuchung durch Allen & Overy zeigen, rückt bei Unternehmen anstelle der Minimierung ihrer Steuerlast nun eher die Minimierung ihrer steuerlichen Risiken in den Fokus.

Dieses Ergebnis lässt klar einen Wandel gegenüber einer vergleichbaren Umfrage von Allen & Overy aus dem Jahr 2015 erkennen. Damals sahen Unternehmen ihre wichtigste Aufgabe noch in der Reduzierung der Steuerlast. Angesichts des raschen Wandels der gesetzlichen Regelungen suchen Unternehmen nunmehr jedoch größere Sicherheit bei steuerlichen Fragen. In den Vorständen werden Steuerfragen jetzt häufiger als früher thematisiert: Bei mehr als einem Drittel (39 %) der Unternehmen werden Steuerthemen mittlerweile mindestens einmal im Monat auf Vorstandsebene diskutiert. Knapp ein Viertel (23 %) der befragten Unternehmen gab an, dass Steuerthemen sogar häufiger als einmal im Monat auf der Tagesordnung ihrer Vorstände stehen, vor fünf Jahren war dies nur bei 5 % der Fall.

Von Unternehmen wird heute eindeutig mehr Transparenz erwartet: In Deutschland, wie in vielen anderen Ländern auch, ist ab diesem Jahr für multinationale Unternehmen unter bestimmten Voraussetzungen eine länderbezogene Berichterstattung, das sog. Country-by-Country Reporting, Pflicht. Auf EU-Ebene wird sogar diskutiert, für solche Unternehmen zusätzlich eine Pflicht zur allgemeinen Veröffentlichung bestimmter Daten einzuführen, was von deutscher Seite (bisher) allerdings nicht unterstützt wird. Außerdem wird in Deutschland gegenwärtig die verpflichtende Offenlegung von Steuergestaltungen thematisiert. Aus der Umfrage von Allen & Overy ergibt sich, dass ein großer Teil der befragten Unternehmen auf die steigenden Transparenzerwartungen bereits reagiert: 34 % aller befragten Unternehmen gaben an, dass sie eine Politik der uneingeschränkten Offenlegung verfolgen, 46 % tun dies teilweise.

In Deutschland steht dieser Trend zu mehr (freiwilliger) Transparenz noch eher am Anfang. Das Vertrauensverhältnis zwischen der Finanzverwaltung und den Steuerzahlern ist teilweise nicht sehr ausgeprägt. So gaben auch nur 18 % der befragten deutschen Unternehmen an, dass sie eine Politik der uneingeschränkten Offenlegung verfolgen.

Ebenfalls gaben in Deutschland 47 % der Unternehmen an, vor Umsetzung bestimmter Vorhaben niemals bei den Steuerbehörden für eine verbindliche Auskunft anzufragen - dies ist der höchste Wert unter allen an der Umfrage teilnehmenden Ländern. Gleichzeitig gaben 71 % der befragten Unternehmen in Deutschland an, zu steuerlichen Themen oft oder regelmäßig eine Zweitbeurteilung (sog. Second Opinion) durch einen steuerlichen Berater einzuholen. Dies ist - neben Spanien - der höchste Wert unter allen an der Umfrage teilnehmenden Ländern und zeigt das vorhandene Bedürfnis bei deutschen Unternehmen nach mehr Sicherheit und Minimierung steuerlicher Risiken.

Dr. Gottfried Breuninger, weltweiter Leiter der Steuerrechtspraxis im Münchener Büro von Allen & Overy, sagt zu dem angespannten Verhältnis zwischen Steuerpflichtigen und Finanzbehörden: "Während noch vor einigen Jahren nach Abgabe der Steuererklärung festgestellte Fehler in den meisten Fällen in der späteren Betriebsprüfung behandelt wurden, ist heute im Regelfall eine sofortige Offenlegung und Berichtigung anzutreffen. Grund ist die verbreitete Sorge vor strafrechtlicher Verfolgung im Zusammenhang mit den Unternehmenssteuern. Noch vor wenigen Jahren herrschte eine konstruktivere Atmosphäre und größere Kooperationsbereitschaft zwischen Steuerpflichtigen und Finanzverwaltung, um angemessene Lösungen zu erzielen. Das hat sich inzwischen in mancher Hinsicht geändert. Die Finanzbehörden neigen zunehmend dazu, ganz normale Steuerfälle zu kriminalisieren, und Durchsuchungen werden viel häufiger durchgeführt."

In anderen an der Umfrage teilnehmenden Ländern scheint die Zusammenarbeit mit der Finanzverwaltung besser zu funktionieren. In den Niederlanden beispielsweise gaben 48 % der befragten Unternehmen an, eine uneingeschränkte Offenlegung vorzunehmen; in Großbritannien und den USA lagen die Zahlen mit 44 % bzw. 40 % ebenfalls hoch. "In den Niederlanden ist seit einigen Jahren ein deutlicher Trend hin zu mehr Kooperation zu verzeichnen, und das Verhalten der Unternehmen ändert sich entsprechend", sagt Godfried Kinnegim, Steuerrechtspartner bei Allen & Overy in Amsterdam. "Wenn man den Finanzbehörden vertraut, kann man offene Fragen mit ihnen diskutieren, ohne dass daraus Probleme entstehen. Das ist eine neue Entwicklung. Heute betrachtet man sie als Geschäftspartner oder Stakeholder."

In der öffentlichen Debatte um die Unternehmensbesteuerung nimmt Großbritannien eine Vorreiterrolle ein. Im Jahr 2015 führte die Regierung unerwartet die ,Diverted Profit Tax' ein - eine Steuer auf umgeleitete Gewinne - und griff damit dem Aktionsplan der OECD zur Bekämpfung von Gewinnverkürzungen und Gewinnverlagerungen (BEPS) vor. Derzeit beschreitet die britische Regierung einen neuen Weg: Geplant ist ein Gesetz, nach dem Unternehmen haften, wenn sie Kenntnis von einer Steuerhinterziehung durch ihre Berater haben. Gleichzeitig sollen die Steuersätze für Unternehmen auf das niedrigste Niveau innerhalb der G20-Gruppe gesenkt werden.

"In Großbritannien stellt es künftig einen verschuldensunabhängigen Straftatbestand dar, wenn ein Unternehmen die Ermöglichung von Steuerhinterziehung durch eine ,verbundene Person' nicht verhindert", so James Burton, Partner für Steuerrecht bei Allen & Overy in London. "Der neue Straftatbestand wird aller Voraussicht nach ab dem nächsten Jahr greifen und für britische wie ausländische Unternehmen sowie für Steuerhinterziehung im Ausland gelten. Der einzige Schutz sind angemessene proaktive Compliance-Maßnahmen - und die oberste Führungsebene muss ganz klar diese neue Compliance Kultur unterstützen."

Auch in Deutschland wird darüber nachgedacht, Unternehmen für eine Steuerhinterziehung stärker in die Verantwortung zu nehmen. Nicht nur deshalb sollten Unternehmen generell ein funktionierendes Tax Compliance Management System implementieren. Daniela Trötscher, Steuerpartnerin bei Allen & Overy Frankfurt: "Ein solches Tax Compliance Management System kann auch die strafrechtlichen Risiken entscheidend reduzieren. Mittlerweile ist hier ein Paradigmenwechsel zu verzeichnen. Auf der Grundlage der stark veränderten Funktion einer Steuerabteilung eines Unternehmens ist auch in Deutschland zuletzt die Bereitschaft zur Einführung eines solchen Compliance Systems gestiegen. Aus Sicht der Unternehmen ist das in jedem Fall der richtige Weg."

Gottfried Breuninger bemerkt abschließend: "Erste Priorität hat heute eine abgewogene Steuerstrategie (einschließlich Tax Compliance) mit Augenmaß und dem Ziel der Risikominimierung für das Unternehmen. Doch hier ist die Steuerlandschaft sehr viel unsicherer geworden, oftmals werden Sachverhalte fünf oder zehn Jahre später fundamental anders beurteilt als im Jahr der Verwirklichung. Hinzukommt, dass verbindliche Auskünfte sehr viel seltener erteilt werden und zudem neue Risiken berücksichtig werden müssen, wie beispielsweise das Aufgreifen von Steuergestaltungen durch die EU-Kommission aufgrund von Beihilferegelungen. Als Folge hat sich der "Appetit" für Steuergestaltungen substantiell reduziert. Wir müssen abwarten, welche Folgen die jüngsten politischen Ereignisse nach sich ziehen werden. Angesichts der neuen Transparenzanforderungen, beträchtlicher Unternehmensbußen und der damit verbundenen zunehmenden Anwendung des Strafrechts (einschließlich häufigeren Durchsuchungen) bestätigt sich der Befund, dass für den Vorstand des Unternehmens die Unternehmenssteuern von ganz eminenter Bedeutung sind."

Methodik

Im 3. und 4. Quartal 2016 befragte YouGov 396 Personen aus der obersten Managementebene nach ihrer Wahrnehmung der Veränderungen im externen steuerlichen Umfeld und ihrer Reaktion darauf. Bei den Befragten handelte es sich zur Hälfte um CEOs, CFOs, Leiter von Rechtsabteilungen und Prüfungsausschüssen und Vorsitzende, die in dem Bericht als Interviewpartner der Kategorie "C-suite" bezeichnet sind; die übrigen 50 % waren Steuervorstände, Leiter von Steuerabteilungen und Personen in vergleichbaren Positionen, die im Bericht in der Kategorie "Tax Directors" zusammengefasst sind. Nahezu zwei Drittel der befragten Unternehmen erzielten im Jahr 2015 Umsätze von mehr als einer Milliarde US-Dollar. Die regionale Aufteilung stellte sich wie folgt dar: 77 % Westeuropa, 14 % USA und 9 % Australien. In Deutschland wurden 55 Personen befragt.

Bei der Umfrage wurden sowohl quantitative als auch qualitative Fragen gestellt, und alle Interviews wurden telefonisch nach Vereinbarung durchgeführt. Die Ergebnisse wurden von YouGov gesammelt und analysiert, wobei alle Antworten anonymisiert und aggregiert wurden. Die Recherchen für den Bericht und seine Erstellung erfolgten durch Elite Media.

Anmerkungen für den Herausgeber:

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Allen & Overy ist eine internationale Anwaltsgesellschaft mit etwa 5.200 Mitarbeitern, darunter etwa 530 Partner, an 44 Standorten weltweit.

Allen & Overy ist in Deutschland an den Standorten Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg und München mit etwa 220 Anwälten, darunter 50 Partner, vertreten. Die Anwälte beraten führende nationale und internationale Unternehmen vorwiegend in den Bereichen Bank-, Finanz- und Kapitalmarktrecht, Gesellschaftsrecht und M&A, Steuerrecht sowie in anderen Bereichen des Wirtschaftsrechts.

Diese Pressemitteilung wird von Allen & Overy LLP herausgegeben. In dieser Pressemitteilung bezieht sich "Allen & Overy" auf "Allen & Overy LLP bzw. ihre verbundenen Unternehmen". Die genannten Partner sind entweder Gesellschafter, Berater oder Mitarbeiter der Allen & Overy LLP und/oder ihrer verbundenen Unternehmen.

Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an: Nadja Fersch, Communications Manager, Frankfurt am Main, Tel.: 069 2648 5555 (nadja.fersch@allenovery.com)

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