Ankündigungsweltmeisterin Yellen

Stefan Riße · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Nun weiß die Investorengemeinde endlich bescheid. Nach der Zinserhöhung in dieser Woche durch die US-Notenbank Federal Reserve (FED) hat deren Chefin Janet Yellen drei weitere Zinsanhebungen für 2017 in Aussicht gestellt. Der Zins läge dann bei 1,5 Prozent. Im laufenden Jahr hätte es nach dem, was sich aus ihren Aussagen vor einem Jahr interpretieren ließ, vier Zinserhöhungen geben sollen. Tatsächlich wurde nur eine Zinserhöhung draus und das erst am Jahresende und nur ein Tippelschritt von einem Viertelprozentpunkt.

Ahnungslose Diktatoren

Ich hatte damals gleich nach der Ankündigung der vier Zinsschritte, die im Übrigen auch die Experten der Investmentbank Goldman Sachs prognostizierten, dagegengehalten. Die konjunkturelle Situation war viel zu schwach. Fast alle Frühindikatoren in den USA signalisierten eine rückläufige Konjunktur. Zudem wusste man noch nicht, ob von China weitere konjunkturelle Gefahren ausgehen. Auch ich konnte es natürlich nicht sicher wissen. Es war meine Interpretation der konjunkturellen Situation. Es stellt sich aber generell die Frage, ob es sinnvoll ist, Zinserhöhungen auf ein Jahr im Voraus zu prognostizieren. Wie oft habe ich diesbezüglich schon den Börsenaltmeister André Kostolany zitiert: „Es stimmt, die Notenbanker sind die Diktatoren der Zinsen, aber wie sie in drei Monaten diktieren werden, wissen sie selbst nicht.“ Und er hatte Recht. Denn das Zinsdiktat hängt von der weiteren Entwicklung von Konjunktur und Inflation ab. Und hier haben die Zentralbanker genauso wenig eine Glaskugel wie alle andere auch. Mal können sie richtig liegen, mal aber auch ein kleiner Kolumnist. Janet Yellen wäre gut beraten, sich dies zu vergegenwärtigen und auf Prognosen dieser Art zu verzichten. Sie wird sonst noch als Ankündigungsweltmeisterin in die Geschichte der Zentralbanker eingehen.

Zinsen bleiben so oder so tief

Was bedeutet nun diese Ankündigung für die Märkte? Die erste Interpretation ist sehr eindeutig. Sie haben sich nicht aus dem Tritt bringen lassen. Und selbst wenn es zu den drei Zinserhöhungen käme, dann läge der Leitzins immer noch nur einen halben Prozentpunkt über dem Zinstief, das sich den Terroranschlägen vom 11. September 2001 anschloss. Wir bleiben 2017 also bei historisch betrachtet sehr tiefen Zinsen. Damals wurden die Zinsen bis 2007 dann von dem erwähnten einen auf 5,25 Prozent angehoben. Das brachte dann Immobilienblase und Aktienmarkt 2007 zum Einbruch. Zu derartigen Zinsanhebungen dürfte es diesmal jedoch nicht kommen, selbst wenn die Inflation stärker anzieht. Viel zu verschuldet sind die Unternehmen, die Privathaushalte und auch der Staat, als dass sie deutlich höhere Zinsen vertragen würden. Und außerdem gilt es zu beachten, dass wie auch das Beispiel zeigt, es einige Zeit braucht, bis höhere Zinsen negative Auswirkungen auf den Aktienmarkt haben.

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