Aus Mangel an Vertrauen

Der onvista-Börsenfuchs · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Hallo Leute! Wie ticken die Deutschen in Sachen Geld? Seit Jahren häufen sich die Studien übers Sparen und Anlegen. Und wichtige Ergebnisse werden inzwischen immer wieder bestätigt: Den meisten Bundesbürgern fehlt ausreichend Finanz-Know-how, Chancen und Risiken werden falsch eingeschätzt, schlechte Beratung durch die Banken. Daraus resultiert auch die Liebe zum Bargeld - am liebsten in der Matratze oder auf dem Bankkonto. Außerdem werden deshalb immer mehr Deutsche zu Selbstentscheidern. Das wird wiederum vom digitalen Fortschritt hektisch unterstützt, etwa nach dem Motto: Wenn’s ums Geld geht - Computer (oder Smartphone)! Und nicht etwa eine Bank oder Sparkasse. Fintech breitet sich aus, der Roboter als Anlageberater klopft schon an. Und wo bleibt da das Menschliche?

Die beiden jüngsten Umfragen zu diesem Themenkomplex helfen weiter, sie müssen nur richtig interpretiert werden. Beim jüngsten „Global Consumer Banking Survey“ von Ernst & Young (EY) zeigt schon die zusammenfassende Headline, wo’s langgeht: Vertrauen in die Bankbranche sinkt weiter - Bankkunden vermissen Angebote für ihre individuellen Bedürfnisse. Das überrascht Euch sicher nicht, meine Freunde. Als Folge davon nehmen Online- und Mobile-Banking zu, aber Deutschland hinkt dabei im internationalen Vergleich weiter hinterher.

Die Deutsche Vermögensberatung ergänzt dies mit ihrer neuartigen, groß angelegten Erhebung „Webcheck Finanzfragen“ - herausgekommen sind „ernüchternde“ Ergebnisse. Ja, immer mehr Deutsche nutzen das Internet als Ratgeber für ihre Finanzfragen. Nur liegt die Wahrscheinlichkeit, dass die Finanzsurfer auf unzureichende Informationen treffe, bei über 44 Prozent!

Nachdenklich muss einen auch stimmen, was momentan unter den Finanzthemen im Internet am meisten gesucht wird. Die drei Top-Fragen kann ich noch nachvollziehen. „Lohnt sich die Investition in Gold/Silber?“ Im Schnitt 685.338 Mal pro Monat gesucht belegt Platz eins im Ranking der meistgesuchten Finanzfragen Deutschlands. Auch der Traum vom eigenen Haus bewegt die deutschen Finanzsurfer stark. Mit durchschnittlich 652.811 Suchanfragen im Monat landet die Frage nach der richtigen Immobilienfinanzierung auf Platz zwei. Die Frage „Bekomme ich einen Kredit und kann ich ihn mir leisten?“ erobert mit 629.443 Suchanfragen im Monat den Bronze-Rang. Die Relevanz des doch eigentlich aktuellen Themas Altersvorsorge scheint online aber noch nicht angekommen zu sein - privaten Altersvorsorge landet mit etwa 220.000 Suchen pro Monat nur auf Platz 31 der meistgesuchten Finanzfragen. Die Sorge um eine mögliche Altersarmut sogar nur auf einem schwachen 46. Platz mit durchschnittlich rund 123.000 Suchen pro Monat. Aha. Die Bundesbürger sind sich des steigenden Risikos für Altersarmut immer noch zu wenig bewusst.

Man kann es drehen und wenden wie man will - es geht letztlich um die Vertrauensfrage. Private trauen den Profis nicht mehr (die Verallgemeinerung sei hier entschuldigt), zu viele Menschen nutzen aber auch den Computer noch nicht befriedigend bzw. bemühen sich nicht - oft aus Trägheit - um ausreichendes Geldwissen. Positiv gesehen: Kreditinstitute, andere Finanzdienstleister, Vertriebs-Fuzzies und Betreiber von Online-Plattformen haben eine Riesenchance zur Kundengewinnung und Kundenbindung, wenn sie einerseits grundsätzliches Wissen vermitteln und zum anderen Vertrauen wecken. Also nicht nur verkaufen wollen! Das wissen die Anbieter natürlich, die sind ja nicht blöd. Doch, wem gelingt das schon im Zeitalter von massiven Schrumpfungen bei Sparkassen und Volksbanken - und der Großbankenkrise!? Denn in der Fläche verschwinden jede Menge Filialen, wird die Anlageberatung drastisch reduziert oder ganz eingestellt.

Man sollte die vorhandenen Ebenen verbinden, also das persönliche Gespräch ebenso anbieten wie umfassenden Online-Service. Anlegerveranstaltungen, insbesondere die „Börsentage“ (bei denen es ja nicht nur um Börse geht), sind ein eindrucksvolles Beispiel. Bitte mehr davon! Und: Werbung allein bringt’s nicht. „Die Bank an Ihrer Seite“ muss gelebt und Vertrauen wieder aufgebaut werden.

Post an den Börsenfuchs: boersenfuchs@onvista.de

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