Auslandsaktien: Automobilwerte auf holprigem Weg

BÖRSE FRANKFURT · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Marktbericht vom Handel mit internationalen Werten

Gute wie schlechte Nachrichten gibt es von der Autobranche: Peugeot richtet sich neu aus, Tesla will seine Autopreise halbieren und Geely sein Exportgeschäft in Afrika ausbauen.

2. Oktober 2014. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Ab heute präsentiert sich die internationale Automobilindustrie im Rahmen des Pariser Autosalons wieder von ihrer besten Seite. Dabei läuft in der erfolgsverwöhnten Branche nicht alles rund.

Zwar brummt die Autokonjunktur in den USA und China. Laut Verband der chinesischen Autobauer werden in diesem Jahr über 24 Millionen Fahrzeuge im Land der Mitte gebaut, was rund ein Viertel der Weltproduktion ausmache. In den USA schaut die Branche nach Angaben von Marktforscher Autodata nach guten Augustwerten im September abermals auf ein Absatzplus von 9,4 Prozent im Vorjahresvergleich. Dennoch haben die Risiken nach Einschätzung von Industriebeobachtern zugenommen.   

Ukraine-Krise fällt ins Gewicht

Dennoch haben die Risiken nach Einschätzung von Industriebeobachtern zugenommen. Sorgen mache beispielsweise die Entwicklung in Russland. Gerechnet hatte die Branche mit rund vier Millionen Neuwagenverkäufen jährlich. Die Zahlen von Juli und August hätten allerdings Ernüchterung gebracht. Rund ein Viertel weniger Verkäufe seien zwar nicht nur, aber doch größtenteils auf den Konflikt Russlands mit der Ukraine zurückzuführen. Immerhin verlor der Rubel deutlich an Wert, was die Preise für importierte Autos erhöht hat.

Bis Jahresende soll der Nachfragerückgang weitere 20 Prozent betragen. Mit insgesamt 2,4 Millionen abgesetzten Neuwagen befinde sich der Markt derzeit in etwa auf dem Niveau von Großbritannien. Zum Vergleich erreicht Deutschland drei Millionen Neuzulassungen pro Jahr. Die verhängten Sanktionen könnten die Situation noch verschärfen.

Vorschusslorbeeren für Peugeot

Am zweitgrößten europäischen Hersteller scheint zumindest dieser Kelch vorüberzugehen. Das Rezept für die Neuausrichtung von Peugeot (WKN 852363) nach der Krise überzeugt viele Anleger. Die Aktie hat seit Jahresbeginn von rund 7 auf über 10 Euro zugelegt. "Mit dem Plus von fast 50 Prozent sind die Franzosen die Outperformer der Automobilaktien, gefolgt von den japanischen Herstellern Toyota (WKN 853510), Nissan (WKN 853686) und Suzuki (WKN 857310)", bemerkt Jan Vrbsky von der Baader Bank. DAX und Euro Stoxx 50 liegen mittlerweile im Minus. Investoren würdigten die Anstrengungen zur Neuausrichtung. Ein Werk in Frankreich sei geschlossen, rund 8.500 Mitarbeiter entlassen und die Modellpallette angepasst worden. Dank des chinesischen Investors Dongfeng treibe Peugeot die stärkere Ausrichtung auf China voran.

Mittelklasse schrumpft

In Europa lahmt der Automarkt weiterhin und liegt laut Vrbsky 20 Prozent unter dem Niveau von 2007. Viele Kunden kauften zudem entweder klein und günstig oder groß und teuer. Die Mittelklasse hat in den letzten 15 Jahren deutlich an Bedeutung verloren. Allein in Deutschland gehörten laut Kraftfahrtbundesamt im vergangenen Jahr nur noch 12,6 Prozent zu diesem Segment, 1999 waren es noch 22,5 Prozent.

Russland belastet Renault

Gewinner dieser Entwicklung seien Marken wie Dacia. Das rumänische Tochterunternehmen von Renault (WKN 893113) habe mit 2,9 Prozent Marktanteil in Europa mittlerweile Seat, Kia und Mazda (WKN 854131) abgehängt.

Allerdings spürten die Franzosen als größter ausländischer Autobauer in Russland auch den dortigen Konflikt mit der Ukraine besonders deutlich. Zusammen mit Nissan kontrolliere Renault die lokalen Hersteller Lada und Avtovaz (WKN 576848). "Für Anleger überwiegen per Saldo scheinbar die Risiken." Der Aktienkurs von Renault hat seit Ende Juli über 20 Prozent von 70,40 auf rund 55,20 Euro nachgegeben.

Geely setzt auf Exporte

Die Ankündigung einer Absatzoffensive in Afrika hat der Aktie des chinesischen Autoherstellers Geely Automobile (WKN A0CACX) Rückenwind verliehen, wie Walter Vorhauser von der Close Brothers Seydler Bank beobachtet. Seit Anfang Mai konnte sich der Wert von 0,24 auf 0,32 Euro erholen.

"Die Volvo-Muttergesellschaft hat in China im abgelaufenen Geschäftsjahr einen Absatzrückgang von 28 Prozent hinnehmen müssen." Deshalb suche Geely nach neuen Märkten und wolle dabei auf gute Erfahrungen in Afrika aufbauen. Zunächst setze der Automobilproduzent auf Kenia, Algerien und Tansania und sei in diesen Ländern auf der Suche nach Händlern.

Anleger belohnen Tesla-Visionen

Einen Schritt Richtung Massenmarkt für Elektroautos plant Tesla (WKN A1CX3T) laut Vorhauser mit dem Bau einer großen Batteriefabrik in Nevada. Die bis zu 5 Milliarden US-Dollar teure 'Gigafactory' soll bis zum Jahr 2020 mehr Lithium-Ionen-Akkus produzieren als alle heutigen Werke zusammen. "Eigner Elon Musk zielt auf eine Halbierung der Preise für Elektroautos, damit sie für eine breite Bevölkerung zugänglich werden." Bereits 2017 werde das heute 70.000 US-Dollar 'Model 3' für etwa 35.000 US-Dollar zu haben sein. Anlegern gefällt die Strategie von Tesla, die Aktie hat seit Anfang Juli von 175 auf aktuell 194 Euro gewonnen. "Bei Tesla spielt die Anlegerfantasie eine große Rolle", urteilt Vorhauser.

Mit einem Ausbau der Anzahl der Ladestellen beteilige sich Tesla zudem zusammen mit dem Mobilfunkanbieter China Unicom an dem Aufbau des chinesischen Marktes für Elektroautos. "Zunächst sollen 400 Ladestellen in 120 Städten aufgestellt werden." Zudem entstünden 20 sogenannte Supercharger, die 16 mal so schnell laufen wie die gewöhnlichen Ladestationen.

China plane eine massive Förderung für Elektroautos von bis zu umgerechnet rund 21.000 Euro pro Fahrzeug. Aktionäre belohnen die Strategie mit Käufen, allein am heutigen Donnerstag ist die Aktie gut 4 Prozent im Plus.

von Iris Merker, Deutsche Börse AG

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© 2. Oktober 2014

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