Betrug am Privatanleger ? Werden wir über den Tisch gezogen?

Harald Weygand · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Immer wieder klagen Privatanleger, dass Großanleger sie über den Tisch ziehen würden und ihnen gegenüber Vorteile hätten. Ich möchte dem widersprechen ...

Großanleger haben den Vorteil, dass sie sich Analystenteams leisten können und so mit Sicherheit besser informiert sind als Privatanleger. Außerdem haben sie meist Zugriff auf eine noch bessere Handelsinfrastruktur. Auf der anderen Seite wird bestimmten Großanlegern, wie Fonds oder Pensionskassen, ein bestimmtes Risiko- und Moneymanagement vom Gesetzgeber vorgeschrieben. So kann es sein, dass die maximale Höhe einer bestimmten Assetklasse, einer Aktienposition etc. vorgeschrieben wird. Oder aber das Abhedgen von Longpositionen ist nicht möglich. Oder aber ganze Kapitalmarktbereiche sind vom Anlageuniversum ausgeschlossen. Wer sich fragt, weshalb institutionelle Anleger trotz des Niedrigzinsumfelds noch immer in Staatsanleihen gehen, der findet die Antwort in den Risikomanagementvorgaben, die beispielsweise Versicherer nun einmal haben.

Der Hauptnachteil eines Fonds, Hedgefonds oder von Pensionskassen gegenüber Privatanlegern ist die Größe des zu verwalteten Kapitals. Das Auf- und Abbauen einer Aktienposition kann Wochen bis Monate dauern. Es gibt extra Ordertypen für Großanleger, damit sie ihre Orders sinnvoll stückeln und im Orderbuch möglichst vor den Blicken anderer Marktakteure verstecken können. Der Großanleger ist unglaublich unbeweglich. Mir berichtete ein Händler von der UBS in Zürich, dass einer ihrer Hedgefonds, der vor allem den Bund Future handelt, fortlaufend berechnen müsse, wie lange er benötigt, um eine große Bund Future Position auf- und abzubauen, ohne den Basiswert merklich zu bewegen. Kein Scherz, das dauert Wochen. Also baut man Positionen auf und ab, wohlwissend, dass man dabei den Kurs des Basiswerts bewegt. Im Vergleich zum Privatanleger ist die Slippage also mega!

All diese Restriktionen hat der Privatanleger nicht. Auch ihm steht mittlerweile eine sehr gute Handelsinfrastruktur zur Verfügung, auch er kann in Echtzeit handeln, auch er bekommt Finanzinformationen mittlerweile in Echtzeit. Wenn er eine Order tätigt, geht die in der Regel bei liquiden Basiswerten in Echtzeit durch. Mit einem Klick wird gekauft, mit einem Klick verkauft. Der Privatanleger ist im Vergleich zum Großanleger um ein Vielfaches beweglicher! Ich sehe das als den entscheidenden Vorteil an, m.E. ist der Privatanleger im Großen und Ganzen also sogar im Vorteil!

Die beweglichsten Großen, das sind die Hedgefonds.

Anbei das aktuelle Performance-Ranking, das regelmäßig von der HSBC für die eigene institutionelle Klientel erstellt wird.

Links sind die seit Jahresbeginn 2016 (YTD) bestperformenden Hedgefonds gelistet, rechts die am schlechtesten performenden. Bemerkenswert, dass es keiner der öffentlich bekannten Bigfishes, wie Soros, Bridgewater, Third Point, Greenlight Capital, etc. in diese Liste geschafft hat. Wichtig: Das sind große Trader. Die Renditeergebnisse auf der linken Seite wurden mit großen gehandelten Volumina erreicht.

Größter Verlierer ist der britische Hedgefonds Odey, der YTD2016 mit 32,80 % im minus steht. In den FAZ wurde nach dem Brexitvotum berichtet, dass Odey Management ganz groß von dem Votum profitiert hätte. Dass die Jungs auf Jahressicht aber derb im Loss stehen, wurde nicht erwähnt. Schon letztes Jahr verlor Odey 21,3 %.

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Privatanleger sind m.E. aufgrund der im Vergleich kleinen Anlagegelder erheblich beweglicher als die Großen und sie können m.E. aufgrund der größeren Beweglichkeit eine höhere Rendite p.a. erzielen.

Ich selbst führe live ein Echtgelddepot (AC20). Es wurde im November 2014 für die WOT2014 mit 30.500 Euro eröffnet, ich führte es dann einfach weiter. 30.500 Euro als Startgröße wurde deshalb gewählt, weil es nicht zu klein, aber auch nicht zu groß sein sollte. Ich bin eigentlich ein Positionstrader, d.h. ich halte Positionen Tage bis Wochen, eventuell auch einige Monate. Seit 2015 ist das Marktumfeld allerdings ziemlich unbeständig, so dass ich gerade 2016 in erster Linie Daytrading betrieben habe. Die Haltedauer in diesem Jahr betrug bisher durchschnittlich einige Stunden.

Seit Jahresbeginn 2016 liegt eine Rendite von +143 % vor. Sie sehen, der Privatanleger kann bessere Renditeergebnisse als Großanleger erzielen.

Ich trade hauptsächlich Futures auf Dow Jones, Nasdaq, DAX, Öl (WTI), Gold, darüberhinaus trade ich gelegentlich Futures auf Silber, T-Bonds, Bund sowie FX und hochkapitalisierte Aktien. Zu jedem Trade gebe ich aber auch passende Knock-Out Produkte (Hebelzertifikate) an.

P.S. Der Privatanleger hat eine enorme Beweglichkeit, ja. Dennoch heißt dies nicht, dass er sich in den kleinsten Zeiteinheiten tummeln sollte. Ich empfehle nur wenigen Privatanlegern auch Daytrading zu betreiben. Weshalb ? Nun, weil ich die Statistiken kenne. Nur maximal 10 % der Daytrader arbeitet erfolgreich, der Rest verliert. die Burnrate ist einfach zu groß. Trotz der hohen Beweglichkeit sollte der Privatanleger m.E. das Zeitfenster des Handelns ausdehnen. Die Statistiken zeigen auf, dass diejenigen, die mittelfristig handeln, erheblich erfolgreicher sind. Der Anteil derer, die nachhaltig Profit erzielen, steigt überdeutlich.

(© BörseGo AG 2016 - Autor: Harald Weygand, Head of Trading)

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