Börse Frankfurt-News: Marktstimmung: "Kapitulation der Pessimisten"

dpa-AFX · Uhr

FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 29. März 2017. Die Anleger äußern sich äußerst skeptisch, während sich der Markt zur Seite bewegt. Das Ausland scheint da optimistischer - insgesamt kein schlechtes Szenario.

Manch einer dürfte sich verwundert die Augen gerieben haben, dass die geplatzte Gesundheitsreform von US-Präsident Donald Trump nicht zu größeren Korrekturen an den Börsen dies- und jenseits des Atlantiks geführt hat. Stattdessen präsentieren sich die Aktienmärkte in glänzender Verfassung - der DAX hat sich gegenüber der Vorwoche sogar um 2,8 Prozent befestigt. Hier und da gibt es angesichts des jüngsten Aufwärtsimpuls sogar sorgenvolle Vergleiche mit dem Höhenflug des Ikarus. Dieser hatte der griechischen Sage nach bei seinem ersten Flug den Ratschlag seines Vaters Daedalus missachtet, nicht zu hoch zu fliegen, um der Sonne nicht zu nahe zu kommen. Denn die Flügel des Ikarus bestanden aus Vogelfedern, die mit Wachs zusammengehalten wurden. Aber während des Höhenfluges vergaß dieser die Warnungen seines Vaters und kam der flammenden Sonne zu nahe, wodurch das Wachs zu schmelzen begann und Ikarus in die Tiefe und damit in den Tod stürzte.

Wann es auch für den DAX zu heiß werden könnte, zeigt sich möglicherweise an unserer heutigen Stimmungserhebung. Bislang ergab diese, dass die mittelfristig orientierten Anleger, um im Bild der Ikarus-Sage zu bleiben, bis vor kurzem - und auch davor hatte Daedalus gewarnt - eher noch zu tief geflogen sind. Das hat sich nun gründlich geändert, denn angesichts des deutlichen Kursanstiegs des DAX seit unserer vergangenen Erhebung hat eine große Gruppe ehemaliger Pessimisten offensichtlich die Notbremse gezogen. So ist der Börse Frankfurt Sentiment-Index heute um 31 Punkte nach oben geschnellt und liegt nun bei einem Stand von +11 Punkten. Einen derart positiven Stimmungsumschwung hat es seit Oktober 2012 nicht mehr gegeben, was wohl vor allem daran liegt, dass diejenigen Pessimisten, die das Handtuch geworfen haben, fast alle direkt auf die Bullen Seite umgeschwenkt sind.

Disziplinierte Privatanleger

Auch bei den Privatanlegern hat offensichtlich ein Umdenken stattgefunden, denn dort hat sich ebenfalls die Stimmung von negativ auf positiv gedreht, wobei dieser Umschwung allerdings längst nicht so stark ausgefallen ist wie bei den institutionellen Pendants. Dennoch betrug der Zuwachs des Börse Frankfurt Sentiment-Index 16 Punkte, womit dieses Barometer jetzt mit dem der Institutionellen auf gleicher Höhe liegt. Allerdings haben in diesem Panel nicht nur ehemalige Bären aufgegeben, sondern auch vormals neutral eingestellte Akteure den Weg zu den Optimisten gefunden.

Damit kann der gravierende Widerspruch der Vorwochen zwischen einer stabilen Kursentwicklung auf der einen und einer deutlich pessimistischen Stimmung auf der anderen Seite endlich als überwunden gelten. Gleichwohl sind die heutigen Optimismus-Werte absolut betrachtet zwar positiv, doch liegen sie im Sechs-Monats-Vergleich sowohl bei den institutionellen (geringfügig) als auch bei den privaten Anlegern dennoch unter dem Durchschnitt. Letztlich ist also der jüngste Kursanstieg des DAX auch einem stattlichen Short-Squeeze mit folgender Kapitulation heimischer Akteure zu verdanken.

Allerdings vermitteln die heutigen Sentiment-Indizes nicht den Eindruck, als ob die Börsianer wie Ikarus bereits zu nah der Börsen-Sonne entgegen geflogen seien. Hierfür wären auf jeden Fall neue Allzeithochs über 12.390 Punkten auch jenseits des Atlantiks (gemessen am S&P 500) vonnöten, die gerade für die jungen Optimisten von heute einen Referenzpunkt darstellen.

Damit hat sich die Aufwärtsdynamik des DAX aufgrund der disziplinierten Vorgehensweise vieler Akteure nunmehr deutlich verringert. Denn für einen starken Trend braucht es entweder Kapitalzuflüsse, von denen der DAX jedoch längst profitiert hat, oder eben viele Schieflagen. Diese aber scheinen mit dem heutigen Tage verschwunden zu sein.

von: Joachim Goldberg 29. März 2017, © Goldberg & Goldberg für boerse-frankfurt.de

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)

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