Börse Frankfurt-News: Viel Trubel um den Rubel (Anleihen)

dpa-AFX · Uhr

FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 19. Dezember 2014. Ölpreisabsturz, Russlandkrise, mögliche US-Zinswende und Griechenland-Wahlen sorgen für extreme Ausschläge. Renditen der Bundesanleihen erreichen ein neues Tief.

Keine Spur von ruhigem Jahresausklang, vielmehr spielen die Märkte derzeit verrückt: Der DAX springt nach einem schnellen Absturz innerhalb weniger Tage um 600 Punkte nach oben, der Euro-Bund-Future markiert abermals ein neues historisches Hoch, der Ölpreis fällt immer weiter. "Es war eine turbulente Woche mit hoher Volatilität", kommentiert Arthur Brunner von der ICF Bank. Auslöser für die jüngsten Ausschläge war die US-Notenbank-Sitzung am Mittwoch: Vorab dominierte noch Angst vor einer schnelleren Zinserhöhung in den USA, dazu kamen Sorgen um die immer dramatischer werdende Lage in Russland. Danach herrschte etwas Erleichterung: Die Äußerungen von Fed-Chefin Janet Yellen wurden so interpretiert, dass die Zinsen nicht so schnell klettern werden wie bisher angenommen.

Am Freitagmittag notiert der Euro-Bund-Future bei 154,86 Punkten, leicht unter dem Rekordstand von 155,45 Punkten am Mittwoch. Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen, die zeitweise auf ein neues Rekordtief von 0,5656 Prozent gefallen war, liegt heute bei 0,61 Prozent.

Neben der US-Notenbanksitzung drehte sich alles um den Ölpreisabsturz und die sich zuspitzende Lage in Russland, "viel Trubel um den Rubel", nennt Brunner das.

"Die in dieser Woche nächtlich beschlossenen Notmaßnahmen der russischen Zentralbank - der Zinssatz wurde auf 17 Prozent angehoben - verpufften ziemlich wirkungslos an den Märkten", berichtet Sabine Tillmann von der Hellwig Wertpapierhandelsbank, der Rubel und Anleihen mit Bezug zu Russland seien weiter verkauft worden. Erst zur Wochenmitte kehrte etwas Ruhe ein. Bei ICF standen etwa Gazprom-Anleihen ( WKN A1ZD28 , A1HHG3 ) erst auf den Abgabelisten, erholten sich dann aber etwas. "Da gab es Schwankungen bis zu 15 Prozentpunkten", erklärt Brunner.

Problemfall Venezuela

Ebenfalls hart getroffen vom fallenden Ölpreis sind venezolanische Anleihen, etwa Staatsanleihen ( WKN A0DZ45 ) und Papiere des staatlichen Ölkonzerns Petróleos de Venezuela ( WKN A0NRMA ). "Bei den Staatsanleihen ging es erst auf 80 Prozent runter, dann wieder auf 89 Prozent hoch", meldet Gregor Daniel von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsgesellschaft. Bis Anfang September notierte das Papier noch bei 99 Prozent. Bei Petróleos waren es im Juli noch über 88 Prozent, aktuell sind es 40 Prozent.

"Fiel zu Wochenanfang der bereits in der Vorwoche abgestürzte Kurs der bis 2031 laufenden Venezuela-US-Dollar-Anleihe ( WKN A1GUB4 ) unter die Marke von 40 Prozent, so waren es am Donnerstag nach einem kleinen Rebound bereits wieder 51 Prozent", berichtet auch Tillmann. Nichtsdestotrotz liege das Land wirtschaftlich am Boden. "Und es ist weiter fraglich, wie lange sich Präsident Maduro noch im Amt halten kann."

Nervös wegen Griechenland

Während man in den USA über die ersten Leitzinserhöhungen nachdenke, würden seitens der EZB breit angelegte Anleihekäufe immer wahrscheinlicher, bemerkt Tillmann weiter. "EU-Peripherieanleihen tendierten im Zuge dieser Spekulationen sehr freundlich." Die Ausnahme bleibt Griechenland: Daniel hat bei griechischen Anleihen überwiegend Abgaben beobachtet. "Der Grexit, also der Austritt Griechenlands aus der Eurozone, wird wieder mehr diskutiert."

Die Rendite zehnjähriger griechischer Staatsanleihen kletterte zwischenzeitlich auf über 9 Prozent, aktuell sind es wieder 8,45 Prozent. "Noch deutlicher wird die Unsicherheit bei der dreijährigen Anleihe ( WKN A1ZL72 ), die Anfang des Monats noch mit 6 Prozent und am 12. Dezember mit 10,86 Prozent rentierte", meint Brunner. Am Mittwoch war die Wahl eines neuen griechischen Staatspräsidenten im ersten Anlauf gescheitert, zur Wiederholung kommt es am 23. und dann gegebenenfalls am 29. Dezember. Scheitern auch diese Anläufe, wird es vorgezogene Wahlen geben, bei denen die linkspopulistische Partei siegen könnte. "Das ist eine Zitterpartie für die Eurozone."

US-Dollar-Papiere gefragt

Auf US-Dollar lautende Anleihen bleiben dagegen gefragt. "Dies gilt sowohl für Staatsanleihen als auch für Corporate Bonds, die alle auf oder nahe ihren Jahreshöchstständen notieren", erläutert Klaus Stopp von der Baader Bank. Bei Unternehmensanleihen stehe diese Woche zum Beispiel eine bis 2020 laufende Anleihe von BMW US Capital ( WKN A1ZJK1 ), die aktuell 2,12 Prozent abwirft, auf den Wunschzetteln der Anleger, ebenso ein Bond von Goldman Sachs ( WKN A1HE59 ) mit Laufzeit bis 2023 und aktueller Rendite von 3,46 Prozent und ein Titel von Apple ( WKN A1HKKX ), der ebenfalls bis 2023 läuft und derzeit mit 2,86 Prozent rentiert.

Wenig los bei Corporate Bonds

Im Handel mit Euro-Unternehmensanleihen - ohne Russlandbezug - fehlen in dieser Woche die großen Nachrichten, für Privatanleger interessante Neuemissionen gab es jahreszeitbedingt nicht. "Gefragt bleiben Papiere mit guter Bonität", meint Brunner.

Rainer Petz von Close Brothers Seydler berichtet von höheren Kursschwankungen in Mittelstandsanleihen - allerdings ohne große Umsätze. "Zum Teil wird zum Jahresende verkauft, zum Teil gekauft, bei der niedrigen Liquidität kommt es da zu Ausschlägen."

von Anna-Maria Borse, Deutsche Börse AG


© 19. Dezember 2014

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(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)

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