Dax schüttelt Brexit-Sorgen weiter ab – Hoffnung auf Notenbanken stützt Erholung

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Der deutsche Aktienmarkt schreitet weiter auf einem Gewinnkurs. Vor allem die Aussicht auf ein Eingreifen wichtiger Notenbanken stützt die Kurse

Anleger nicht nur in Deutschland setzen ihre Hoffnung einmal mehr auf die Notenbanken. Sie sollen es sein, die der Wirtschaft und den Finanzmärkten in den Brexit-Turbulenzen Stabilität verleihen - und nebenbei den Aktienkursen wieder Auftrieb geben. Ganz unbegründet scheinen diese Hoffnungen nicht zu sein.

Die Europäische Zentralbank (EZB) erwägt offenbar eine Lockerung der Regeln für ihre Anleihekäufe, die britische Notenbank stellt Geldspritzen zur Stützung der Wirtschaft in Aussicht und auch in Japan steigt der Druck auf die Währungshüter, tätig zu werden. Die mögliche Schützenhilfe der Notenbanken dürfte dazu beitragen, dass der Aktienmarkt am Freitag den Brexit-Schock weiter abschüttelt und dem Dax den vierten Gewinntag in Folge bescheren.

Aktienmarkt im Aufwind

Zum Start in den Handel ging es für den deutschen Leitindex um 0,7 Prozent auf 9750 Punkte nach oben. Am Donnerstag hat sich der Dax noch über weite Strecken orientierungslos gezeigt, war kurz vor Handelsschluss jedoch auf knapp unter 9700 Zähler gestiegen. Am Ende stand ein Plus von 0,7 Prozent auf 9680 Punkten. Die Bilanz für den Monat Juni fiel dennoch bescheiden aus mit einem Verlust für den deutschen Leitindex in Höhe von 5,7 Prozent. Seit Jahresbeginn summiert sich das Minus damit auf knapp 10 Prozent.

Händler gaben erneut zu bedenken, dass angesichts der vielfältigen Brexit-Unsicherheiten die Stimmung rasch kippen kann. Die Ungewissheit hat die US-Ratingagentur Standard & Poor’s dazu veranlasst, in Reaktion auf das Brexit-Votum die Kreditwürdigkeit der Europäischen Union herabzustufen. Das Rating wurde um eine Stufe von “AA+” auf “AA” gesenkt.

Die Absicht Großbritanniens, aus der EU auszutreten, verringere die fiskalische Flexibilität auf EU-Ebene und weise auf einen geschwächten politischen Zusammenhalt hin, so die Ratingagentur. Der Brexit werde zudem unvermeidlich neue und komplizierte Verhandlungen um die Haushaltsplanung für die kommenden sieben Jahre nach sich ziehen. Das wahrscheinlichste Szenario sei, dass der EU-Haushalt gekürzt werde.

Es ist aber nicht nur diese ungewisse Zukunft der EU, die Börsianer weiterhin Sorgen bereiten dürfte. Auch die Entwicklung der Weltwirtschaft gibt wenig Grund zu überschwänglichen Optimismus und könnte rasch einen erneuten Grund für Zurückhaltung an den Aktienmarkt liefern.

Krisenherde und Schwachpunkte

So hat sich die Stimmung in der chinesischen Wirtschaft spürbar verschlechtert. Der vom Wirtschaftsmagazin “Caixin” ermittelte Einkaufsmanagerindex für das herstellende Gewerbe fiel im Juni so schnell wie seit vier Monaten nicht mehr auf 48,6 Punkte. Auch der offizielle Einkaufsmanagerindex des Statistikamtes und Logistikverbandes, der stärker staatliche Unternehmen berücksichtigt, war rückläufig.

“Insgesamt sind die wirtschaftlichen Bedingungen im zweiten Quartal deutlich schwächer als im ersten Quartal, was bedeutet, dass der Abwärtsdruck nicht nachgelassen hat”, sagte der Ökonom Zhong Zhengsheng von der CEBM-Forschungsgruppe.

Händler Andreas Lipkow von Kliegel & Hafner erwartet zudem, dass der in den Sommermonaten weiter ausdünnende Handel und die Nachwehen der Brexit-Entscheidung einen deutlicheren Dax-Anstieg erschweren. Ein Durchmarsch wieder in Richtung 10.000 Punkte sieht Lipkow nicht so schnell, zumal in den USA die Präsidentschaftswahl ansteht, Japan und China den Börsianern Sorgen bereiten und auch politische Themen rund um Syrien, Russland oder die Türkei neue Schwankungen auslösen könnten.

Wall Street schließt Juni positiv ab

Die Blicke richten sich im Tagesverlauf somit auf weitere Konjunkturdaten aus Europa und den USA. Neben dem Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe der Eurozone stehen auch in Übersee vor dem langen Wochenende Einkaufsmanagerindizes auf der Agenda. Die Wall Street bleibt am kommenden Montag wegen des Unabhängigkeitstags geschlossen.

Gestern haben die US-Aktienmärkte ihre rasche Erholung vom Brexit-Schock jedoch fortgesetzt und erneut deutlich zugelegt. Auch an der Wall Street war es vor allem die Hoffnung auf konjunkturstützende Maßnahmen der weltweit wichtigsten Notenbanken, die die Anleger bei Laune hielt.

Der Dow Jones Industrial kletterte nach einem trägen Auftakt sukzessive aufwärts und endete 1,3 Prozent fester bei 17.930 Punkten, was praktisch dem Tageshoch entsprach. Damit summiert sich der Gewinn des Leitindex seit Dienstag auf 4,6 Prozent, nachdem er zuvor wegen des Brexit-Schocks innerhalb von zwei Tagen rund 5 Prozent verloren hatte. Dank der jüngsten Erholung schaffte der Dow sogar noch eine positive Monatsbilanz von 0,8 Prozent. Der marktbreite S&P 500 gewann am Donnerstag 1,4 Prozent auf 2099 Zähler. Für den technologiewertelastigen Nasdaq 100 ging es um 1,2 Prozent auf 4418 Punkte nach oben.

OnVista/dpa-AFX/Reuters
Foto: Deutsche Börse

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