Der Schwung einer alten Börsenglocke

Holger Scholze · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Ein neuer historischer Klang

Nach zweiwöchiger Abwesenheit, trat ich am Montag wieder meinen Dienst als Marktbeobachter an der Börse Stuttgart an. Und plötzlich hörte ich sie zum ersten Mal - die neue alte Börsenglocke!Punkt 8:00 Uhr läutete ein freundlicher Kollege der Handelsorganisation den Börsentag und in diesem Fall sogar die neue Handelswoche ein.

Wenige Tage zuvor war die Glocke auf das Börsenparkett, das sich inzwischen in einen modernen Industrieteppich gewandelt hat, zurückgekehrt. Und ich finde das wunderbar!

„Innovation aus Tradition“ lautet das Motto des Börsenplatzes. Insofern hat diese Idee für mich eine besonders tiefe Bedeutung. Um die Ehrfurcht vor der Geschichte zu bewahren und letztlich auch aus ihr zu lernen, halte ich die Börsenglocke für ein enorm wertvolles Symbol.

Mit der Einführung der Börsenglocke soll an der Börse Stuttgart eine alte Tradition wieder aufleben, die ein hörbares Zeichen für den Handel an der Privatanlegerbörse setzt. Darüber hinaus ist zu vermuten, dass hin und wieder auch Gästen des Hauses die Ehre zuteil wird, einen Handelstag eigenhändig ein- oder auszuläuten. Dies wäre für jeden Börsianer wohl ein ganz besonderer, unvergesslicher Moment. Wir dürfen gespannt sein.

Ursprung schwer zu ermitteln

Schon früher war die Börsenglocke ein Zeichen dafür, wann der Handel eröffnet und geschlossen wird. Ob dies bereits im 14. Jahrhundert auf dem Platz vor dem Gasthaus der Familie Van der Buerse in Brügge geschah, ist leider nicht überliefert worden. Ebenso wenig ist bis heute bekannt, zu welchen Tageszeiten damals genau gehandelt wurde und ob es Regeln oder Vorschriften dafür gab. Die Funktionsweise der ersten Handelsbörse basierte wohl auf Bräuchen und wurde offensichtlich nie schriftlich festgelegt. Erst im 16. Jahrhundert wurde die Börse in Antwerpen als erste schriftlich fixiert. Ob dort auch von einer Börsenglocke die Rede war, ist mir leider nicht bekannt. Aber vielleicht wissen Sie, liebe Leserinnen und Leser ja mehr darüber. Ich wäre Ihnen für jeden Hinweis dankbar.

Klar ist, dass bis heute in New York, Brüssel, Chicago, Frankfurt, Kairo, Tokio, Warschau und an vielen anderen Börsenplätzen der Welt zu unterschiedlichen Anlässen Glocken geläutet werden oder zumindest Glockenschläge ertönen. Nicht selten wird diese Zeremonie von prominenten Persönlichkeiten übernommen.

Als die Börse Stuttgart ihren Standort noch in der Stuttgarter Hospitalstraße hatte, wurden die Händler bis zum Jahr 1991 durch ein akustisches Signal über den Handelsbeginn und den Handelsschluss informiert. Dabei handelte es sich allerdings nicht um eine klassische Börsenglocke.

Privatanleger im Blick

Ab sofort möchte die Börse Stuttgart wieder ein hörbares Zeichen dafür setzen, dass Privatanleger hier durchgehend von 8 bis 22 Uhr handeln können. Beim Erwerb der Börsenglocke wurde darauf geachtet, dass es sich um ein historisches Stück handelt. Woher das kostbare Instrument stammt, bleibt allerdings „Börsengeheimnis“. Aber wer weiß, vielleicht darf ja bald einer von ihnen die kostbare Glocke aus der Nähe betrachten oder sogar persönlich läuten...

Mit Friedrich von Schillers Worten

Wie heißt es doch so schön in Schillers berühmten Lied von der Glocke: „Begleite sie mit ihrem Schwunge - des Lebens wechselvolles Spiel...“

Nahezu alles, was auf der Welt passiert, spiegelt sich in den Bewegungen der Börsenkurse wider. Insofern ist die Verbindung zwischen dem wechselvollen Spiel des Lebens und dem stetigen Auf und Ab an den Finanzmärkten auch mit einer solch ehrwürdigen Glocke trefflich hergestellt.

Ihr Holger Scholze

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