Die Roboter übernehmen

Harald Weygand · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Da ich noch immer im Urlaub weile, anbei nochmals ein Beitrag aus der Feder eines Kollegen: Clemens Schmale

Gerade, weil Amazon erfolgreich und beliebt ist, stellt das Unternehmen ein Problem dar. Das Unternehmen hat vor allem den Einzelhandel revolutioniert und macht dort nicht Halt. Inzwischen ist Amazon mehr als ein Versandhändler. Es ist eine Firma, die so breit aufgestellt ist, dass man sich manchmal etwas wundert.

Angefangen hat es mit Büchern. Inzwischen ist Amazon einer der größten Cloud Service Provider der Welt mit Amazon Web Services. Amazon produziert Fernsehserien und arbeitet an der Auslieferung von Gütern per Drohne. Aktuell wird auch daran gearbeitet Lager zu automatisieren und autonome Lastwagen auf die Straße zu bringen.

Derzeit expandiert Amazon in den Lebensmittel- und Großhandel. Die Firma setzt nach der Eroberung des Retail Geschäfts auch auf den B2B (Business to Business) Bereich. Bestellt ein Unternehmen z.B. neue Büromöbel für 1.000 Beschäftigte, wieso sollte das nicht auch über Amazon gehen?

Wer als Privatperson bei Amazon bestellt, kann das bequem von überall tun und bekommt die Ware nach Hause geliefert. Das ist extrem praktisch. Es ist sogar so praktisch, dass der online Handel in den USA den physischen Einzelhandel in wenigen Jahren überholen wird. Grafik 1 zeigt die tatsächliche Umsatzentwicklung und eine Prognose über die kommenden Jahre, wenn der aktuelle Trend wie gehabt anhält.

Noch vor Mitte des nächsten Jahrzehnts werden Onlinehändler das Feld übernehmen. Sie gewinnen im Handel nicht einfach nur Marktanteile über das Internet hinzu. Amazon expandiert inzwischen auch in den stationären Handel über Amazon Go. Hier geht man als Einkäufer ins Geschäft, nimmt sich, was man will, und geht einfach wieder. Bezahlt wird automatisch. Es braucht keine Kasse mehr.

Amazon bringt den traditionellen Handel auf so ziemlich jeder nur erdenklichen Ebene unter Druck. Erfolg kommt vor allem wegen der Effizienz. Amazon ist schnell und nicht teurer. Dazu spart man sich Zeit, wenn man Waren geliefert bekommt.

So toll das für Konsumenten alles ist, so schlimm ist es für Arbeitnehmer. Grafik 2 zeigt die Entwicklung der Jobs im klassischen Einzelhandel sowie im nicht stationären Handel. Der traditionelle Handel hat seit 2000 knapp 1 Mio. Jobs verloren. Im direkten und online Geschäft wurden 150.000 Stellen geschaffen. Netto wurden also Jobs vernichtet.

An anderer Stelle wurden Jobs hingegen aufgebaut. Irgendjemand muss ja die Pakete ausliefern und die Warenhäuser bewirtschaften. Grafik 3 zeigt die Jobentwicklung im Warenhaus und Transport Bereich. Obwohl hier Jobs geschaffen werden, gehen zusammen unterm Strich Stellen verloren.

Amazon arbeitet an der Automatisierung von praktisch allem. Arbeiten derzeit noch tausende Menschen in Warenlagern, werden diese so schnell es eben geht durch Roboter ersetzt. Lastwagen sollen ohne Fahrer auskommen und Kuriere werden durch Drohnen verdrängt. Auf Sicht mehrerer Jahre gehen dadurch allein in den USA wohl Millionen an Jobs verloren.

Es wird geschätzt, dass für jeden Job, der durch den online Handel geschaffen wird, zwei Jobs im traditionellen Bereich verlorengehen. Der Handel ist dabei nur einer von vielen Bereichen, der immer mehr zur Vollautomatisierung tendiert. Viele Jobs in der Produktion der Güter, die über Amazon vertrieben werden, gehen ebenfalls aufgrund der Automatisierung verloren.

Will man diese Jobs nicht verlieren, muss man Unternehmen wie Amazon verbieten. Das klingt absurd und vermutlich würden die wenigsten einen solchen Schritt befürworten. Wer will ernsthaft auf den online Handel verzichten?

Verallgemeinert kann man sagen: man muss technologischen Fortschritt verbieten, wenn man bestimmte Jobs halten will. In diesen Tagen wettern gerade alle gegen die Globalisierung, aber sie ist eine Herausforderung der Vergangenheit. Das Thema der nächsten 20 Jahre heißt Automatisierung.

Jobs gehen nicht mehr verloren, weil in China produziert wird, sondern weil der Arbeitgeber eine neue Maschine einsetzt. Das können auch die Politiker, die jetzt als Retter des kleinen Mannes gefeiert werden, nicht ändern. Keiner derjenigen, die im vergangenen Jahr gewählt wurden, kann das. Auch die, die in diesem Jahr zur Wahl stehen (etwa Marine Le Pen) können das nicht. Gewählt werden sie vermutlich trotzdem, obwohl sie ebenso wie das Establishment am Kernproblem komplett vorbeidiskutieren.

(© BörseGo AG 2017 - Autor: Harald Weygand, Head of Trading)

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