Falsche Aktienkurse am laufenden Band
Hallo, Leute! Was ist der Unterschied zwischen der Börse und dem Wetter (derartige Vergleiche kennt man ja)? Witterungstechnisch schon seit Wochen nur noch Tiefdruckgebiete mit mancherorts irren Niederschlägen, auch bei den Amis. An den Aktienmärkten dagegen Hochs und Tiefs in verwirrendem Wechsel - erst scheint der Dax auf 9.000 und darunter abzurutschen, dann gewinnt er frische Kraft und klettert wieder in Richtung 10.000. Aber das kann man noch irgendwie nachvollziehen. Total irre ist allerdings das Torkeln der Kurse „Intraday“, wie es die Profis nennen, also im Verlauf eines Tages. Wie bekloppt Börse sein kann, hat sich gestern besonders eindrucksvoll gezeigt.
Donnerstag, der Aktienmarkt eröffnet vorsichtig mit überwiegend leicht nachgebenden Kursen. Spätnachmittags lese ich einen Agenturmarktbericht von 16:16 Uhr, der wie folgt beginnt: „Anleger machen an Europas Börsen Kasse. Die Börsenbarometer Dax und EuroStoxx50 notierten nach den kräftigen Kursgewinnen der Vortage deutlich im Minus. Die Investoren haben wohl realisiert, dass sich viele Indizes zuletzt schon wieder ihren Höchstständen näherten, sagte ein Analyst. Schwächere Konjunkturdaten aus den USA drückten zusätzlich auf die Stimmung. Der Dax verlor 0,6 Prozent auf 9.479 Zähler.“ Problem: Zu dieser Zeit hatte sich der Index längst auf weit über 9.500 Punkte erholt!
Dann öffne ich die nächste Zusammenfassung von 17:50 Uhr: „In der Spitze 9.600 Punkte. Dax will höher hinaus. Der deutsche Aktienmarkt ist wieder auf Erholungskurs eingeschwenkt. Nachdem die US-Börsen schwache Konjunkturdaten einfach abschüttelten, ging es auch in Deutschland wieder bergauf.“ Und spätabends meldet mein Computer nachbörsliche Tageshochs bei 9.633, immerhin 1 Prozent höher als Vortag. Dazu fällt mir die provozierende These eines bekannten Finanzjournalisten ein, die Börse produziere am laufenden Band falsche Kurse, weil jeder Kurs nur in dem Augenblick stimme, wo er zustande kommt - und dann nicht mehr.
Hey, mal ehrlich: Blickt Ihr denn an solchen Tagen noch durch? Wer außer den Profis und den zockenden Daytradern kann schon von morgens bis abends das Gezucke verfolgen? Und wie will man das alles einem interessierten Börsenlaien verklickern? Wenigstens hat uns der olle Sokrates schon lange vor der Erfindung der Börsen Trost gespendet: „Bedenke stets, dass alles vergänglich ist; dann wirst du im Glück nicht zu fröhlich und im Leid nicht zu traurig sein.“
Also weiter cool bleiben, aber weiter die Ohren steif halten! boersenfuchs@onvista.de
Der OnVista-Börsenfuchs