Freihandelsabkommen TTIP als Job-Killer

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Das transatlantische Freihandelsabkommen TTIP soll Europa und den USA mehr Wachstum und Beschäftigung bringen. Zwei neue Studien zweifeln dieses Versprechen an. TTIP könnte sogar zum Job-Killer mutieren.

Für die Europäische Union ist die Sache klar. Das Freihandelsabkommen TTIP mit den USA soll kommen, denn es wird das Wachstum beiderseits des Atlantiks ankurbeln, neuen Jobs schaffen und den Wohlstand mehren. Von dieser Position weicht auch die neue EU-Kommission nicht ab. „Ich bleibe der Auffassung, dass dieses Abkommen von höchster Wichtigkeit ist – auch unter Wachstumsaspekten“, so der frischgebackene Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker.

Widerspruch bekommt die EU-Kommission durch zwei aktuelle Studien, wonach TTIP alles andere als ein Job- und Wachstums-Motor wäre. Das geplante Freihandelsabkommen würde in Europa 600.000 Arbeitsplätze kosten und zu deutlichen Einkommensverlusten führen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der renommierten US-amerikanischen Tufts University in Boston. Auch Steuereinnahmen und Wirtschaftsleistungen würden erheblich schrumpfen.

Job-Abbau statt Job-Motor

Die US-Forscher warnen vor “ernsten Konsequenzen für die EU und ihre Mitgliedstaaten”. Deutschland drohe ein Rückgang der Exporte von 1,14 Prozenbt gegenüber dem Szenario ohne TTIP, zugleich würde die jährliche Wirtschaftsleistung um 0,29 Prozent abnehmen. 134.000 Arbeitsplätze seien bedroht, das durchschnittliche Arbeitseinkommen könnte um 3400 Euro im Jahr sinken.

Damit widersprechen die US-Forscher zentralen Annahmen der EU-Kommission. In einer von der Kommission in Auftrag gegebene Studie war das Londoner Centre for Economic Policy Reserach (CEPR) zu dem Schluss gekommen, dass durch ein umfassendes Freihandelsabkommen das Bruttoinlandsprodukt der EU im Jahr 2027 um 0,48 Prozent höher läge. Zudem könnten „hunderttausende neue Arbeitsplätze“ entstehen.

Selbst TTIP-Befürworter sehen nur winzige Effekte

Doch selbst diese optimistischen Prognosen der TTIP-Befürworter erweisen sich als wenig überzeugend. Die Wirtschaftswissenschaftlerin Sabine Stephan vom Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung kommt in einer Analyse der CEPR-Studie zu dem Schluss, dass die „erwarteten Wachstums- und Beschäftigungseffekte“ winzig seien. Die Wirtschaft der EU und der USA würden selbst unter den „außerordentlich optimistischen Annahmen“ der CEPR-Studie um weniger als 0,05 Prozentpunkte pro Jahr zusätzlich wachsen.

Fraglich ist zudem, ob selbst dieses Mini-Wachstum durch TTIP erreicht werden kann. Kritiker werfen den Forschern der CEPR-Studie unrealistische Annahmen vor, weil sie zahlreiche Wechselwirkungen nicht berücksichtigt hätten. Würde bei der Beurteilung von TTIP berücksichtigt, welche Kosten eine Gesellschaft insgesamt zu tragen habe, dürfte sich laut IMK-Forscherin Stephan „die ohnehin magere Bilanz eines transatlantischen Freihandelsabkommens noch deutlich verschlechtern“.

Foto: meshmerize/shutterstock.com

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