Griechenland - Die Schlinge zieht sich jetzt am Wochenende zu

Harald Weygand · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Das Ausgang des Referendums ist mittlerweile bekannt. Die Meinungsumfagen sehen ein Kopf-an-Kopf-Rennen, das Land ist gespalten. Ob die Ja- oder Nein-Fraktion marginal gewinnt, ist für die Märkte m.E. nicht wirklich essentiell. Griechenland benötigt Gelder, um seine Beamten und Rentner zu bezahlen. Da das Land von den freien Kapitalmärkten abgeschnitten ist, ist es auf die Gläubiger angewiesen. Letztere formulieren Bedingungen.

Warum sollten die Steuerzahler dieser Nationen für die geringe Steuermoral der griechischen Bevölkerung und Ineffizienz der griechischen Finanzbehörden aufkommen?

Die neue griechische Regierung unter Varoufakis und Tsipras versucht die "Too big to fail" Karte a la Lehman Brothers zu spielen. Unter anderem die Angst vor einem zweiten Lehman Ereignis führt dazu, dass sich die USA aber auch China durchaus auf die Seite der Griechen stellen. Es ist kein Zufall, dass auf Wikileaks just jetzt Abhörprotokolle auftauchen, die aufzeigen sollen, das Kanzlerin Merkel schon in den zurückliegenden Jahren an der Schuldentragfähigkeit Griechenland gezweifelt haben soll. Auch ist es kein Zufall, dass der von den USA dominierte IWF kurz vor dem Referendum seine umfassende Griechenland Analyse veröffentlicht, in der ebenfalls auf die nicht gegebene Schuldentragfähigkeit Griechenlands hingewiesen wird.

Den Nobelpreis-dekorierten US Ökonomen läßt sich aus unserer europäischen Sicht der Rat geben, sich besser um die Ungleichheit zwischen Arm und Reich im eigenen Land zu kümmern, als sich in fremde Angelegenheiten einzumischen.

Wie ich vor ein paar Wochen schrieb, die neue griechische Regierung verhebt sich. Als schwächstes ökonomisches Glied hat sie versucht, den Trend der europäischen Finanzpolitik zu bestimmen. Aber eine Transferunion wird es nicht geben. Eine Spaltung Europas wird es ebenfalls nicht.

Das Einfrieren der ELA-Kredite war der erste entscheidende Warnschuß, der Varoufakis und Tsipras langsam in die wirtschaftliche Realität bugsieren dürfte. Beide haben gegenüber ihrer Bevölkerung bisher keinerlei Erfolge aufzuweisen. Im Gegenteil. Die griechischen Makrodaten stürzen seit ihrer Machtübernahme ab. Das Land befindet sich wieder in einer Rezession und hat eine massive Kapitalflucht zu verdauen. Steuern von den reichen Griechen konnten nicht eingetrieben werden.

Wenn Dijsselbloem, Stubb, Schäuble und andere EU Finanzminister darauf hinweisen, dass man warten könne und die Verhandlungen für ein neues Rettungspaket härter geführt werden könnten, ist dies ein subtiler Hinweis an die griechische Bevölkerung, die eigentlich Leidtragende des ganzen Pokers sind. Sie werden im täglichen Leben feststellen, dass kein Geld mehr da ist. Geld, das Varoufakis und Tsipras, organisieren müssen. Die Russen haben es ihnen nicht gegeben, die Chinesen auch nicht.

Unterm Strich ist/war das Referendum für Tsipras ein Schuß in den Ofen. Da letztenendes eine Pattsituation vorliegt, wird er nicht gestärkt aus der Befragung hervorgehen. Varoufakis hat heute der Öffentlichkeit mitgeteilt, dass er im Falle eines Ja-Votums wie zuletzt angekündigt als Finanzminister zurücktreten werde, aber als normaler Abgeordneter weiterverhandeln wolle. Der Mann ist ein Hasardeur.

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(© BörseGo AG 2015 - Autor: Harald Weygand, Head of Trading bei GodmodeTrader)

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