Hört nicht auf das tägliche Gesabbel!

Der onvista-Börsenfuchs · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Hallo, Leute! Aus aktuellem Anlass muss ich wieder mal in einem meiner Lieblingsthemen rumhacken - das kurzfristige Raus-Rein. Das Trading beherrscht unseren Aktienmarkt, erschwert den Blick über den Tellerrand der Tagessuppe hinaus. Ich denke da weniger an die Messe „World of Trading“, die jetzt wieder stattfindet (am Freitag und Samstag in Frankfurt/Main), sondern an die ganz schön heftigen Kurszuckungen vom Wochenbeginn. Am Montag waren die Japse daran schuld, dass Dax & Co. erst einmal eins auf die Birne gekriegt haben. Denn die Anleger waren „geschockt“ von der Nachricht, dass unsere fernöstlichen Partner völlig überraschend in eine Rezession geraten sind. Aber schon kurze Zeit sorgten weitere verbale Absonderungen von Mario Draghi wieder mal für eine starke Erholung: Der Dax richtete sich  selbstbewusst auf, weil nach vorherrschender Meinung der EZB-Chef „mal wieder die Hoffnung genährt hat“, dass es bald neue Geldgeschenke geben wird. Das wirkte gestern noch nach. Dazu machten neue Konjunkturdaten (ZEW-Index) Mut. Um satte 1,6 Prozent kletterten unsere Standardwerte im Schnitt bis Börsenschluss. Am Abend, während dem Regen-Kick in Spanien, ging es sogar noch weiter aufwärts!

Ok, die Japaner waren wirklich eine faustdicke Überraschung. Und Ministerpräsident  Abe hat mit einem Bündel von Maßnahmen reagiert - Neuwahlen, Konjunkturpaket und spätere Steuererhöhung. Aber kann es ein „Schock“ sein, wenn die Aktienkurse am Montag nur paar Stunden lang auf Talfahrt gingen? Und dann die Draghi-Euphorie, die einem längst auf den Keks geht. Obwohl in der Fachwelt umstritten, kann der sagen, was er will bzw. auch olle Kamellen kauen - die Börsianer jubeln ihm zu. Ich bin sicher: Wenn Draghi am Rande irgendeiner Konferenz Worte fallen lassen würde wie „Mir geht’s gut, ich möchte noch möglichst lang im Amt bleiben“ - die Aktienmärkte würden mit bombenfesten Kursen reagieren.

Nicht einmal die Ergebnisse der ZEW-Erhebung von gestern waren ein wirklicher Knaller, obwohl: der erste Zugewinn seit Jahresbeginn! Das ist schon was, zugegeben. Die ZEW-Konjunkturerwartungen für Deutschland stehen nach einer Steigerung um 15,1 Punkte bei 11,5 Punkten, der Index ist damit wieder in den positiven Bereich zurückgekehrt. Nur: Der langfristige Mittelwert liegt bei 24,4 Punkten. Hey, das ist noch weit weg!“ Und die Bewertung der konjunkturellen Lage in Deutschland bleibt laut ZEW-Expertenbefragung nahezu unverändert. Also gibt’s eigentlich doch keinen Anlass für Euphorie, oder?

Ich sag Euch was (Ihr müsst es ja nicht glauben): Die beste Nachricht ist, dass die Börse weiter nach oben will. Jede Info, die man positiv auslegen kann, hat offenbar mehr Kraft als die Belastungsfaktoren. Die „marktbestimmenden Kräfte“ - also nicht Ihr, meine Freunde - verhalten sich jedoch wie eine unruhige Herde, die nicht auf ihren Positionen verharren will. Langfristige Investoren, ein Großteil der sogenannten institutionellen Anleger,  verhalten sich wie Trader. Ihr könnt ja mitmachen, wenn Euch das liegt. Ich selbst bin zu alt  für Day- oder gar Minuten-Trading. Deshalb bekräftige ich: Guckt am besten gar nicht auf das tägliche Gezocke, sondern baut Euch eine langfristige Aktienstrategie. Und hängt Euch auch nicht an den Lippen der von den Medien tagtäglich zitierten „Experten“. Apropos: Einer meiner Lieblingssprüche von Winston Churchill lautet: „Ein Experte ist ein Mann, der hinterher genau sagen kann, warum seine Prognose nicht gestimmt hat.“

boersenfuchs@onvista.de

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