Ist die Eurozone von morgen das Japan von gestern?

Robert Halver · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Money cant buy me love ist ein beliebter Ohrwurm der Beatles . So manche Euro-Politiker scheinen die Botschaft dieses Hits jedoch nicht verstanden zu haben. Sie glauben, dass Geld, speziell Notenbankgeld allein die Euro-Volkswirtschaft liebevoll beglücken kann. Sie denken, dass das günstige Geld der EZB doch immerhin schon die Euro-Staatsschuldenkrise gelöst hat: Die Staatsanleiherenditen in den Euro-Ländern sind trotz Politikern, die keinen Reform-Finger krumm gemacht haben, auf Niveaus gefallen, die normalerweise nur Ländern mit einwandfreiem Leumund zuteilwerden.

Doch können die Potemkinschen Dörfer an den Rentenmärkten nicht verdecken, dass am Ende der Staatsschuldenkrise noch unendlich viel Konjunkturkrise übrig ist. Deflationsgefahren sind eindeutig auszumachen.     

Die Deflationswelle ist in Euroland angekommen

Deflation ist die Ursünde einer Volkswirtschaft. Es kauft niemand, da es immer günstiger wird und es investiert keiner, weil keiner kauft. Die USA hatten ihre Deflationszeit in den Dreißigerjahren unter dem Namen The Great Depression .

1989, nach dem Bersten seiner Immobilienblase, glitt Japan in eine deflationäre Depression ab, die bis heute nicht wirklich beendet ist. Der einst dicke japanische Mittelstandsbauch, der den Vergleich mit dem deutschen nicht zu scheuen brauchte, ist bis heute zur Wespentaille geworden.

Nach den USA und Japan scheinen die Deflationssorgen in der Eurozone angekommen zu sein. Die aktuelle Preisentwicklung in der Eurozone ist mit 0,3 Prozent nicht weit vom Nullpunkt entfernt. Dabei sind die günstigen Preise nicht Ausdruck von Produktivitätsfortschritten, was gesund wäre. Nein, sie sind Ausdruck einer lethargischen Wirtschaft. Besserungsanzeichen sind schwer auszumachen. Denn in Euroland nimmt ähnlich wie in Japan die Bevölkerung und damit auch die gesamtwirtschaftliche Kaufkraft ab. Die USA sind hier eindeutig im Vorteil.

Export wäre sicherlich eine lohnenswerte Alternative. Aber auch die USA und die Schwellenländer, die wir als dankenswerte Nachfrager unserer europäischen Produkte kennen, werden immer mehr zu ernstzunehmenden Konkurrenten auf der Anbieterseite. Ohnehin ist Euroland reich an Rohstoffarmut. Dies stellt ein großes wirtschaftliches Erpressungspotenzial dar.  

Insgesamt geht die Angst um, das Euroland zur nächsten Region mit deflationärer Dauerstagnation wird. Das Thema Preisstabilität hat in Euroland mittlerweile einen ganz anderen Zungenschlag bekommen.

Politiker waschen ihre Wirtschafts-Hände in Unschuld

Und was machen unsere Euro-Politiker gegen dieses deflationäre Umfeld? Sie haben in ihren Bemühungen, die nationalen Standortqualitäten über z.B. produktivitätssteigernde Investitionen zu verbessern, schwach angefangen und dann stark nachgelassen. Auch Deutschland sollte sich nicht auf seinen Lorbeeren ausruhen - die übrigens massiv der Agenda 2010-Reformpolitik geschuldet sind - und sich nicht daran ergötzen, in der Eurozone der wirtschaftliche Platzhirsch zu sein. Euroland ist als Maßstab zu klein. Für unsere Exportwirtschaft geht es um die große globale Bühne. Auf dieser müssen wir bestehen. D.h. Reformen sind kein einmaliges Gastspiel, sondern eine Dauerveranstaltung wie das Musical Cats , das seit 1982 immer wieder aufgeführt wird. Es geht um Wettbewerbsfähigkeit. Wer in der Champions-League der Wirtschaftsnationen mitspielen möchte, muss auch wie ein Champion an seiner Standortqualität arbeiten. 

Politiker warten auf den nächsten Akt der EZB wie Kinder auf die Bescherung an Weihnachten

Die Beilegung der Euro-Staatsschuldenkrise war der erste Streich, doch der nächste folgt sogleich: Jetzt soll die EZB in die nächste Runde gehen und verhindern, dass sich Euroland den japanischen Deflationsvirus einfängt. Die EZB wird nach ihrer mittlerweile shariakonformen Zinspolitik zusätzlich die Liquiditätshähne weit aufdrehen. Aber die EZB stößt an ihre Grenzen. Denn warum sollten Banken zinsgünstigste Kredite an Unternehmen vergeben, wenn eine stagnierende Wirtschaft die Renditeaussichten gegen Null gehen lässt? Aber ohne dieses Moos, ist eben auch nix los!

Den letzten Schritt kann die EZB nicht gehen. Oder soll sie volkswirtschaftliche Ersatznachfrage schaffen, in dem sie Überproduktionen an Möbeln oder Autos aufkauft, um sie dann irgendwo in Euroland auf einem ausrangierten Großflughafen kontrolliert verrotten zu lassen?

Kann die Euro-Volkswirtschaft nicht auf eigenen Füßen stehen, wird man auf die schlaue Idee kommen, neue Schulden zur Stabilisierung des Euro-Vaterlands über die Druckerpresse der EZB zuzulassen. Also ich habe noch nie von einer Volkswirtschaft gehört, in der die Staatswirtschaft erfolgreich die Privatwirtschaft ersetzt hat.

Die Gefahr ist also groß, dass dieser glänzende Ausweg eine Sackgasse ist. Am Ende hat Euroland noch mehr Schulden, und dennoch nur eine Wirtschaft, die stagniert und deflationiert. Seit 2008 lassen sich bereits ungünstige Entwicklungen feststellen.

Die Anlageklassen wird es jedoch freuen. Denn diese werden geldpolitisch aufgebläht.

Aber nur eine privatwirtschaftlich prosperierende Wirtschaft ermöglicht die ordentliche Staatsschuldenbedienung und sorgt für ein Mindestmaß an Inflation. Die ist nämlich gar nicht so schlecht. Aber auf jeden Fall besser als Deflation.

 In der Staatsschuldenfrage zeigt die Deflation ihre besonders hässliche Fratze

Erzielt die Wirtschaft also keine positiven Erträge, macht sich der fatale Charakter von Staatsschulden als Fixkosten schnell negativ bemerkbar. Ähnlich wie Mieten, die auch dann in voller Höhe entrichtet werden müssen, wenn am Ende des Geldes noch viel Monat übrig bleibt, sind Schulden auch dann in voller Höhe zu bezahlen, wenn sich eine Volkswirtschaft in Schrumpfung befindet. Sinkende Preise machen fixe Verbindlichkeiten schwer wie Blei.

Zum Schluss bleibt dann der Politik nur noch der Ausweg, die überbordende Staatsverschuldung mit Steuererhöhungen in den Griff zu bekommen, wohlwissend, dass man damit der Privatwirtschaft endgültig den Boden unter den Füßen wegreißt. Und wenn alle Stricke reißen, geht es zu wie beim Friseur: Schuldenabbau wie beim Haircut.

Hoffen wir, dass die Damen und Herren Politiker nicht nur auf die eingängige Melodie von Money cant buy me love achten. Auf den Text kommt es an. Zur Not besorgt man sich eine Übersetzung.

Rechtliche Hinweise / Disclaimer und Grundsätze zum Umgang mit Interessenkonflikten der Baader Bank AG: http://www.bondboard.de/main/pages/index/p/128

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