Jonglieren mit Inflation, Zinsen und Trump

Der onvista-Börsenfuchs · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Hallo Leute! „Inflation setzt Draghi unter Druck“, titelt das Handelsblatt, weil die Preise in Deutschland und in der Euro-Zone jetzt viel stärker als vorhergesagt geklettert sind. Der Expertenstreit über die Geldpolitik der EZB verschärft sich. Plus 2,2 Prozent (Deutschland) bzw. 2,0 Prozent (Euro-Zone) sind ein Signal, den Geldkurs zu ändern - das von den Währungshütern angepeilte Ziel ist erreicht. Ist es das wirklich? Ihr werdet dazu jetzt ‘ne Menge lesen können, meine Freunde, und zwar voll Unterschiedliches. Aber was heißt das für die Börse? Ich hab mir zwei aktuelle Statements rausgegriffen, beide vom Fonds-Kongress in Wien. Nur sind Inflation und Zinsen nicht die alleinigen Verantwortlichen für die Stimmung an den Märkten.

Philipp Vorndran, Kapitalmarktstratege des Kölner Vermögensverwalters Flossbach von Storch, hat sich in Wien vehement für Aktieninvestments ausgesprochen (das gefällt mir): „Es gibt weit und breit keine Anlageklasse, die auch nur ansatzweise so attraktiv ist. Die Immobilie hat vorgemacht, welche Preisentwicklung in Zeiten niedrigster Zinsen möglich ist.“ Total passend dann der Vergleich des bekannten Volkswirts: Für Aktien spreche nicht zuletzt die Tatsache, dass es sich um ein einfaches, geradezu pflegeleichtes Investment handele. „Denn bei einem Aktienportfolio klingelt nicht nachts um 3 Uhr der Mieter an der Tür und sagt, die Kloschüssel sei kaputt.”

Auch wenn sie momentan die Ausnahme sind - es gibt auch warnende Stimmen. Donald Trump versteht es, den Finanzmärkten zu geben, was sie wollen, erläuterte Star-Fondsmanager Klaus Kaldemorgen: „Finanzmärkte reagieren immer auf bestimmte Reize, die Trump nahezu perfekt bedient. Trumps Gabe, komplexe Inhalte sehr einfach darzustellen, komme nicht nur bei Wählern, sondern auch bei Investoren an. Er verspricht Deregulierung, Steuersenkungen und höhere Staatsausgaben. Dennoch: Allzu lange werde die Hausse am US-Aktienmarkt nicht mehr dauern, prophezeit Kaldemorgen. Auf Dauer würde die vom neuen US-Präsidenten angezettelte Anti-Globalisierungs-Debatte der Weltwirtschaft schaden: „Ich fürchte, dass der Trump-Boom ein Strohfeuer ist.”

Kann man es sich vor diesem Hintergrund als Anleger ganz einfach machen und weiter volle Kanne auf Aktien setzen? Logo, man kann. Ich befürchte aber, so einfach und gradlinig wird 2017 nicht. Mir fällt dazu ein Vergleich mit dem Jonglieren ein, das man in der Regel mit drei Bällen lernt: Inflation, Zinsen und Trump. Mal wird das ein, mal das andere für die Finanzmärkte im Vordergrund stehen. Und die Politik bei den Amis wie bei uns (Zukunft Europas, wichtige Wahlen) ist noch unberechenbarer als Teuerungsraten und die Geldpolitik der Notenbanker. Die persönliche Geschicklichkeit beim Umgang mit den aktuellen Einflüssen wird also den Börsenerfolg mitbestimmen. Vorsichtshalber halte ich an meiner Empfehlung für kurz- bis mittelfristig anlegende Aktienfans fest, zwischendurch immer mal Gewinne mitzunehmen.

PS.: Hier noch eine Zahl zum Kopfschütteln: Weltweit haben Banken seit der Finanzkrise insgesamt 305 Milliarden Euro an Strafen gezahlt! Knapp zwei Drittel entfielen davon auf Institute aus Nordamerika, ein Drittel auf europäische Geldhäuser. Allein im vergangenen Jahr wurden zusammen 40 Milliarden Euro fällig. Das geht aus dem Bericht “Staying the Course in Banking” der Boston Consulting Group hervor. Laut der Studie gehören zu den bestraften Vergehen unter anderem Marktmanipulationen sowie Verstöße gegen Geldwäschegesetze und Terrorfinanzierung. Schöne Welt!

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