Keine Inflation – die neue Angst

Der onvista-Börsenfuchs · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Hallo Leute! Es gibt Meldungen, die eigentlich nix Neues beinhalten - und einen trotzdem ins Grübeln bringen. Mir ging das so am Vatertag (geiles Wetter!) mit folgender Reuters-Nachricht: Die Europäische Zentralbank (EZB) erwartet wegen der billigen Energie eine anhaltend schwache Preisentwicklung im Währungsraum. Auch in den kommenden Monaten sei deshalb mit negativen Inflationsraten zu rechnen, teilte die EZB in ihrem am Donnerstag veröffentlichten jüngsten Wirtschaftsbericht mit. Anziehen werden die Preise nach Einschätzung der EZB-Experten erst wieder im späteren Jahresverlauf. Im April waren die Verbraucherpreise in der Euro-Zone um 0,2 Prozent gefallen, nachdem sie im März noch stagniert hatten. Die EZB strebt dagegen knapp 2 Prozent Inflation als optimalen Wert für die Wirtschaft an.“

Das Problem ist längst bekannt. Und Inflation im ursprünglichen Sinn haben wir schon lange nicht mehr. Dafür diskutieren Analysten und Volkswirte übers Gegenteil - Deflation. Die gilt als noch schädlicher, ja sogar gefährlicher, weil man kaum Erfahrung mit ihrer Bekämpfung hat. Inflation wird heute einfach als Bezeichnung für den monatlich ermittelten Lebenshaltungskosten-Index gebraucht, auch wenn der gar nicht mehr steigt. Aber das soll sich endlich ändern, im Jahresverlauf. Ich glaube noch nicht so recht daran - zu oft haben sich Experten und „Experten“ gerade hier schon geirrt.

Worum es mir heute geht, ist aber Euch ins Bewusstsein zu rufen, wie sich die Welt doch verändert. Jahrzehntelang diskutieren alle über die schlimmen Folgen der Inflation für die gesamte Volkswirtschaft. Man sollte sich gefälligst um Geldwertstabilität bemühen, wurde lauthals gefordert. Das ist vor allem Sache der Notenbank. Übrigens: Wenn Engländer oder Amis über die „German Angst“ spötteln, dann bezieht sich das oft auch auf die Inflation (was historische Gründe hat). Und jetzt macht uns anhaltende Geldwertstabilität immer mehr Kummer. Grotesk. Das Ganze hängt mit den Ölpreisen eng zusammen. Anfangs haben sich nicht nur die Börsen über die Verbilligung der Energie gefreut. Inzwischen ist Öl angeblich viel zu billig geworden - und man freut sich über die „Erholung“ der internationalen Notierungen während der vergangenen Wochen. Hey, ist das noch normal?

Ich komme nochmals auf die kürzlich veröffentlichte McKinsey-Studie zurück, die den Versuch einer 20-jährigen Vorausschau wagt. Hauptaussage für die Anleger ist: Die fetten Jahre mit fallender Inflation und sinkenden Zinsen sind vorbei. In den vergangenen drei Jahrzehnten brachten Aktien und Anleihen (!) in Europa durchschnittlich knapp 8 Prozent p.a. real (nach Abzug der Inflation). Davon sollten sich die Anleger jetzt verabschieden. Im besten Szenario geht McKinsey bei einer Erholung des Wirtschaftswachstums von 6% Performance europäischer Aktien und nur 2% Ertrag der Anleihen aus. Bleibt es aber bei geringem Wachstum, können Aktienanleger nur noch mit jährlich 4,5 % rechnen und Anleihen würden Nullkommanix bringen.

Ich weiß ehrlich gesagt nicht so recht, was ich davon halten soll. Möglich, dass sich die Dinge so oder ähnlich entwickeln werden. Ich kann mir aber noch nicht vorstellen, dass wir in ein, zwei Jahren wieder von der „alten Angst“ befallen werden, weil die Inflation deutlich über die von der Notenbank angepeilten knapp 2% ansteigt. Dann würde auch die Diskussion über „Aktien ein Inflationsschutz?“ wieder einsetzen. Jetzt schon mal die klare Antwort: Jaaa, solange sie nicht lostrabt! Aber das ist wirklich nicht in Sicht. Deshalb war die Aktie gestern eine sinnvolle Anlage, sie ist es heute noch und wird es morgen bleiben!

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