Lieber nicht so viel erwarten

Der onvista-Börsenfuchs · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Hallo Leute! Auf meinen Bauch (obwohl umfangtechnisch stark geschrumpft) kann ich mich momentan ziemlich verlassen. Er verhindert Übermut. Und meine Nase, in der Natur bewährt, gibt mir die kurzfristigen Börsensignale. Darum geht’s aktuell: Was Reinhold Messner und Friends nie gelingen kann, ist für Dax & Co. kein Problem mehr - den 10.000er zu bezwingen. So hoch sind die Gipfel bekanntlich selbst im Himalaya nicht. Nur, wie lange hält es unser Aktienindex in der Höhenluft aus? Ich hatte, wie hier gesagt, schon seit Tagen ein ungutes Gefühl.

Aber ich gehe mal davon aus, dass die Lage für die Anlagestrategen (und damit für Euch) voll unübersichtlich bleibt. Dazu tragen auch die jüngsten internationalen Studien mit ihren weit auseinander gehenden Aussagen bei. Mein Rat gilt also unverändert - Mut und Risikobereitschaft mit einer gehörigen Portion Vorsicht zu mischen!

So werden sich die Skeptiker bestätigt sehen, wenn sie das Interview mit dem Chef-Anlagestratege Deutschland des weltgrößten Vermögensverwalter Blackrock lesen. Nur Stichworte daraus: Die in den vergangenen Wochen gesehene risikofreundlichere Stimmung an den Aktienmärkten steht auf tönernen Füßen. Viele Firmen überzeugen nicht mit ihren Zahlen. Nachrichten werden an einem Tag positiv, am nächsten negativ ausgelegt. Die Zeiten heute scheinen so komplex wie vielleicht zuletzt vor der großen Depression Ende der zwanziger Jahre.

Dazu passt ein Langfrist-Studie von McKinsey: Die fetten Jahre sind vorbei. Wertpapiere bringen künftig viel weniger Rendite als in den vergangenen Jahrzehnten. Anleger müssen ihre Erwartungen senken (aber Aktien bringen weiter am meisten!). Und die bekannte niederländische Fondsgesellschaft Robeco rechnet in einer mehrjährigen Prognose vor, dass Anleihen real (Zins minus Inflation) sogar zu „Geldvernichtern“ werden können.

Nee, das ist mir heute, ein Tag nach Bayern München, zu negativ. Außerdem kann man über den Nutzen mehrjähriger Vorhersagen in dieser schnelllebigen, verrückten Welt total gut streiten. Was mir gefällt, ist eine Bilanz von Boston Consulting über die erfolgreichsten Aktien. Denn gemessen am Total Shareholder Return (Kursgewinn der Aktie plus Dividende) stehen amerikanische Bluechips ganz oben - und zwar aus Branchen, die auch künftig favorisiert werden dürften: Pharma und Technologie. Zu den Top-Werten gehören u.a. Regeneron Pharmaceuticals, Gilead Sciences, Visa, Netflix, Mastercard und Chinas Spitzenwert Tencent.

Andererseits zeigt eine Studie im Auftrag von AXA Investment Manager, dass Anleger Small Caps häufig aus Angst vor kurzfristiger Volatilität meiden. Dadurch können sie auf lange Sicht Chancen verpassen. Small Caps (auch Nebenwerte genannt) machen immerhin 15 Prozent des globalen Aktienuniversums aus. 46 Prozent der Befragten nehmen vor allem wegen der Volatilität Abstand von Investments in Nebenwerte. Im Vergleich zu Standardwerten fehlt es im Small-Cap-Segment häufig an Research, und die Preisbildung erscheint vielfach chronisch ineffizient. Die Deutsche-Bank-Strategen hauen heute in die gleiche Kerbe: In den letzten zehn Jahren hat der MDax mit einem Anstieg um 129 Prozent den Dax mit seinen plus 67 Prozent weit übertrumpft. Laut wissenschaftlichen Untersuchungen sei es allerdings typisch, dass Unternehmen mit geringerer Marktkapitalisierung den Gesamtmarkt schlagen. Der MDax sei aber auch höher bewertet und mit 93 Prozent zyklischen Werten zudem noch konjunkturabhängiger als der „große Bruder“ Dax. Und dann heißt es bei den Bankern: „Angesichts der Unsicherheiten am Markt waren jüngst entgegen der Wissenschaft eher defensive Aktien gesucht.“ Jo. Dieses Verhalten halte ich für durchaus vernünftig, meine Freunde, denn Vorsicht ist bekanntlich die Mutter eines erfolgreichen Aktiendepots.

Post an den Börsenfuchs: boersenfuchs@onvista.de

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