Löhne hinken deutscher Wirtschaftsleistung hinterher

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Die Löhne in Deutschland hätten in den vergangenen Jahren teils deutlich stärker steigen können. Der Spielraum wäre laut einer DIW-Studie vorhanden gewesen. Besonders in der Industrie hinkt die Lohnentwicklung hinterher.

In vielen deutschen Wirtschaftsbranchen wären in den vergangenen zehn Jahren höhere Lohnsteigerungen möglich gewesen. Nach Angaben des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) habe ein Vergleich zwischen Lohn- und Produktionsentwicklung gezeigt, dass der Spielraum für höhere Löhne nicht ausgeschöpft worden sei. Diese seien pro Jahr im Schnitt um 0,3 Prozent hinter dem zurückgeblieben, was angesichts der Wirtschaftsleistung möglich gewesen wäre.

Arbeitgeber hätten nach DIW-Angaben von der wirtschaftlichen Entwicklung der vergangenen zehn Jahre stärker profitiert als Arbeitnehmer. Für den geringen Lohnanstieg seien vor allem bedeutende Industriezweige verantwortlich gewesen, in denen bereits relativ hohe Löhne gezahlt werden und die Entgelte auch teils kräftig gestiegen seien. “Es wären also noch deutlich höhere Lohnzuwächse möglich gewesen, ohne der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu schaden”, sagte DIW-Arbeitsmarktexperte Karl Brenke.

In anderen Branchen seien die Löhne hingegen stärker gestiegen, als dem Verteilungsspielraum angemessen gewesen wäre. “Das war etwa bei den Unternehmensdienstleistungen wie den freiberuflichen und technischen Diensten sowie in der Forschung und Entwicklung der Fall”, so Brenke. Zuletzt hatten auch beim Handel die Löhne stärker als die Wirtschaftsleistung zugelegt.

Industrie hinkt besonders hinterher

Verantwortlich für die unzureichende Ausschöpfung sei vor allem das Produzierende Gewerbe. Besonders in Branchen wie dem Fahrzeugbau, dem Maschinenbau, der Metallerzeugung und der chemische Industrie wurde laut der DIW-Studie der Spielraum nicht ausgenutzt. In diesen Bereichen hätten die jährliche Lohnanhebungen seit 2003 um 0,8 Prozent höher ausfallen müssen.

Angesichts der unterschiedlichen Entwicklungen in den einzelnen Wirtschaftszweigen rät Brenke den Gewerkschaften, sich bei ihren Lohnforderungen nicht an einem gesamtwirtschaftlichen Durchschnitt ausrichten. “Pauschalforderungen etwa nach einem Plus von mindestens drei Prozent sind nicht sinnvoll, wenn beispielsweise eine Vier vor dem Komma im Fahrzeugbau, bei Teilen der Chemieindustrie oder im Maschinenbau obligatorisch sein sollte”, so der DIW-Experte.

In den vergangenen zehn Jahren sind die Tariflöhne in Deutschland real, also nach Abzug der Preissteigerung, nur gering gestiegen. Noch schlechter war die Entwicklung unter Berücksichtigung der nicht tariflichen Einkommen. Immer mehr Ökonomen plädierten zuletzt für starke Lohnerhöhungen, um damit die Binnennachfrage anzukurbeln und die Wirtschaftsschwäche in Europa zu überwinden. Auch die Bundesbank schloss sich jüngst dem Ruf nach höheren Löhnen an.

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