Lufthansa-Chef Spohr sieht seine Airline am Wendepunkt

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Die Lufthansa-Aktie war in Folge des Brexit-Votums einer der größten Verlierer am deutschen Aktienmarkt. Doch die Probleme der Airline reichen tiefer.

Lufthansa-Vorstandschef Carsten Spohr sieht sein Unternehmen “an einem Wendepunkt, der eine unternehmenshistorische Dimension hat”. Wie er gegenüber dem Hamburger Wirtschaftsmagazin Bilanz sagte, sei das Jahr 2015 “mit Abstand das emotional schwierigste Jahr in der Geschichte des Unternehmens” gewesen. Der Absturz der Germanwings-Maschine sowie die Tarifkonflikte hätten die “Lufthansa-Familie an den Rand dessen geführt, was man ertragen kann”.

Am Donnerstag immerhin konnte die Lufthansa dem langwierigen Tarifkonflikt mit ihren Flugbegleitern beilegen. Nach Angaben der Gewerkschaft Ufo liege "ein umfassendes Schlichtungsergebnis vor, das von beiden Seiten akzeptiert wurde". Die Vereinbarung sei aber "noch en Detail aufzuarbeiten". 

Unzufrieden zeigte sich Spohr mit dem vergleichsweise geringen Börsenwert der Lufthansa von zurzeit 4,85 Mrd. Euro. Er sehe darin “den Wert unserer Gruppe mit profitablen Töchtern wie Lufthansa Technik, LSG Skychefs, Miles and More oder auch Airplus nicht reflektiert”. Lufthansa sei “mehr als eine Airline, das müssen wir am Kapitalmarkt noch deutlicher herausstellen”.

Brexit-Votum und Analysten-Kommentar belasten

Die Aktie der Lufthansa hatte in den Tagen nach dem britischen Brexit-Votum massiv an Wert eingebüßt. In der Spitze verloren die Papiere rund 18 Prozent auf 9,90 Euro, konnten sich zuletzt aber etwas erholen und notierten am Donnerstag bei gut 10,50 Euro.

Der geplante britische EU-Austritt des Vereinigten Königreichs hat die Aktien der meisten europäischen Fluglinien unter Druck gesetzt. Da die europäische Wirtschaft langsamer wachsen werde, dürfte auch die Nachfrage nach Flugreisen auf dem gesamten Kontinent leiden, sagte Luftfahrt-Analystin Alexia Dogani von der Bank Goldman Sachs. In der Folge dürfte die Zahl der Passagiere in Europa bis 2018 jährlich nur noch um drei Prozent zunehmen anstatt der bislang erwarteten Wachstumsrate von 4,5 Prozent pro Jahr.

Herbe Verluste müssten die Papiere der Lufthansa zuletzt aber auch wegen eines kritischen Analysten-Kommentars einstecken. Die US-Investmentbank Goldman Sachs hatte am Montag das Kursziel auf 10 Euro gesenkt und ihre Verkaufsempfehlung bestätigt.

Spohr fordert Kostenentlastung

Lufthansa-Chef Spohr klagte gegenüber der Zeitschrift Bilanz zudem über die hohen Flughafenkosten und die Gebühren der Flugsicherung. Sie stellten den größten Kostenblock des Unternehmens dar. “Zumindest von einem Teil der Sicherheitskosten am Boden” müsse die Lufthansa entlastet werden, so Spohr. Diese seien “Staatsaufgabe und dürften nicht voll von uns zu tragen sein. Die Bahn beispielsweise zahlt nur 20 Prozent, der Fußball null”.

Spohr zeigte sich jedoch zuversichtlich, in wenigen Jahren mit der jungen Zweitmarke Eurowings Gewinne erwirtschaften zu können. Dabei spielen die Flughäfen Düsseldorf, Köln und Berlin eine tragende Rolle, denn sie sollen mehr Eurowings-Langstreckenverbindungen erhalten: “Wir ersparen den Kunden dann auch im interkontinentalen Verkehr das Umsteigen und bieten Punkt-zu-Punkt-Flüge.”

Der Lufthansa-Umsatz erreichte zuletzt 32 Mrd. Euro, der Gewinn stieg auf 1,8 Mrd. Euro. Das Unternehmen profitierte dabei vom Tiefstand der Kerosinpreise und von Spohrs Sparpolitik.

OnVista/dpa-AFX
Foto: EQRoy/shutterstock.com

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