Marktstimmung: "Die Angst, ins fallende Messer zu greifen"

BÖRSE FRANKFURT · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Die Anleger reagieren zwar mit Positionierungen auf die jüngsten Kursverluste, allerdings nur in geringem Umfang, was dem Markt nützen könnte.

4. Mai 2016. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Eigentlich sind es keine neuen Themen, die die Aktienmärkte derzeit bewegen und letztlich unter Druck gesetzt haben. Vor allem auf dem Weg nach unten sind es immer wieder die typischen Informationen, die regelmäßig als Erklärung für Kursentwicklungen herhalten müssen: Sei es, dass aus China wieder schlechtere Konjunkturdaten kommen, die Rohölpreise nach unten tendieren und der Euro für die exportorientierten Unternehmen wieder einmal viel zu teuer ist. Saisonbedingt kommt dann auch noch die "Sell in May"-Regel ins Spiel, die man eigentlich gar nicht mehr hören kann. Auch wenn manche Statistiker stellenweise durchaus profitable Strategien daraus ableiten wollen, ist diese angebliche und mithin berühmteste Anleitung zum Geldverdienen nicht gerade als zuverlässig zu bezeichnen. Vielmehr ist man in der Vergangenheit eben durch Aktienverkäufe irgendwann im Mai und - so besagt es der zweite Teil der Regel - späteren Rückkäufen irgendwann im September nicht stets reicher, sondern mitunter auch ärmer geworden.

Dennoch: Oberflächlich betrachtet könnte man durchaus meinen, die mittelfristig orientierten Investoren unserer Stimmungserhebung hätten diesbezüglich den richtigen Riecher gehabt. Allerdings glauben wir kaum, dass Investmentprofis sich tatsächlich von solchen Börsenweisheiten beeinflussen lassen. Und wenn doch, dann sind sie zumindest denjenigen, die den Start in den Mai abgewartet haben, bereits Mitte vergangener Woche in weiser Voraussicht zuvorgekommen. Denn der Börse Frankfurt Sentiment-Index lag zu jener Zeit bereits deutlich unter dem Jahresmittel und hat heute mit einem Stand von +9 Punkten noch einmal um einen Zähler nachgegeben. Gut möglich, dass die beliebte Börsenregel im kommenden Jahr in "Sell in April" geändert wird.

Gewinne reizen nur wenige

Die Privatanleger haben sich unterdessen von derlei Betrachtungsweisen zumindest zum Teil nicht beeinflussen lassen, sondern offenbar den Abtaucher des DAX unter die 10.000er Linie und dessen Wochenverlust von mehr als 3 Prozent zu Rückkäufen genutzt. Dies zeigt zumindest der Börse Frankfurt Sentiment-Index für diese Gruppe an, der um 5 Punkte Zähler auf einen Stand von +13 Punkte zugelegt hat. Allerdings liegt der Sentiment-Durchschnittswert bei diesem Panel in diesem Jahr bislang über +20 Punkten, sodass auch bei dieser Gruppe immer noch von einem relativ gesehen leichten Pessimismus gesprochen werden kann.

Entgegen unserer Erwartung hat sich per Saldo also nur ein kleinerer Teil der von uns befragten Anleger vom Rücksetzer des DAX vor allem während der vergangenen Tage zu einem Wiedereinstieg verlocken lassen. Denn gemessen an früheren Kursentwicklungen wären neue Engagements angesichts einer Aktienmarktkorrektur von rund 600 DAX-Zählern innerhalb von knapp zwei Wochen durchaus reizvoll gewesen. Möglicherweise stehen aber auch die negativen Erfahrungen aus dem Kurssturz des DAX der ersten Wochen dieses Jahres einem Neueinstieg entgegen. Die Angst vor dem Griff ins fallende Messer wird nämlich immer dann wachgerüttelt, wenn Anleger hierzulande von schlechten
Konjunkturnachrichten aus China ereilt werden.

Die derzeitige Stimmungslage sowohl der institutionellen als auch der privaten Investoren vermittelt jedenfalls den Eindruck, dass noch genug Potenzial vorhanden ist, um den DAX im Falle weiterer Kursrückgänge stützend zur Seite springen zu können. Andererseits wird aber auch erkennbar, dass die heimischen Anleger an den jüngsten Abwärtsbewegungen des Börsenbarometers nur in ganz geringem Umfang beteiligt waren.

von: Joachim Goldberg© 4. Mai 2016 - Goldberg & Goldberg für boerse-frankfurt.de

Der Börse Frankfurt Sentiment-Index bewegt sich zwischen -100 (totaler Pessimismus) und +100 (totaler Optimismus), der Übergang von positiven in negative Werte markiert die neutrale Linie. Die Werte des früheren Cognitrend Bull/Bear-Index sind auf die neue Skalierung umgerechnet worden.

Der Börse Frankfurt Sentiment-Index bewegt sich zwischen -100 (totaler Pessimismus) und +100 (totaler Optimismus), der Übergang von positiven in negative Werte markiert die neutrale Linie. Die Werte des früheren Cognitrend Bull/Bear-Index sind auf die neue Skalierung umgerechnet worden.

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