Medialer Wahnsinn Zinserhöhung

Stefan Riße · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Ich kann mich nicht erinnern, dass über eine Zinserhöhung in deutschen Medien so breit und prominent diskutiert und berichtet wurde, wie über die am Mittwoch durch die US-Notenbank Federal Reserve (Fed). 20:00 Uhr war die Entscheidung draußen und sowohl die “Tagesthemen” als auch das “Heute Journal” machten ein extra Thema daraus. Weil in den Finanzmedien nun schon seit vielen Monaten über dieses Thema berichtet wird, muss man selbst als erfahrener Börsianer da schon aufpassen, nicht von der dummen Herde mitgerissen zu werden, und diesen Non-Event doch als etwas großes und wichtiges zu betrachten. Denn das ist diese Zinserhöhung nicht!!!

Null oder 0,25 Prozent - völlig egal!

An den Analystenkommentaren der vergangenen Wochen war abzulesen, dass nur noch wenige einen klaren Kopf bewahren konnten. In keinem Börsenkommentar fehlte der Hinweis auf die anstehende Zinsentscheidung, und das mehr oder weniger davon alles Weitere abhänge. So ein Unsinn. Wer glaubt denn wirklich, dass ein Zins von nun 0,25 Prozent anstatt null Prozent Kapitalströme umlenkt. Weil es nun einen „attraktiven“ Viertelprozentpunkt gibt, soll das ganze Geld aus den Schwellenländern nun zurück nach Amerika fließen oder raus aus Aktien und rein in Festzinsanlagen. Das ist zum Lachen.

Immer noch tiefer als das letzte Zinstief

Niemand kam auf die Idee, mal daran zu erinnern, dass nach den Terroranschlägen vom 11. September der Zins auf ein Prozent heruntergeschraubt wurde. Dieses Zinsniveau haben wir damals bereits als historisch extrem tief betrachtet. Und nun soll ein Viertel davon bereits die Welt verändern? Selbst wenn die Fed die Zinsen im kommenden Jahr weiter anhebt, mehr als auf ein Prozent wird es sicher nicht sein, und das bedeutet nach wie vor historisch tiefe Zinsen. Ohnehin wird es auf die weitere Entwicklung ankommen, die Notenbankchefin Janet Yellen doch selbst nicht kennt. Es ist die Entwicklung der Inflation, des Arbeitsmarktes und des Dollars, die ihr weiteres Handeln bestimmt.

Kein neuer Zinserhöhungszyklus

Nur wenn die genannten Faktoren es notwendig machen oder in Bezug auf den Dollarkurs erlauben, wird es weitere Zinserhöhungen geben. Kommt es zu einer Serie von Zinserhöhungen, dann heißt es, sich aus dem Aktienmarkt zu verabschieden. Doch daran glaube ich nicht. Viel zu hoch ist die Verschuldung und zu einschneidend die Erfahrung mit dem letzten Zinserhöhungszyklus, der die Immobilienblase platzen ließ. Auch einen noch festeren Dollar können die USA nicht verkraften. Zinserhöhungsdiskussionen könnten 2016 daher von der Agenda verschwinden. Für die weitere Entwicklung der Aktien ist das auf jeden Fall gut.

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