Neuwahlen in Großbritannien – Verunsicherung an Finanzmärkten

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Völlig überraschend kündigt Premierminister May Neuwahlen an. Anleger werden auf dem falschen Fuß erwischt. Das Pfund vollzieht eine Berg- und Talfahrt.

Premierministerin Theresa May hat überraschend Neuwahlen in Großbritannien angekündigt. Damit will sich die konservative Politikerin die volle Rückendeckung des Parlaments für den geplanten Ausstieg des Landes aus der Europäischen Union sichern. Die Parlamentswahl soll bereits am 8. Juni stattfinden, sagte May in einer kurzfristig angekündigten Erklärung am Dienstag in London.

Bereits am Mittwoch sollen die Abgeordneten den Weg dafür frei machen. May benötigt dafür eine Zweidrittelmehrheit im Unterhaus.

MAY WILL MEHR EINIGKEIT DES PARLAMENTS

Sie begründete den Schritt damit, das Parlament sei sich uneinig über den geplanten EU-Austritt ihres Landes. "Das Land kommt zusammen, aber Westminster tut dies nicht", sagte May. Ohne Einigkeit drohe Unsicherheit und Instabilität, Großbritannien brauche eine starke und stabile Führung. "Vom Brexit gibt es kein Zurück", betonte May.

Die konservative Politikerin hatte Neuwahlen bislang ausdrücklich ausgeschlossen. Sie musste sich aber immer wieder gegen Vorwürfe wehren, sie habe kein Mandat. May war im Juli 2016 von ihrer Partei ins Amt gewählt worden, nachdem ihr Vorgänger David Cameron nach dem Brexit-Votum am 23. Juni zurückgetreten war.

KONSERVATIVE BEI UMFRAGEN VORNE

Regulär sollte erst wieder im Jahr 2020 gewählt werden. Jüngste Umfragen deuten darauf hin, dass Mays Konservative einen erheblichen Vorsprung vor der oppositionellen Labour-Partei hat und ihre Regierungsmehrheit erheblich ausbauen könnte.

Erst Ende März hatte May offiziell die Austrittserklärung ihres Landes aus der EU vorgelegt. Die Entscheidung Mays für Neuwahlen könnte den Beginn der Austrittsverhandlungen verzögern. Dem Vertrag von Lissabon zufolge hat die britische Regierung zwei Jahre Zeit für die Austrittsgespräche. Diese Frist läuft im März 2019 ab. May hat einen harten Kurs für die Verhandlungen mit Brüssel angekündigt. Das Land soll sowohl den Europäischen Binnenmarkt als auch die Zollunion verlassen.

Widerstand droht aus Schottland und Nordirland. Die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon kündigte im Streit um den Brexit bereits ein weiteres Unabhängigkeitsreferendum an. May weigert sich bislang mit Sturgeon darüber zu verhandeln. Nordirland steckt in einer Regierungskrise, bei der kein Ende absehbar ist. Die katholische pro-republikanische Sinn-Fein-Partei hat bereits eine Wiedervereinigung mit der Republik Irland gefordert.

WÄHRUNG IM AUF UND AB

Die Aussicht auf vorgezogene Neuwahlen in Großbritannien hat an den Finanzmärkten für Verunsicherung gesorgt. Anleger flüchteten zwischenzeitlich in als sicher geltende Anlagehäfen, trauten sich kurz darauf aber wieder in riskantere Papiere.

Einzig am britischen Aktienmarkt war die Kursreaktion eindeutig: Es ging bergab. Der wichtigste britische Aktienindex FTSE 100 fiel bis zum frühen Nachmittag um 1,7 Prozent bis auf 7203,81 Punkte auf den tiefsten Stand seit dem 24. Februar. Die Stimmung an der Londoner Börse war allerdings bereits vor der Ankündigung von Neuwahlen schlecht.

Die Kurse britischer Staatspapiere und des britischen Pfunds reagierten unterdessen uneindeutig. Das Pfund verlor nach der überraschenden Ankündigung einer Erklärung Mays mehr als ein halbes Prozent an Wert. Nachdem May dann die Neuwahlen angekündigt hatte, glich das Pfund die Verluste aber wieder aus und legte sogar zusätzlich über ein halbes Prozent zu. Zuletzt war ein Pfund fast 1,27 Dollar wert.

Als sicher geltende britische Staatsanleihen bekamen zwischenzeitlich deutlichen Zulauf. Die Rendite zehnjähriger Papiere fiel erstmals seit Oktober unter ein Prozent. Ähnlich wie beim Pfund kehrte sich die Kursbewegung hier aber nach der Veröffentlichung von Mays Erklärung um und die Renditen legten sogar gegenüber ihrem Ausgangsniveau kräftig zu.

POLITISCHE UNSICHERHEIT DÜRFTE SICH ERHÖHEN

Händler begründeten die deutliche Erholung nach der Neuwahl-Ankündigung damit, dass einige Anleger mit einer noch drastischeren Ankündigung Mays gerechnet hatten. Demnach sei zunächst neben Neuwahlen auch über einen Rücktritt der Regierungschefin spekuliert worden, was die Nachfrage nach sicheren Anlagen angeheizt habe.

Dennoch: Auch die Neuwahlen erhöhen die politische Unsicherheit, sagt Neil Wilson, Experte vom Broker ETX Capital. "Im Extremfall könnte dies sogar eine Abkehr vom gesamten Brexit-Prozess auslösen." Die uneindeutige Reaktion an den Finanzmärkten auf die Neuwahl-Ankündigung führt Jonathan Loynes, Experte beim Analysehaus Capital Economics, darauf zurück, dass die Neuwahlen sowohl Mays Position als auch die der Opposition stärken könnten.

POLITISCHE UNSICHERHEIT DÜRFTE SICH ERHÖHEN

Händler begründeten die deutliche Erholung nach der Neuwahl-Ankündigung damit, dass einige Anleger mit einer noch drastischeren Ankündigung Mays gerechnet hatten. Demnach sei zunächst neben Neuwahlen auch über einen Rücktritt der Regierungschefin spekuliert worden, was die Nachfrage nach sicheren Anlagen angeheizt habe.

Dennoch: Auch die Neuwahlen erhöhen die politische Unsicherheit, sagt Neil Wilson, Experte vom Broker ETX Capital. "Im Extremfall könnte dies sogar eine Abkehr vom gesamten Brexit-Prozess auslösen." Die uneindeutige Reaktion an den Finanzmärkten auf die Neuwahl-Ankündigung führt Jonathan Loynes, Experte beim Analysehaus Capital Economics, darauf zurück, dass die Neuwahlen sowohl Mays Position als auch die der Opposition stärken könnten.

OnVista/dpa-AFX Foto: Frederic Legrand – COMEO/shutterstock.com

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