Quo vadis, deutsche Konjunktur und deutscher Aktienmarkt?

Robert Halver · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Krisen sind immer geeignet, der Real- und der Finanzwirtschaft zuzusetzen. Fühlen sich Investoren verunsichert, nageln sie oft ihr Portemonnaie solange zu, bis die Krisen-Luft wieder rein ist. Auch Hühner, die verunsichert sind, legen keine Eier.

Natürlich könnten auch die im Augenblick im Doppelpack auftretende Krim-Krise und die Wirtschaftsprobleme in den Schwellenländern für weltwirtschaftliche Tränensäcke sorgen. Die konjunktur- und exportlastige deutsche Industrie weiß hiervon ein Liedchen zu singen. Wie kaum ein anderes Industrieland hängt Deutschland am Fliegenfänger der Weltwirtschaft: Geht es der Weltkonjunktur gut, fliegen wir mit den Adlern, geht es ihr schlecht, scharren wir mit den Hühnern. So hat das Platzen der Immobilienblase 2008 mit anschließendem Einbruch der Weltkonjunktur neben Japan keinem Industrieland so zugesetzt wie uns. Dann beim Wiederaufschwung ab 2010 wachsen nur die Schwellenländer und vielleicht noch die USA mehr als Deutschland. 

Das gleiche Bild zeigt sich am euroländischen Aktienmarkt. Bei Konjunktureintrübungen wie 2009 sind deutsche Aktien so empfindlich wie rohe Eier. Kommt die Weltwirtschaft wieder ins Laufen, hat der deutsche Aktien-Adler auch wieder die Lufthoheit.

Krim und China & Co. als unüberhörbare Molltöne für die deutsche Aktien-Musik?

Kommt es also erneut zum Konjunkturkrisen-Blues? Tatsächlich befinden sich die deutschen Frühindikatoren wie ZEW oder ifo nicht mehr auf der Überholspur. Gehen jetzt auch die Gewinne runter und schlagen Aktien k.o.?

Ich glaube an eine diplomatische Lösung der Krim-Krise, wenn der Westen die russische Annexion der Krim - wenn auch nicht offiziell, aber hinter vorgehaltener Hand - akzeptiert und dem russischen Bär sehr klar macht, dass ihm bei weiteren territorialen Gelüsten mit harten Sanktionen die Krallen gezogen werden. Die dann unhaltbare Kapitalflucht aus Russland würde der Flucht der Fliegen vor dem Insektenspray ähneln.

Im Augenblick erleben wir die große westliche Entrüstungs-Show, noch befindet sich das Sanktions-Ping Pong auf eher kindergartenähnlichem Niveau. Allerdings muss der Westen darauf achten, dass sich das Zeitfenster für weise Lösungen nicht schließt. Er muss das diplomatische Eisen schmieden, solange es heiß ist.

Natürlich würden bei einer Eskalation der Krim-Krise die verunsicherten Investoren Scheuklappen aufziehen und so ziemlich alle Schwellenländer unreflektiert in einen Sack stecken. Welcher große Kapitalanleger, der seinen Kunden regelmäßig Rechenschaft abgeben wird, will sich schon dem double trouble aus Kurs- und Währungsverlusten aussetzen?

Konjunkturkrisen sind dafür da, dass sie gelöst werden

Ja, die Emerging Markets haben fundamentale Probleme. In China haben wir vielleicht die Mutter aller Häuserblasen und die Schattenbanken scheinen ähnlich ungestüm zu sein wie Kaninchen in der Frühlingssonne. Aber die Pekinger Führung arbeitet hart daran, das Wirtschaftswachstum über mehr nachhaltigen Binnenkonsum und durch Vorziehen von Konjunkturmaßnahmen zu stabilisieren. Nichts anderes hat 2009 übrigens auch die westliche Welt getan. Offensichtlich wird aber in punkto China gerne mit zweierlei Maß gemessen. Einige sehen China als den Auslöser des ultimativen Zusammenbruchs der Finanzwelt.

Mir kann auch keiner weiß machen, dass sich die großen Notenbanken wie Duckmäuser verstecken, wenn die Weltkonjunktur Schnappatmung bekommt. War nicht gerade die Angst vor einer Weltdeflation ab 2009 der Startschuss für die größte, weltweit koordinierte, geldpolitische Rettung? Und dann soll diese bisherige Koalition der Willigen die Früchte ihrer Arbeit verdörren lassen? Auch US-Notenbankpräsidentin Janet Yellen hat nach eigenen Aussagen ein Auge auf die Krim. Sie durfte als Direktoriumsmitglied der Fed nach der Lehman-Pleite live miterleben, wie die US-Wirtschaft ähnlich zusammenfiel wie ein Auflauf, nachdem man ihn aus dem Backofen geholt hat. 

Und unser aller EZB? Sie wird durch ihre mindestens indirekte Konjunkturpolitik alles unternehmen, um einer nach der Europawahl vermutlich deutlich gestärkten Euro-renitenten Fraktion im Europaparlament das Wasser abzugraben:  Neue Schulden braucht Euro-Land, bekommt Euro-Land und werden Euro-Land von der Euro-Land-eigenen Notenbank finanziert.

Wir kriegen das wieder hin

Die nächste Zeit kann geopolitisch und konjunkturell durchaus turbulent werden und am Aktienmarkt mit hohen Kursschwankungen einher gehen.

Dennoch bleibe ich optimistisch, dass die Aktien-Sache spätestens im zweiten Halbjahr besser aussieht. Die Krim-Krise wird sich immer weniger als Bremsklotz erweisen und die Schwellenländer bauen weiter erfolgreich einen kaufkräftigen Mittelstand auf. Und die Geldpolitik wird auf der Mundharmonika sicher nicht Spiel mir das Lied vom Liquiditäts-Tod von sich geben.

Das alles ist Balsam für die deutsche Konjunktur und - über wieder verbesserte Gewinnschätzungen - auch für den deutschen Aktienmarkt. Aktuell bereits hilft der deutschen Wirtschaft, dass die Bundesbürger ohne Kredite, nämlich zulasten ihrer Ersparnisse konsumieren und Immobilien erwerben. Das spricht gegen instabile Konsumblasen der amerikanischen Machart.

Zu guter Letzt, wenn die Mehrheit der DAX-Unternehmen ihre Dividenden im Vergleich zu 2013 erhöhen, ist das wohl kaum Ausdruck einer Krisendepression. Oder würden sie als Unternehmenslenker bei bevorstehenden, schlechten Zeit ihr Geld verschleudern?

Bleiben Sie Aktien treu, insbesondere über Sparpläne. Glück auf!     

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