Rein kommt Ihr immer, raus nimmer!

Stefan Riße · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Wie man hört, soll es um den gesundheitlichen Zustand von Altkanzler Helmut Kohl nicht gut bestellt sein. So oder so wird Eines bleiben: Er ist der Kanzler der deutschen Einheit. Hartnäckig hält sich das Gerücht, er habe damals für die Zustimmung zur Wiedervereinigung insbesondere Francois Mitterand zugesagt, den Euro rasch einzuführen. Damit widersprach er und setzte sich über seine Jahre zuvor im Bundestag dargelegte Überzeugung hinweg, wonach die Einführung des Euros nicht vor der politischen Union erfolgen könne. Und so wurde Helmut Kohl nicht nur Vater der Einheit, sondern auch Vater der Einheitswährung.

Ein fataler Fehler mit Folgen

Bei allen Nörgeleien und Kulturunterschieden, die es noch immer hier und da zwischen Ost und West innerhalb Deutschlands auch geben mag, dass die deutsche Einheit positiv zu bewerten ist, da gibt es wohl so gut wie niemanden mehr, der daran zweifeln würde. Bei der Einheitswährung sieht es allerdings schon anders aus. Die Griechen empfinden den Euro schon lange als Belastung und auch in anderen Ländern wird seine Sinnhaftigkeit längst in Frage gestellt. Viel zu inhomogen waren die Wirtschaftsstrukturen bei der Einführung des Euro, als das die Länder der Eurozone für eine einheitliche Währung reif gewesen wären. Die nicht mehr vorhandene Möglichkeit, unterschiedliche Preis-, Lohn- und Produktivitätsentwicklungen durch Auf- oder Abwertung der Währung auszugleichen, stellt sich als fatales Problem heraus.

Raus ist ein Ding der Unmöglichkeit

Von Beginn an war die Europäische Währungsunion so gestrickt, dass es ein Raus nicht geben kann. Wahrscheinlich hatten die Experten, die die Details ausarbeiteten, geahnt, dass ein Austritt für das betreffende Land wie auch für den verbleibenden Währungsverbund in eine Katastrophe führen würde. Viele von ihnen waren selbst nicht von dem Projekt überzeugt. Der ehemalige Chefvolkswirt von Bundesbank und später Europäischer Zentralbank (EZB) Ottmar Issing gab dies einmal während einer Podiumsdiskussion, an der auch ich teilnahm, ganz offen zu.

Kurzfristige Katastrophe gegen langfristige Chance?

Griechenland steht nun vor einem Dilemma. Verlässt es den Euro, wird das Land zunächst ins Chaos stürzen, weil die neue eingeführte Drachme kein Vertrauen besitzen wird. Alle Waren, die importiert werden, müssten sich in Landeswährung im Preis vervielfachen. Eine humanitäre Katastrophe ist zu befürchten. Gut ausgebildete Leute sind bereits in Scharen ausgewandert, und dieser Aderlass würde weitergehen. In diesem Chaos mit unterzugehen, fürchtet auch die Regierung Alexis Tsipras. Wagt Griechenland aber diesen Schritt, indem es in den Verhandlungen hart bleibt, worauf der Abbruch der Gespräche durch den Internationalen Währungsfonds (IWF) hinweist, dann könnte das Land nach einer schweren Durststrecke mit seiner abgewerteten Währung und wieder hergestellter Wettbewerbsfähigkeit plötzlich zum Stehaufmännchen mit hohen Wachstumsraten werden. Dass Griechenland dann zum Vorbild für andere Peripherieländer wird, das wiederum fürchten die Verhandlungspartner in Brüssel.

Das Pokerspiel geht daher weiter und bietet zumindest Trading-Chancen an den Märkten.

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