Robin Hood gegen den Sheriff von Nottingham oder wie Griechenland die Eurozone verändern wird

Robert Halver · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Noch bevor die Frühlingsknospen sprießen, müssen sich die Kreditgläubiger und Griechenland geeinigt haben. Ansonsten ist das Land pleite und den Griechen geht es dann wirklich schlecht. 

Vor diesem Hintergrund könnte man jetzt denken, die griechische Regierung mag zwar kurzfristig über die Stränge schlagen und auftreten wie Graf Koks von der Gasanstalt. Am Ende wird sie aber aus Angst vor der nächsten Wahl spuren, um einen erzwungenen Grexit doch noch zu umgehen. Dieser wäre ohnehin kein Super-GAU mehr. Denn immerhin wird das Breitband-Antibiotikum der EZB Ansteckungsgefahren für andere Euro-Schuldnerländer nach Kräften verhindern. 

Aber so viele Gedanken, so viel Angst muss sich Griechenland gar nicht machen. Die Regierung Tsipras steht nicht allein gegen den Rest der Euro-Welt. Nein, Hellas hat Gesinnungsbrüder, die ein ganz wertvolles Pfund verlören, wenn Hellas den Euro-Familienverbund verließe. Nennen wir sie einfach mal Frankreich und Italien. Denn Athen, Paris und Rom bilden eine Achse der Ablehnung des Stabilitätskurses der Euro-Nordländer, insbesondere Deutschlands. So war es auch nicht verwunderlich, dass der neue griechische Finanzminister Varoufakis nicht zu allererst seinen deutschen Amtskollegen als Vertreter des größten Gläubigerlandes, sondern seine Kollegen in Frankreich und Italien besucht. Und wie haben sie sich gegenseitig geherzt. Dagegen erinnerte mich das spätere Treffen von Varoufakis und Schäuble an einen sehr kalten Winter. Ein besonderer Stabilitätsumfaller ist übrigens EU-Kommissionspräsident Juncker, der nach dem Motto Es muss zusammen bleiben, auch wenn es nicht zusammen gehört die Troika verbal schon mal fallen ließ wie eine heiße Kartoffel. Selbst US-Präsident Obama mischt sich ein und verlangt mehr Unterstützung für Griechenland. Man darf ein Land doch nicht kaputtsparen, oder?

Da geht sie hin, die Stabilitätsunion

Natürlich weiß man in Paris und Rom, das jede Unterstützung für Griechenland ein Sargnagel für die Reste der eurozonalen Stabilitätskultur ist. Frankreich, Italien und die EU-Kommission werden sich daher zügig mit Griechenland einigen. Vermutlich werden die Laufzeiten bilateraler Hilfskredite bis zum Sanktnimmerleinstag verlängert und der Schuldendienst sehr großzügig ausgesetzt. Und frisches Geld gibt es auch noch als Zugabe, damit Sozialabbau wieder aufgebaut wird. Mit Gegenleistungen wird man sich vornehm zurückhalten. Sonst würde man sich ja selbst unter Reform-Zugzwang setzen. Endlich wieder Zustände wie in der guten alten Zeit.

Sicherlich wird dieser finanzpolitische Kuschelkurs auf harten Widerstand bei den Nordländern stoßen. Aber die werden früher oder später den Rückzug antreten, weil sie hoffen, damit den eurozonalen Wutbürger bei den nächsten Wahlen besänftigen zu können. Und wer will schon einen Bruch quer durch die Eurozone riskieren, deren Zusammenhalt sowieso dem einer Erbengemeinschaft entspricht. Am Ende steht nicht zuletzt deshalb ein fauler Kompromiss, weil ansonsten das Geld der Steuerzahler z.B. aus Deutschland weg ist. Inoffiziell - das ist keine prophetische Aussage - ist es natürlich futsch. Denn wie will man jemals unter konsequenter Vernachlässigung von Wettbewerbsfähigkeit die griechische Wirtschaft wieder flott, also schuldendienstfähig machen? Aber diese Frage stellt sich erst in späteren Jahren. Da sind die jetzt verantwortlichen Politiker längst in Ruhestand.

Die EZB haftet für ihre Kinder, auch noch wenn sie größer sind

Aus dieser Nummer, aus diesem Stabilitäts-Strukturbruch kommt Euroland nicht mehr heraus: Die Lex Hellas wird sich über die Eurozone ausbreiten. Bei der Parlamentswahl in Spanien im Herbst wird das Linksbündnis Podemos mit den Erfolgen des griechischen Robin Hood gegen den Brüsseler bzw. Berliner Sheriff von Nottingham erfolgreich Wahlkampf machen. Nichts ist so gewaltig wie eine Idee, deren Zeit gekommen ist. Sparen und Reformieren werden zunehmend abgewählt. Glaubt denn irgendjemand, dass 2017 bei den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen in Frankeich bzw. 2018 bei den Parlamentswahlen in Italien der Euro-Stabilitätsgeist wieder aus der Flasche darf? Nein, da bleibt der Stopfen drauf und wird versiegelt. 

Und die EZB? Sie wird erfolgreich beweisen, dass sie auch bei großen Kindern - die Eurozone ist ja in der schwierigen Zeit der Pubertät angekommen - ihrer Aufsicht gerecht wird. Sie finanziert die neue Transferunion, auch wenn aus den Kindern längst Erwachsene geworden sind.

Die Europäische Stabilitätsunion hat schwach begonnen und dann stark nachgelassen. Und jetzt wird sie wie eine Festung geschleift. Wie viele von Ihnen ärgere auch ich mich über diesen instabilen Euro-Makrokosmos. Aber ändern kann ich ihn nicht. Ich kann nur meinen Anleger-Mikrokosmos stabilisieren und auf Sachkapital setzen. Denn Aktien, Immobilien und Gold werden von der Schuldenunion mit geldpolitischem Segen weiter profitieren. Immerhin ein Trost.

Rechtliche Hinweise / Disclaimer und Grundsätze zum Umgang mit Interessenkonflikten der Baader Bank AG:
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