Was ist eigentlich mit Gold los?

Robert Halver · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Im Frühling lässt die Natur alles ausschlagen. Und eigentlich müsste auch der Goldpreis erblühen wie Birken. Gründe hierfür finden sich zuhauf:

Krise ist der beste Freund von Gold

Zunächst kann man geopolitisch wohl kaum von Krisenfreiheit sprechen. Im Ukraine-Russland-Konflikt ist selbst für außenpolitische Experten die weitere Entwicklung kaum abzuschätzen. Und wenn es zum Grexit kommt, ist zumindest vorübergehend mit Irritationen an den Finanzmärkten zu rechnen.

Ohnehin haben wir eine massive Stabilitätskrise. Die überbordende Staatsverschuldung der G7-Länder ist kein Ruhmesblatt, sondern ein stabilitätspolitischer Schandfleck.

Im Gegensatz zu Geld ist Gold ein knappes Gut

Geld ist von den Notenbanken theoretisch beliebig, sozusagen aus dem Nichts vermehrbar. Und praktisch geschieht genau das. Die drei größten Notenbanken der Welt - Fed, EZB, Bank of Japan - betreiben die wundersame Geldvermehrung, um über künstlich gedrückte Zinsen ihre Währungen zum Wohle der Exportwirtschaft zu schwächen. Und bei diesen fantastischen Drei wird es nicht bleiben. Auch andere Notenbanken wie die in China werden früher oder später Quantitative Easing betreiben. Gold dagegen ist ein tatsächlich real existierendes, nicht nur virtuelles knappes Gut.

Gold bekommt zwar keine Jungen, Nachwuchssorgen haben aber auch Zinsanlagen

Gold ist für viele Anleger nicht attraktiv, weil es keine laufende Rendite abwirft. Stimmt, man kann zwei Goldmünzen in einem gemütlichen Zimmer nebeneinander legen, das Licht schummrig dimmen und Musik der Marke Kuschelrock auflegen: Gold wird niemals Junge bekommen. Das ist bei Zinsanlagen anders. Zumindest war es früher anders, in der guten alten Zins-Zeit, als der Weltspartag noch ein Freudentag war: Seit 1977 gab es in Deutschland im Durchschnitt 5,4 Prozent Rendite für Staatspapiere. Heutzutage - wo wir den Untergang von Zins und Rendite trotz zunehmendem Schuldenrisiko erleben - ist aus dem Freudentag ein Volkstrauertag geworden. Gab es früher einen risikolosen Zins, gibt es heute nur noch zinsloses Risiko. Da Zinsanlagen mittlerweile genauso unfruchtbar sind wie Edelmetalle, haben sie damit ihren früheren Vorteil aufgegeben. Auf Besserung brauchen Zinssparer nicht zu hoffen. Denn Mario Draghi hat erst begonnen, die Zinsen mit seinem Liquiditätshammer klein zu kloppen. Bislang bieten bereits 30 Prozent der Staatsanleihen der Eurozone nur noch negative Renditen. Ich bin mir sicher, dass wir hier mühelos die absolute Mehrheit erreichen werden. Und kommt es irgendwann wegen der üppigen Geldpolitik zu einer richtigen Preissteigerung, wird die EZB dennoch nicht dieser wie früher die Deutsche Bundesbank zu Leibe rücken. Nein, man wird dankbar sein, das die  Inflation die Euro-Schulden auffrisst. Spätestens dann wird Zinssparen zum Masochismus.

Goldhändler lügen nicht

Die physische Nachfrage nach Gold bleibt grundsätzlich hoch. Nach einigen schwierigen Jahren ist die weltweite Schmucknachfrage wieder angesprungen. Und in den Schwellenländern ist Gold ein  Demonstrationsinstrument von Wohlstand wie bei uns der Mercedes, der Audi, der BMW oder der Porsche vor der Haustür. Die Schwellenländer stehen für zwei Drittel der weltweiten Goldnachfrage. Aber auch in der westlichen Welt hat der Absatz an Gold trotz der Hausse der Alternativanlage Aktien wieder zugelegt. Der Goldhändler meines Vertrauens spricht anhaltend von Netto-Verkäufen an seine Kunden. Und so mancher offizielle Goldhasser hat heimlich das Volkslied Gold und Silber lieb ich sehr längst zu seinem persönlichen Evergreen gemacht.

Wer oder was drückt den Goldpreis?

Ein ganzes Arsenal an Argumenten spricht also theoretisch für steigende Goldpreise. Doch die Praxis sieht anders aus. Nach seinem Hochstand im Jahr 2011 von 1.900 US-Dollar je Unze dümpelt Gold aktuell um 1.200 herum. Sind die Anlegerinnen und Anleger etwa auf ihren Edelmetall-Ohren taub?  

Schuld daran sind die Notenbanken. Sie sind nicht nur perfekte Zinsdrücker, nein sie sind auch erfolgreiche Goldpreisdrücker. Das machen sie allerdings nicht selbst. Das lassen sie von befreundeten Geschäftsbanken über die Terminmärkte machen. Wie wollen wir es nennen: Einflussnehmende Manipulation oder manipulative Einflussnahme?

Wie auch immer, aus Sicht der Notenbanken macht das Ganze Sinn. Denn die Rettung des Weltfinanzsystems wird mit Geld betrieben. Da kann man keine Konkurrenzwährung Gold gebrauchen, die die Wirkung der geldpolitischen Rettungsmission ähnlich einschränken würde wie eine mit Selters verdünnte Bowle die Stimmung auf einer Party.

Vor diesem Hintergrund wird Gold  keine massive Kursbefestigung wie zwischen 2008 bis 2012 erleben können, so sehr sie auch fundamental gerechtfertigt wäre. Umgekehrt ist aber auch kein Niedergang des Goldpreises zu erwarten. Je nach Gemengelage sind kleinere Aufwärtsbewegungen möglich.

Es geht um die Werterhaltungsfunktion von Gold

Die mangelnde Dynamik des Goldpreises stört mich überhaupt nicht. Physisches Gold war, ist und bleibt eine grundsätzlich solide Vermögensversicherung gegen finanz- und geopolitische Risiken. Denn für das süße Gift der Schuldenfrönerei mit geldpolitischem Segen werden wir irgendwann die Rechnung präsentiert bekommen. Volkswirtschaften - auch die der Europäischen Schuldenunion -  können ohne Wirtschaftsreformen längerfristig nicht überleben. Daran können auch die Laborversuche der EZB nichts ändern. Wurden die großen Staatsschulden der Vergangenheit denn jemals zurückgezahlt? Nein, Staatspapiere waren am Ende immer wieder tatsächlich nur Papier. Gold dagegen hat alle Krisen seit Adam und Eva überlebt und seinen Wert erhalten: Im alten Rom bekam man für eine Goldunze eine ordentliche Toga und heute einen guten Maßanzug. 

Bei Gold zählt vor allem der langfristige Besitz, nicht die kurzfristige Rendite! Wenn wir in der Eurozone so weiter machen, werden wir noch dankbar sein, neben Aktien und Immobilien auch Gold zu besitzen. Gold ist eine harte Währung, eine Versicherung, die nicht ausfällt, schon gar nicht im systemischen Schadensfall. Den dicken Schinken beim Metzger oder den Sack Kartoffeln beim Bauern wird man gegen Gold dann immer noch bekommen. Mit dem Papiergeld kann man immerhin noch den Kamin anzünden. 

Ist es nicht sonderbar, dass die Notenbanken weltweit zu den von ihnen subventionierten Preisen selbst Gold kaufen. Sie werden wissen warum!

Mario Draghi macht unsere Währung runter und damit den Euro-Goldpreis munter

Der EZB-Chef ist ein unfreiwilliger Goldtreiber, sozusagen ein Goldjunge für uns eurozonale Goldanleger. Da der Goldpreis in US-Dollar notiert, kommt uns Marios Politik der Euro-Drückung extrem zugute. Insbesondere seit Juli 2014 macht man mit Euro-Gold richtig Performance.

Gold in welcher Form?

Neben physischem Gold zur Absicherung von längerfristigen Systemrisiken kann man natürlich auch auf den kurzfristigen Preis des Rohstoffes Gold spekulieren. Hierzu bietet die Finanzindustrie viele börsengehandelte Produkte an, die die Wertentwicklung des Goldes 1 zu 1 nachbilden oder hebeln, ohne die für physische Produkte typisch hohen Aufschläge auf den Kaufpreis bezahlen zu müssen. Vor diesem Hintergrund haben diese Produkte sogar einen Vorteil gegenüber Goldminenaktien. Denn bei letzteren kommen die typischen Risiken einer Aktie hinzu. Ist das Unternehmensmanagement vernünftig? Betreibt es eine vernünftige Förderpolitik? Zu welchen Goldpreisen hat es sich abgesichert? Gibt es standortpolitische Handicaps wie Streiks?

Tatsächlich, vor allem seit 2012 entwickelt sich der US-Goldminenindex schlechter als der Goldpreis auf US-Dollar-Basis.

Liebe Anlegerinnen und Anleger, bleiben sie Gold treu!

Rechtliche Hinweise / Disclaimer und Grundsätze zum Umgang mit Interessenkonflikten der Baader Bank AG:
http://www.bondboard.de/main/pages/index/p/128

Meistgelesene Artikel