Wohin mit dem Gewinn?

Der onvista-Börsenfuchs · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Hallo, Leute! Gestern Abend hab ich mit einem Haufen netter Leute (Privatanleger)  diskutiert, die ganz schön viel Börsen-Know-how mitbrachten - das waren nicht die typisch deutschen Sparbuch-Fanatiker, nicht die schlecht beratenen Falsch-Sparer. Es ging um wichtige Grundsatzfragen, aber am Aktuellen kam ich nicht vorbei: Dax-Rally zu Ende? Kommt jetzt nur der lange überfällige Rücksetzer (ich kann  das Wort nicht mehr hören)? Sollte man also schnell Gewinne realisieren? Oder kann man auch auf diesem Niveau noch einsteigen, wenn man wirklich langfristig investieren will, am besten durch Aktien- oder Fondssparpläne?

Klar, das will man wissen. Aber es gibt darauf keine Antwort für alle. Ach ja, und dann verstehen wir heute manches einfach anders als früher - z.B. was „langfristig“ ist: Lang ist’s her, dass man damit bei uns wie die Amis auch zehn Jahre und mehr gemeint hat, vor allem bei Anleihen. Im digitalen Zeitalter ist langfristig auf fünf Jahre plus geschrumpft (bei modernen Börsen-Fuzzies besser nachfragen, für die ist langfristig nämlich höchstens bis Jahresende!).

Hinterher lese ich dann in einer Agentur-Zusammenfassung: Europas Aktienanleger haben am Dienstag Kasse gemacht. Kommentar eines Händlers: „Die Rally der vergangenen Wochen war unglaublich, es wird langsam Zeit für ein paar Gewinnmitnahmen.” Hm, gilt das auch für die privaten Dax-Fans? Nee, das kann man nicht mit einem einfachen Ja oder Nein beantworten. Was die hierzulande häufig vorkommende Spezies  der Alles(besser)wisser wohl nie kapieren wird - Ausgangslagen und Zielvorstellungen der Menschen sind einfach zu unterschiedlich, um eine simple Einheitsempfehlung auszusprechen. Die meisten meiner Gesprächspartner liegen inzwischen ganz schön vorne, haben teilweise richtig fette Gewinne auf dem Konto. Deshalb lohnt es sich, meinen jedenfalls viele der Glücklichen, über den Spruch „An Gewinnmitnahmen ist noch keiner gestorben“ nachzudenken. Ich mach‘ mich lieber für die andere Weisheit stark: Gewinne soll man laufen lassen (Verluste aber konsequent begrenzen). Der Kompromiss wäre, einen Teil der Gewinne zu sichern und mit dem Rest auf weiteren Kursanstieg zu setzen. Nur um Euch noch klarer zu machen, wie verdammt schwer hier der Ratschlag ist: Anleger A hat runde 20 Prozent mehr in den Büchern als vor drei Monaten, braucht das Geld aber Anfang 2014 für ein wertvolles Hochzeitsgeschenk. Anleger B ist schon länger investiert, freut sich über stolze 50 Prozent Performance. A will das Geschenk für Tochter und Schwiegersohn nichts aufs spiel setzen. B dagegen braucht die Kohle auf absehbare Zeit nicht, findet aber sein sattes Plus  total geil - will also eher noch drinbleiben.

Wohin mit dem  Gewinn? Das sollte jeder selbst entscheiden, meine Freunde, und zwar weniger aufgrund von Prozentsätzen. Hey, freut Euch erst mal, Ihr „Bullen“, auch über die Frühlingssonne! Ihr habt schließlich das, was man ein Luxusproblem nennt. Schlimmer, viel schlimmer ist es doch, wenn man Verluste realisieren muss. Wie sich der alte Fuchs jetzt verhalten würde? Tja, bei 50 Prozent und mehr käme auch ich ins Grübeln. Bei weniger nicht. Denn ich sehe ja den Dax noch viel höher (egal, was heute und morgen passiert)! Nur wer mitspielt, kann auch gewinnen. Nicht vergessen: Gegen Verluste gibt’s ja zunächst Trailing Stops und dann Derivate, um sich abzusichern.  Und heute bitte nicht vergessen, nach USA zu gucken, was Lady Yellen so sagt!

boersenfuchs@onvista.de

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