Peter Thiel: „China könnte Bitcoin als finanzielle Waffe gegen den US-Dollar einsetzen“– was ist dran an diesem Argument?

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Bitcoin läuft in seiner derzeitigen Preisbewegung charttechnisch mehr und mehr in ein aufsteigendes Dreieck hinein, dessen Ausbruch in die ein oder andere Richtung den Weg für die nächsten Tage und Wochen bestimmen könnte. Mit einer Notierung von derzeit 57.500 Dollar hält die Kryptowährung sich weiterhin relativ nah des bisherigen Allzeithochs über dem Bereich von 60.000 Dollar, konnte bisher jedoch nicht mehr über diese runde Marke klettern.

Die langfristigen Indikatoren wie die 21 weekly moving average oder die noch längerfristigere 200-Tage-Trendlinie ziehen jeden Tag höher, bewegen sich dennoch noch weit unter den derzeitgen Preisniveaus und stellen somit wichtige Orientierungspunkte für eine mögliche Korrektur dar. Vor allem die 21 MA funktioniert in Bitcoin-Bullenmärkten als eine signifikante charttechnische Unterstützung. Sie läuft nun zum ersten Mal deutlich über der Marke von 40.000 Dollar.

Weiteren Schwung bringen könnte das Mitte des Monats anstehende IPO von Coinbase, der größten US-Krypto-Handelsbörse. Das Unternehmen hatte zuletzt Zahlen vorgelegt und konnte im ersten Quartal 2021 einen absolut beeindruckenden Sprung bei den Umsatzzahlen vorweisen. Coinbase konnte im Zuge des neu entflammten Krypto-Hypes in Q1 1,8 Milliarden Dollar erwirtschaften, ein Vielfaches von den erwarteten Zahlen der Analysten. Das dürfte das Interesse an der Aktie und auch am Krypto-Sektor generell noch einmal antreiben.

Peter Thiel nennt Bitcoin als mögliche Finanz-Waffe Chinas

Einen Kommentar zur langfristigeren Entwicklung der Kryptowährung hat jüngst der Milliardär und durch seine Gründung von Paypal und Palantir bekannte Peter Thiel zum besten gegeben.

Thiel, selbst ein Befürworter von Bitcoin und der Blockchain-Technologie, sieht es als realistische Möglichkeit an, dass China Bitcoin in Zukunft als finanzielle Waffe gegen den US-Dollar nutzen könnte.

Quelle: Twitter
Quelle: Twitter

„Aus Chinas Perspektive ist es nicht erwünscht, dass die USA den Dollar als Weltreservewährung besitzen, weil es ihnen eine Menge Kontrolle beispielsweise über Öl-Lieferketten und eine Menge andere Dinge dieser Art gibt“, so Thiel während eines virtuellen Events der Richard Nixon Foundation.

Die USA haben aufgrund der Tatsache, dass der US-Dollar die dominante Währung im globalen Handel ist, tatsächlich eine Menge Macht in der Hand. Nur durch den Status des US-Dollar und die hohe internationale Nachfrage nach dem „Greenback“ können die USA sich ihr enormes Haushaltsdefizit und die immer weiter wachsenden Staatsschulden erlauben, da sie theoretisch immer mehr Staatsanleihen ausgeben und Dollar drucken können. Zudem gibt ihnen die Notwendigkeit des Dollars für viele der internationalen Finanzströme eine Menge Kontrolle über die globalen Märkte.

Chinas Bestrebungen, langfristig die golable Wirtschaftsmacht Nummer eins zu werden, ist dieser Umstand ein Dorn im Auge. Laut Thiel wollen sie jedoch nicht, dass ihre eigene Währung, der chinesische Yuan, zur Weltreservewährung wird, da dies viele Hürden in sich trägt, die die Chinesen nicht bereit sind zu gehen, darunter eine sehr viel stärkere Öffnung der eigenen Finanzmärkte zum Rest der Welt. Dies würde einen gewissen Kontrollverlust über die eigene Wirtschaft mit sich bringen, über die China seine eiserne Hand hält.

Laut Thiel hat China in der letzten Dekade indirekt auch den Euro als Waffe gegen den Dollar genutzt, jedoch mit eher mäßigem Erfolg. Aus seiner Sicht würde China gern noch eine weitere Reservewährung neben Euro gegenüber dem Dollar sehen. Und da würde Bitcoin ins Spiel kommen.

„Ich bin zwar ein Krypto-Anhänger und Bitcoin-Maximalist, wundere mich jedoch, ob Bitcoin nicht in Teilen zu einer Waffe auf Finanzebene für China werden könnte. Bitcoin bedroht die staatlichen Geldsysteme, jedoch im Besonderen den Dollar. China will Dinge tun, die den Dollar schwächen, also könnte China pro Bitcoin sein, aus einer geopolitischen Perspektive heraus betrachtet. Die USA sollten sich dessen bewusst sein und sich fragen, wie so etwas genau aussehen könnte. Der digitale Yuan ist keine richtige Kryptowährung, sondern nur eine Art von totalitärem Bemessungswerkzeug.“

Wie könnte das funktionieren?

Da China selbst vor einigen Jahren die Ambitionen ausgerufen hat, wirtschaftlich die globale Nummer eins zu werden, sind Peter Thiels Argumente nicht von der Hand zu weisen, da der US-Dollar einen wesentlichen Teil der geopolitischen Macht der USA darstellt.

Da die Finanzkrise 2008 und nun die Corona-Pandemie dem globalen Finanzsystem massive Risse zugefügt haben, spielt Bitcoin seine Stärken derzeit sehr gut aus und befindet sich aufgrund dieses Umfelds auf einem extrem dynamischen Wachstumspfad. Die Angst vor einer unkontrollierbaren Inflation und weiterer Instabilität der finanzsysteme treibt nun auch den institutionellen Sektor in Bitcoin.

Unabhängig von den geopolitischen Spannungen sind sich sämtliche Staaten bewusst, dass die derzeitige Situation an den Finanzmärkten ein Experiment mit ungewissem Ausgang ist und es ist äußerst fraglich, ob die Probleme mit den derzeitigen Mitteln der Notenbanken überhaupt gelöst werden können.

Daher ist Bitcoin mittlerweile aufgrund seiner Beschaffenheit als deflationäres, in sich stabiles Finanzsystem als ernstzunehmende Alternative einzustufen, die zwar in ihrem Grundsatz die staatlichen Geldsysteme angreift, jedoch durchaus auch zum Nutzen der Staaten eingesetzt werden könnte, wenn Bitcoin in einer Funktion wie Gold in die Geldsysteme integriert wird – als zugrundeliegende Deckung mit einem stabilen Wert, da nicht beliebig vermehrbar. Dadurch könnte man, wie es in früheren Jahren der Fall war, eine stabilere Währungsform als Grundpfeiler für die Wirtschaft errichten, die die größten Probleme der derzeitigen Geldausweitung abfedern könnte, Stichwort extreme Inflation.

China hat den Hebel vor der eigenen Haustüre liegen

China hat derzeit noch den Vorteil, dass sich ein Großteil des Bitcoin-Minings im eigenen Land abspielt. Die Verteilung der Mining-Industrie schichtet sich zwar bereits spürbar um und China verliert als Standort an Dominanz, jedoch ist der Anteil mit mehr als 60 Prozent der gesamten Rechenleistung immer noch sehr groß. China könnte also zumindest indirekt positiven Einfluss auf die Entwicklung des Bitcoin-Netzwerks nehmen, indem es die Mining-Industrie im eigenen Land fördert. Durch einen direkten Abfluss eines Teils der Mining-Erträge in die eigenen staatlichen Taschen hätte die Regierung in Peking sogar einen direkten Zugang zu Bitcoin. Es sind mehrere Wege denkbar, wie das im Detail stattfinden könnte, doch sollte China als nicht wirklich demokratische Regierungsform in dieser Hinsicht eher weniger Probleme haben.

Sollte es zu diesem Szenario kommen, wäre ein simples Bitcoin-Verbot seitens der US-Regierung alles andere als zielführend, das dies nur die eigene Wirtschaft von dem Asset abkoppeln würde, der Rest der Welt – zumindest der chinesisch dominierte Wirtschaftsraum – jedoch weiter Zugang hätte. Privatpersonen, die Bitcoin weiterhin als Schutz vor den Schwächen des derzeitigen Geldsystems nutzen wollen, würden trotz eines Verbots Wege finden. Ohnehin könnten nur die Mittelsmänner, also die Börsen und anderen Dienstleister, mit einem Verbot blockiert werden, das Bitcoin-Netzwerk selbst lässt sich nicht abschalten.

Daher wäre es wohl das wahrscheinlichere Szenario, dass die USA Bitcoin und den restlichen Kryptosektor in ein straffes regulatorisches Fundament einbetten, um möglichst viel Kontrolle zu haben und das eigene Geldsystem zu schützen, die eigene Krypto-Industrie jedoch massiv aufbauen, um die Vorteile der neuen Technologie genießen zu können. Dabei ist in Zukunft alles denkbar, vor allem jedoch digitale Zentralbankwährungen. Bitcoin könnte jedoch aufgrund seiner einzigartigen Eigenschaften als Wertspeicher die zugrunde liegende Deckung für die Finanzmärkte sein.

Von Alexander Mayer

Titelfoto: spaxiax / Shutterstock.com

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