DB will bis 2040 alles Dieselloks aus dem Verkehr ziehen! – Siemens, Ballard Power und Verbio könnten groß profitieren – Haben Nel oder Siemens Energy ebenfalls Chancen?

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Erst Anfang Februar hat die Deutsche Bahn groß bei Siemens bestellt. Sie orderte 43 Züge des Modells ICE3-Neo. Der Preis: Rund 1,5 Milliarden Euro. Ein warmer Regen für den Dax-Konzern und seine Bahnsparte. Die Bestellung könnte aber nur der Auftakt gewesen sein. Möglicherweise kann sich Siemens auf weitere Milliarden von der Deutschen Bahn einstellen.

Das Aus der Diesellok ist beschlossen

Wie die Deutsche Bahn am Wochenende mitteilte will sie bis zum Jahr 2040 Dieselkraftstoffe vollständig aus ihrer Flotte verbannen und ersetzen. «Unsere 3000 Dieselfahrzeuge sind bereits ab diesem Jahr nach und nach mit alternativen Kraftstoffen unterwegs», teilte Bahnchef Richard Lutz mit. Aussagen die in der Vorstandsetage von Verbio sicherlich gerne hört. Laut eigenen Angaben ist das SDax Mitglied der einzige Produzent und Anbieter aller derzeit marktfähigen Biokraftstoffe. Im Angebot ist die gesamte Produktpalette vom Biodiesel über Bioethanol und Biogas unter anderem zur Erfüllung von Quotenverpflichtungen. Wenn die die Deutsche Bahn jetzt peu à peu umstellt, dann könnte auch Verbio ein Stück vom Kuchen abhaben können.

Neue Lokomotiven müssen her

Neben der Umstellung auf Biokraftstoffe wird die Deutsche Bahn auch keine weiteren Dieselloks mehr bestellen. Sie wird in Zukunft nur noch auf Neufahrzeuge setzen die über Wasserstoff- oder Batterieantrieb verfügen. Entsprechende Tests mit batteriegetriebenen Zügen sollen in den kommenden Monaten folgen. Ähnlich hatte sich bereits vor einiger Zeit die Güterverkehrstochter DB Cargo geäußert. Dort sollen mittelfristig sämtliche Dieselloks durch modernere Antriebe ersetzt werden. Die Flotte soll unter anderem mit sogenannten Zwei-Kraft-Loks ergänzt werden. Diese können zwischen herkömmlichem Diesel- und modernem Elektroantrieb wechseln und damit sowohl auf elektrifizierten Gleisstrecken als auch auf Nebenstrecken ohne Oberleitung eingesetzt werden.

Hier kommt Siemens ins Spiel

Die neuen Ausrichtung des Saatkonzerns wird die Vorstandsetage von Siemens gerne gelesen haben. Die Bahnsparte des Dax-Konzern hat alle Loks, die das Herz der Deutschen Bahn begehrt, im Angebot:

Vectron – die Lokomotiven-Plattform

Ähnlich wie VW hat Siemens bei seinen Lokomotiven auch ein Baukastensystem. Die Vectron-Lokomotive von Siemens Mobility kann sowohl im Güter- als auch im Personenverkehr eingesetzt. Wie Siemens auf seiner Homepage betont: „Sanden bei der Entwicklung Zukunfts- und Investitionssicherheit, Umweltfreundlichkeit und Fungibilität sowie Nach- und Umrüstbarkeit im Vordergrund.“ Daher kann die Vectron-Lok in verschiedenen Varianten geordert werden: Als rein elektrische Version für den Betrieb in Wechselstrom (AC)- und Gleichstromnetzen (DC) sowie als Mehrsystem (MS)-Variante in den Leistungsklassen 5,2 MW bzw. 5,6 MW und 6,4 MW. Ideal für die Deutsche Bahn. 100 Vectron Loks hat dB Cargo schon vor einem Jahr bestellt. Vor kurzem wurden noch einmal 50 Stück nachbestellt. 100 weitere Lokomotiven wurden von DB Cargo bei der Konkurrenz bestellt. Hier fiel die Wahl auf die Hybrid-Rangierlok Toshiba HDB 800. Sie sollen ab 2024 bei DB Cargo zum Einsatz kommen.

Bei Wasserstoff sind beide Parteien schon im Geschäft

Quelle: Homepage Siemens

Seit November 2020 testen die Deutsche Bahn und Siemens Mobility in einem Gemeinschaftsprojekt ein völlig neues Gesamtsystem. Es besteht aus einem neu entwickelten Zug und einer neu konzipierten Tankstelle. Hierfür entwickelt Siemens Mobility laut eigener Aussage „die nächste Generation Wasserstoffzüge.“ Gemeint ist der Mireo Plus H. Basis des Zugesist der bewährte, leistungsstarke Commuter-Zug Mireo, der zukünftig auch im Batteriebetrieb eingesetzt wird. Ausgestattet mit einem Brennstoffzellen-Antrieb und einer Lithium-Ionen-Batterie soll er für eine lokale emissionsfreie Mobilität sorgen, wo bisher keine Elektrifizierung vorhanden ist.

Die Tankstelle

Teil 2 des Projektes zwischen der Deutschen Bahn und Siemens ist die Bereitstellung der Infrastruktur für die Wasserstoffversorgung – Energiequellen für die Produktion von grünen Wasserstoff, der Elektrolyseur und die Tankstelle. Letztere baut die DB-Tochter mit den Partnern Wystrach und Wenger Engineering. Die Wasserstofftankstelle soll mit einer mit neuartiger Technologie zur Schnellbetankung ausgerüstet sein. Die Planung und den Bau für die restlichen Bausteine übernimmt Lhyfe. Das Ingenieur- und Projektmanagementunternehmen kümmert sich um die Bereitstellung des grünen Wasserstoffs. Lyhfe hat sich auf die Kopplung von Elektrolyseuren und Erneuerbaren-Energie-Anlagen spezialisiert. Wer hier dann letztendlich den Zuschlag für den Bau bekommt, ist wohl noch nicht raus. Allerdings könnten sich hier Nel oder Siemens Energy sowie Siemens Gamesa Hoffnungen machen Bauteile zu liefern.

Ballard Power ist auch dabei!

Der Brennstoffzellen-Antrieb für den Mireo entwickelt Siemens nicht alleine. Er wird in Zusammenarbeit mit dem kanadischen Wasserstoffspezialisten Ballard Power entwickelt. Sollte die Bahn bei Siemens im großen Stil Wasserstoff-Züge ordern, dann fällt für die Kanadier auch ein Stück vom Kuchen ab. Zudem ist es für Ballard Power ein Vorteil mit Siemens in dem Bereich einen Kooperation zu haben. Als möglicher Abnehmer der Züge kommt ja nicht nur die Deutsche Bahn in Fragen, sondern ein sehr großer Kundenkreis.

Konkurrenz schläft allerdings nicht

Nicht nur Siemens und Ballard Power bieten in Zukunft einen Wasserstoffzug an. Die Konkurrenz schläft nicht und hat auch schon Züge auf dem Markt. Der französische Zugbauer Alstom hat den Coradia iLint im Angebot. Die Brennstoffzellen Stacks für den Zug liefert übrigens Hydrogenics. Sie gehört zu 81 Prozent dem amerikanischen Motorenbauer Cummins und 19 Prozent der Anteile hält Air Liquide.

Die Nummer 1 im Markt mischt auch mit

Die China Railway Rolling Stock Corporation (CRRC), der größte Schienenfahrzeughersteller der Welt, hat zur Jahreswende die erste Probefahrt mit seiner Wasserstoff-Brennstoffzellen-Hybridlokomotive gestartet. Mitte 2020 hat CRRC das Lokomotiven-Geschäft von Vossloh gekauft, um mehr Präsenz auf dem europäischen Markt zu gelangen. Von der neuen Flotte die DB-Cargo jetzt aufbaut, stammen 50 Lokomotiven von Vossloh. Die Chinesen mischen also auch schon zu einem kleinen Teil mit.

Jeder Anleger findet seinen Risikogeschmack wieder

Wer das hohe Risiko scheut und trotzdem an der Zukunft des Bahnverkehrs inclusive Wasserstoff teilhaben möchte, der kann sich für Siemens entscheiden. Aber auch die Aktie von Toshiba ist für konservative Anleger durchaus geeignet. Allerdings hat man hier keinen reinen Lokomotivenbauer im Portfolio, sondern Mischkonzerne, die auch anderen Einflüssen ausgesetzt sind. Gerade die jüngsten Rücksetzer der Siemens-Aktie bieten ein interessantes Einstiegsniveau.

Wer auf reine Eisenbahnbauer setzen möchte der kann sich die Aktien von Alstom und CRRC anschauen. Die Papiere der Franzosen sind zuletzt allerdings arg unter die Räder gekommen. Nachdem die Fusion mit der Bahnsparte von Siemens gescheitert war, suchte Alstom weiter um der Nummer 1 CRRC wieder etwas näher zu kommen. Die Entscheidung fiel dann auf die Bahnsparte der Kanadier Bombardier. Bislang hat Alstom durch die Übernahme allerdings nur Probleme und die Aktie hat in einem Jahr rund 40 Prozent an Wert verloren und steht so tief wie zuletzt 2017. Auf lange Sicht hat Alstom die Weichen schon richtig gestellt, aber wann Zahlen und Kurs das auch widerspiegeln ist nicht abzusehen. Daher greifen aktuell nur die mutigsten Anleger zu. Alle anderen warten eine Bodenbildung ab.

Die Papiere von CRRC sind in den vergangenen zwei Jahren auch nicht gerade sonderlich durch ihre Performance aufgefallen. Daher sind die Aktien des weltweit größten größte Schienenfahrzeughersteller aktuell keine attraktive Gelegenheit.

Vergleichschart seit Januar 2020

Wassersoff ist ein eigenes Kapitel

Hier liegen Risiko und Chance so dicht beieinander, dass tatsächlich aktuell nur erfahrene Anleger kurzfristig spekulieren sollten. Nach dem Hype in der Branche kam der gnadenlose Absturz und die erste richtige Erholung mit teilweise Verdopplungen im Kurs ist auch schon wieder abverkauft worden, nachdem die US-Notenbank ihre Zinswende verkündet hat. Besonders für Aktien aus dem Wasserstoffbereich ein dickes Brett, da sie fast alle nicht gewinnbringend arbeiten. Aber auch hier lässt die für jeden Anbieter etwas finden. Konservative Anleger können sich zum Beispiel Wasserstoff über Linde, Air Liquide, Air Chemicals oder Cummins ins Depot holen. Aller 4 Konzern schreiben Gewinne und das Thema Wasserstoff nimmt immer mehr Platz in ihren Geschäftsbereichen ein. Nachdem alle 4 Werte zuletzt stark korrigiert haben, bieten sich hier durchaus interessante Einstiegsmöglichkeiten. Charttechnisch scheint dabei Cummins als erstes die Kurve zu kriegen.

Vergleichschart Linde, Air Liquide, Cummins und Air Products seit Januar 2020

Riskant, aber Verdopplungen sind möglich

Nel oder Ballard Power sind mit Sicherheit die riskantesten Aktien, die in diesem Artikel angesprochen werden. Beide arbeiten nicht profitabel und beide haben nach ihrem Abverkauf auch ihre Erholung auch schon wieder mehr als abgebrochen. Zum Wochenende hin wurde Nel von Goldman Sachs zum Kauf empfohlen mit einem Ziel von 17 Kronen – umgerechnet etwa 1,70 Euro. Im Konzert der kleinen Wasserstoffplayer hat Nel allerdings noch nicht den ganz großen Partner an Land gezogen. Ballard Power/Siemens, ITM Power/Linde, PowerCell/Bosch und Plug Power/Amazon sind da schon ein Stück weiter. Daher bleibt Nel für mich einer der Übernahmekandidaten in der Branche. Der Aktie dürfte das sicherlich nicht schaden, wenn ein großer Konzern zugreift. Allerdings sind die Norweger nicht die einzigen, die Elektrolyseure bauen. Plug Power, Cummins, Siemens oder die Wasserstoff Tochter Uhde von Thyssenkrupp sind nur einige der Konkurrenten. Daher ist Nel für mich die riskanteste Wette unter allen Wasserstoff-Werten.

Bei Ballard Power ist der Risiko trotz der Kooperation mit Siemens auch nicht wesentlich kleiner. Auch die Kanadier arbeiten nicht profitabel und daher kann sich auch hier immer wieder die Laune der Anleger schnell drehen. Wasserstoff gehört sicherlich die Zukunft. Für welche kleineren Player das auch gilt, ist allerdings noch nicht entschieden. Daher ist das Risiko bei den Aktien weiterhin sehr hoch. Für kurzfristige Spekulation scheint die Gelegenheit allerdings etwas günstiger zu sein, da sich Ballard Power und Nel gerade von ihren Tiefs etwas erholen.

Vergleichschart Nel und Ballard Power seit Januar 2020

Von Markus Weingran

Foto: AR Pictures / Shutterstock.com

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