Markt Update: Dax auf Talfahrt – Inflation und Zinsen belasten – Öl unter Druck

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Die Zinsangst ist mit Wucht an den deutschen Aktienmarkt zurückgekehrt. Hinzu kommen die weiter steigenden Energiepreise. Russland hatte angekündigt, die Gaslieferungen nach Europa Ende August für drei Tage zu unterbrechen.

Der Leitindex Dax weitete am Montag seine jüngsten Verluste deutlich aus und büßte letztlich 2,32 Prozent auf 13 230,57 Punkte ein. Das Börsenbarometer fiel damit klar unter den 21-Tage-Durchschnitt, der für technisch orientierte Anleger den kurzfristigen Trend beschreibt und derzeit bei etwas über 13 500 Punkten liegt. Der MDax der mittelgroßen Unternehmen sackte um 3,61 Prozent auf 26 009,69 Zähler ab.

Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 verlor 1,93 Prozent auf 3658,22 Punkte. In Frankreich waren die Verluste ähnlich hoch. Der rohstofflastige Aktienindex FTSE 100 in London hielt sich dagegen deutlich besser, gab allerdings auch nach. In den USA verlor der Dow Jones Industrial zum Börsenschluss in Europa 1,3 Prozent und auch die technologielastigen Nasdaq-Indizes zeigten sich sehr schwach.

Das an diesem Donnerstag beginnende Notenbanktreffen in Jackson Hole (Wyoming) wirft bereits seine Schatten voraus. Anleger spekulieren, dass die US-Notenbank (Fed) weiter einen strikten geldpolitischen Straffungskurs verfolgen dürfte, um die hohen Preissteigerungen in den Griff zu bekommen. Entsprechend trennten sich Investoren von als riskant angesehenen Anlagen. Im Falle eines erneuten deutlichen Zinsschritts der Fed um 0,75 Prozentpunkte würden Aktien im Vergleich zu festverzinslichen Wertpapieren weiter an Attraktivität verlieren.

Hinzu kommen die Sorgen angesichts weiter anziehender Energiepreise in Deutschland. "Das bereitet immer mehr Investoren Sorgen und führt zu neuerlichen Verringerungen von Aktienbeständen in den institutionellen Depots", sagte Marktexperte Andreas Lipkow von Comdirect.

Zwei Wechsel in der Führungsetage im Mittelpunkt

Aus Unternehmenssicht standen gleich zwei Chefwechsel im Fokus der Anleger, die allerdings unterschiedlich gewertet wurden. Beim Fresenius-Konzern soll der amtierende Lenker der Infusionstochter Kabi, Michael Sen, die Führung übernehmen und den Gesundheitskonzern aus der Dauerkrise führen. Stephan Sturm wird dann seinen Hut nehmen. Die Aktien zogen an der Dax-Spitze um 3,6 Prozent an. Die Papiere der Dialyse-Tochter FMC hielten sich im sehr schwachen Gesamtmarkt zugleich stabil.

Kasper Rorsted verlässt den Sportartikelhersteller Adidas im kommenden Jahr. Ein Nachfolger für das Amt des Vorstandschefs ist allerdings dort noch nicht gefunden, was die Anleger verunsicherte. Die Anteilscheine büßten 5,2 Prozent ein.

Aktien aus der Chemie- und Industriebranche litten unter Inflationssorgen, die sich mit erneut anziehenden Gaspreisen paarten. Covestro sackten im Dax als Schlusslicht um 6,8 Prozent ab. BASF und Siemens fielen um mehr als vier Prozent. Im MDax büßten vor dem Hintergrund der russischen Ankündigung zur dreitägigen Gas-Lieferunterbrechung die Papiere von Uniper 7,7 Prozent ein.

Im SDax ging es für die Anteile von Shop Apotheke nach einer Berg- und Talfahrt um 9,3 Prozent abwärts. Zuerst hatte die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf Kreise berichtet, dass die schweizerische Online-Apotheke Zur Rose strategische Optionen prüft, darunter auch einen Verkauf. Das hatte auch der Konkurrentin aus den Niederlanden Auftrieb gegeben. Kurz darauf jedoch berichtete "Apotheke Adhoc", dass Schleswig-Holstein aus dem E-Rezept aussteigt. Das sollte eigentlich von der kommenden Woche an in Westfalen-Lippe und Schleswig-Holstein starten. Diese Nachricht belastet nun stark, da im E-Rezept enorme Chancen für die beiden Unternehmen in Deutschland gesehen werden.

Euro sinkt knapp unter Parität

Der Euro blieb unter Druck. Am frühen Abend wurde er mit 0,9935 US-Dollar gehandelt. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs zuvor auf 1,0001 (Freitag: 1,0054) Dollar fest. Der Dollar kostete damit 0,9999 (0,9946) Euro.3

Am Rentenmarkt stieg die Umlaufrendite von 1,08 Prozent am Freitag auf 1,12 Prozent. Der Rentenindex Rex fiel um 0,22 Prozent auf 134,08 Punkte. Der Bund-Future sank zuletzt um 0,74 Prozent auf 151,15 Punkte.

Exportiert der Iran bald wieder Öl?

Die Hoffnung auf mögliche Ölexporte aus dem Iran hat die Ölpreise am Montag stark unter Druck gesetzt. Zuletzt kostete ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent 93,20 US-Dollar. Das waren 3,52 Dollar weniger als am Freitag. Der Preis für ein Fass der US-Sorte West Texas Intermediate (WTI) fiel um 3,35 Dollar auf 87,42 Dollar.

Nach Einschätzung von Marktbeobachtern werden die Ölpreise weiterhin durch die Aussicht auf verstärkte Ölexporte aus dem wichtigen Förderland Iran belastet. Am Wochenende hatte US-Präsident Joe Binden mit den Regierungschefs von Deutschland, Frankreich und Großbritannien telefoniert. Bei dem Austausch wurde auch die Verhandlungen zum Nuklearabkommen mit dem Iran thematisiert.

Derzeit laufen Verhandlungen über eine Wiederbelebung des internationalen Atomabkommens mit der Iran. EU-Außenkommissar Josep Borrell hatte die Antwort des Iran zu den Plänen für eine Wiederbelebung als "vernünftig" bezeichnet. Die Ölpreise gerieten daraufhin stark unter Druck. Allerdings haben sich die USA bisher noch nicht geäußert. Das Abkommen von 2015 hatte einerseits das Ziel, das iranische Atomprogramm einzuschränken. Im Gegenzug sollen Wirtschaftssanktionen gegen den Iran fallen. Das Opec-Mitglied wäre dann wieder in der Lage, verstärkt Rohöl an westliche Industriestaaten zu liefern.

Neben den möglichen Öllieferungen aus dem Iran lasteten schwache Konjunkturaussichten und der zuletzt starke Dollar-Kurs auf dem Ölpreis. So ist der Euro erstmals seit Mitte Juli unter die Marke von einem Dollar gesunken. Weil Öl vor allem in Dollar gehandelt wird, erhöht ein starker Dollar-Kurs die Kosten für Käufer außerhalb des Dollar-Raums. Das führt in der Regel zu einer niedrigeren Nachfrage und drückt somit den Ölpreis.

Redaktio onvista/dpa-AFX

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