Ethereum-Merge war erfolgreich! – wie es jetzt weitergeht und worauf Investoren achten sollten

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Heute Morgen um etwa 9 Uhr mitteleuropäischer Zeit hat der Krypto-Sektor einen Meilenstein erreicht, der wohl in die Historie der noch jungen Branche eingehen wird. Das Ethereum-Netzwerk hat erfolgreich den sogenannten „Merge“ vollzogen. Damit ist der Wechsel des Konsensmechanismus gemeint, mit dem die Blockchain auf einen gemeinsamen Nenner gebracht, Transaktionen verarbeitet und kryptographisch gesichert werden.

Ethereum hat erfolgreich von „Proof of Work“ zu „Proof of Stake“ gewechselt, einem Mechanismus, der anders als Proof of Work, welcher auch von der Bitcoin-Blockchain genutzt wird, keine Hochleistungsrechenhardware benötigt und damit wesentlich weniger Strom verbraucht. Mit dem Wechsel wird das Ethereum-Netzwerk nun schätzungsweise 99 Prozent weniger Strom verbrauchen.

Der Merge dient zudem als Grundfundament für weitere Upgrades, die das Netzwerk wesentlich performanter machen und die Transaktionsgebühren auf einen Bruchteil der derzeitigen Gebühren senken sollen. Damit könnte Ethereum langfristig skalierbar genug werden, um als Netzwerk für eine dezentrale digitale Finanzinfrastruktur global eingesetzt werden zu können.

Mit dem Abschluss des Merge sind für die Ethereum-Entwickler-Community gut zwei Jahre harte Arbeit und eine beeindruckende Koordinationsleistung erfolgreich zu Ende gegangen. Bis zuletzt hat es – nicht zuletzt aufgrund der vielen Verzögerungen des Upgrades – eine Menge Zweifel gegeben, ob der Merge realisierbar ist. Die große Herausforderung bestand darin, ein Netzwerk in seinen Grundfesten zu verändern, welches bereits seit Jahren in Betrieb ist und auf dem sich ein Ökosystem im Wert von hunderten Milliarden Dollar aufgebaut hat.

Tweet Vitalik Buterin:

Unmittelbar wird sich für die Nutzer des Ethereum-Netzwerks nicht viel ändern. Die Auswirkungen dürften sich erst in den nächsten Monaten bemerkbar machen. Wer im Detail nachlesen möchte, was für Auswirkungen der Merge auf das Ökosystem nehmen kann, dem empfehle ich meine vorangegangene Kolumne, die ich vor einigen Wochen auf onvista veröffentlicht habe.

Wenig Kursbewegung unmittelbar nach dem Merge

Der Markt quittiert den erfolgreichen Merge heute zunächst mit einem Schulterzucken. Nachdem Ethereum bereits im gestrigen Handel einen Teil der Korrektur wieder ausgleichen konnte, die durch die schlecht aufgenommenen US-Inflationsdaten ausgelöst wurde, hält sich der Kurs heute knapp über der Marke von 1600 Dollar – der 50-Tage-Trend stellt sich derzeit jedoch als charttechnische Hürde dar. Support bildet der 100-Tage-Trend, welcher etwa auf dem Niveau von 1500 Dollar verläuft.

Quelle: Tradingview

Der Aufwärtstrend, der sich seit dem Tief aus Mitte Juni gebildet hat, bleibt weiterhin intakt. Sollte sich nach dem erfolgreichen Merge das Preismomentum wieder beschleunigen und die Marke von 1600 Dollar wieder nachhaltig überwunden werden, rückt die runde Marke von 2000 Dollar ins Visier, bei der im Zuge der Rally, die in den letzten Wochen aufgrund der Merge-Euphorie eingesetzt hatte, vorerst der Deckel lag.

Quelle: Tradingview

Wie geht es weiter?

Der unmittelbare Faktor, der den Preis nun beeinflussen könnte, ist die enorme Veränderung der Neuerzeugungsrate. Durch den Wechsel von PoW zu PoS hat sich die Neuerzeugungsrate von Ether enorm verringert, da das Mining nun komplett wegfällt. Heute Morgen ist der letzte Block mit Proof of Work Mining erzeugt worden und damit die letzte Belohnung für einen Miner über den Tisch gegangen.

Nun erhalten Validatoren Ether als Belohnung, die 32 Ether für einen Validator-Slot „einfrieren“ und damit das Recht erhalten, neue Blöcke zu erzeugen und andere Blöcke auf Einhaltung der Regeln zu überprüfen. Die Belohnungen fallen allerdings wesentlich geringer aus, als es bei PoW-Mining der Fall war. Zudem werden weiterhin Ether bei jeder Transaktion verbrannt, wodurch die Gesamtumlaufmenge verringert wird.

Auf der Website https://ultrasound.money/ kann man live die Supply-Daten des Netzwerks verfolgen. Etwa eine Stunde nach dem Merge hat sich die Umlaufmenge aufgrund des neuen Verhältnisses zwischen Neuerzeugungs- und Verbrennungsrate bereits um gut 200 Ether verringert. Ethereum ist durch den Merge also tendenziell deflationär geworden.

Quelle: Ether

Hinzu kommt, dass mit dem Mining-Sektor ein regelmäßiger Faktor wegfällt, der für einen gewissen Preis-Druck gesorgt hat. Um ihre laufenden Kosten für Hardwareinstandhaltung, Strom und andere Kosten zum Betrieb ihres Geschäfts zu decken, sind Miner als regelmäßige Verkäufer eines Teils ihrer geschürften Ether-Bestände aufgetreten. Da das Mining nun nicht mehr möglich ist, fällt dieser Faktor weg. Auf der Ebene der Netzwerk-Entwicklung rücken nun die weiteren Upgrades in den Fokus, die Ethereum langfristig skalierbar machen sollen.

Der nächste große Meilenstein wird das sogenannte „Sharding“ sein, bei dem ermöglicht wird, dass mehrere „Side-Chains“ parallel im Ethereum-Netzwerk betrieben werden können und damit die Menge an ausführbaren Transaktionen deutlich erhöht werden kann. Dieses Upgrade ist für Sommer 2023 anvisiert – das kann sich jedoch, ähnlich wie es beim Merge der Fall war, deutlich verzögern.

Worauf sollten Investoren jetzt achten?

Investoren, die mit einem langfristigen Zeithorizont in Ethereum involviert sind, beobachten nun, wie sich der Merge langfristig auf das Netzwerk auswirken wird. Die nun laufende Verringerung auf der Angebotsseite von Ethereum bietet das Potenzial für steigende Preise, wenn sich auf der Nachfrageseite etwas tun wird. Investoren, die ohnehin bereits „Skin in the Game“ haben und auf Ethereum setzen, sind bereits lange investiert.

Die in den letzten Wochen gesehene Euphorie, die Ethereum zwischenzeitig bis an die Marke von 2000 Dollar getrieben hat, hat einen erfolgreichen Merge bereits vorweggenommen und das Ereignis eingepreist. Eventuell kann es jetzt zu einer „Sell the News“-Dynamik kommen – hier spielt auch die düstere Makro-Lage an den Finanzmärkten eine Rolle, die den Krypto-Sektor weiterhin in ihren Fängen hält und der größte Einfluss auf den Kurs bleiben wird. Die deflationäre Tendenz und der Wegfall des Mining-Sektors als Faktor für Verkaufsdruck könnte jedoch zumindest als Kursstabilisator dienen.

Spannend wird zudem sein, ob der erfolgreich absolvierte Merge nun als „Gütesiegel“ herhalten kann und neue Investoren – auch auf institutioneller Seite – in Ethereum lockt, da mit dem Merge als großen Meilenstein nun eine Vision des Ethereum-Netzwerks, welche global skalierbar und damit wirklich effizient einsetzbar ist, deutlich realistischer geworden ist. Zudem kann hier der nun deutlich verringerte Stromverbrauch ein Argument für einige Investoren sein. Der langfristige Investment-Zeithorizont bleibt für Ethereum daher auf mehrere Jahre ausgelegt, da die zukünftigen Upgrades, die für eine effiziente Skalierung notwendig sind, noch einiges an Zeit für die Implementierung benötigen werden.

Mit dem erfolgreichen Merge hat Ethereum jedoch einen riesigen Meilenstein erreicht und die Fundamentals sowie der Ausblick für das Ethereum-Netzwerk sind damit stark wie nie.

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