USA melden ersten Durchbruch bei Kernfusion

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Washington (Reuters) - Die USA sind auf der Suche nach einer billigen und sauberen Quelle für riesige Energiemengen offenbar einen wichtigen Schritt vorangekommen.

Forschenden des Lawrence Livermore National Laboratory in Kalifornien sei am 05. Dezember erstmals mit Hilfe von Lasern eine Kernfusion gelungen, bei der mehr Energie abgegeben als verbraucht wurde, teilte das US-Energieministerium am Dienstag mit. Die für Wissenschaftsfragen zuständige Direktorin im US-Präsidialamt, Arati Prabhakar, sprach von einem "großartigen Beispiel dafür, was mit Beharrlichkeit erreicht werden kann". Bei der Kernfusion verschmelzen Atome bei Temperaturen von 100 Millionen Grad oder mehr. Dabei wird enorme Energie frei, die anders als bei der Kernspaltung keine radioaktive Strahlung erzeugt. Kernfusion ist die Energiequelle unserer Sonne.

Wissenschafter, die nicht an dem Experiment beteiligt waren, sprachen in ersten Reaktionen zwar von einem Meilenstein. Allerdings müsse noch sehr viel mehr geforscht werden, bis die Kernfusion kommerziell nutzbar sei. Tony Roulstone von der University of Cambridge schätzte die gewonnene Energie auf etwa 0,5 Prozent von dem, was benötigt worden sei, um die Laser überhaupt zu betreiben. Das Ergebnis sei daher ein Erfolg der Wissenschaft, sagte er, jedoch gleichzeitig "noch weit davon entfernt, nützliche, ausgiebig vorhandene, saubere Energie zu liefern".

An der Technologie wird seit den 1930er Jahren geforscht. Verfechter der Kernfusion halten eine kommerzielle Nutzung innerhalb des kommenden Jahrzehnts für möglich. Sie sehen darin ein wirksames Mittel gegen den Klimawandel, weil bei der Strom-Erzeugung praktisch keine CO2-Emissionen oder radioaktive Abfälle entstehen.

GATES UND BEZOS FÖRDERN FORSCHUNG AN KERNFUSION

Neben Wissenschaftlern arbeiten auch Privatfirmen wie Commonwealth Fusion Systems, Focused Energy oder General Fusion an der Entwicklung von Kernfusionsreaktoren. Dem Verband Fusion Industry Association zufolge sicherte sich die Branche in den vergangenen Jahren insgesamt rund fünf Milliarden Dollar an Geldern, davon allein 2,8 Milliarden Dollar im Jahr 2021. Zu den Investoren gehören Bill Gates und Jeff Bezos, die Gründer des Software-Konzerns Microsoft beziehungsweise des Online-Händlers Amazon.

Als größte Hürde gilt, das Gas aus den Wasserstoff-Isotopen Deuterium und Tritium extrem zu erhitzen und die hohen Temperaturen dieses Plasmas auch zu halten, damit sich die Kernfusion selbst erhält. In den vergangenen Jahrzehnten wurden mehrfach Durchbrüche verkündet, die einer genaueren Prüfung aber nicht standhielten. Oft konnte die Kernfusion nur für Sekundenbruchteile aufrechterhalten werden. Beim aktuellen Experiment nutzten die Wissenschaftler den Angaben zufolge Hochleistungslaser, um das sogenannte "schwere" beziehungsweise "überschwere Wasser" zu erhitzen. Bei anderen Experimenten wurden Magneten hierfür eingesetzt. Der Atomkern von Deuterium und Tritium besteht nicht wie bei üblichem Wasserstoff nur aus einem Proton, sondern aus einem Proton und einem beziehungsweise zwei Neutronen.

(Bericht von Hakan Ersen und Timothy Gardner und; Bearbeitet von Scot W. Stevenson; Redigiert von Hans Busemann; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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