Energie-Lobby sieht Anzeichen für Beruhigung bei Gaspreisen

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Düsseldorf/Berlin (Reuters) - Nach der Explosion der Gaspreise im vergangenen Jahr sieht die Energie-Lobby Anzeichen für eine Beruhigung des Marktes.

"Einzelne Gasversorger konnten ihre Preise wieder senken", erklärte der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) am Donnerstag. So liegt einer Analyse zufolge der durchschnittliche Gaspreis für Haushaltskunden mit einem Jahresverbrauch von 20.000 Kilowattstunden im Februar 2023 bei 18,15 Cent pro Kilowattstunde. Im vierten Quartal 2022 waren es 20,04 Cent. "Im Gasgroßhandel sind Anzeichen für eine länger anhaltende Entspannung der Preissituation erkennbar, auch im Hinblick auf die nächsten Monate und im kommenden Jahr." Allerdings seien die Preise noch immer rund viermal höher als im langjährigen Mittel vor dem ersten Anstieg der Energiepreise 2021.

Eine Entspannung auf breiter Front gibt es dem Verband zufolge auch noch nicht. Die meisten Unternehmen beschafften Gas langfristig, zum Teil mehrere Jahre im Voraus, erklärte die Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung, Kerstin Andreae. "Lieferverträge für das laufende Jahr mussten daher schon im vergangenen Jahr zu den sehr hohen Preisen im Großhandel abgeschlossen werden." Viele Versorger könnten ihre Preise daher noch nicht senken oder müssten sie unter Umständen noch erhöhen, da sie ihre gestiegenen Beschaffungskosten weitergeben müssten.

Beim Strom schlagen sich der Analyse zufolge noch die hohen Beschaffungskosten der Versorger nieder. Zuletzt sei der durchschnittliche Haushaltskundenpreis hier noch einmal angestiegen von 40,07 Cent je Kilowattstunde im vierten Quartal 2022 auf 48,12 Cent im Januar 2023. Die Preisanstiege der vergangenen zwei Jahre seien bei Haushaltskundenpreisen für Strom jedoch deutlich moderater als bei Gas gewesen.

VIELE BETRIEBE BRAUCHEN STAATLICHE PREISBREMSEN NICHT MEHR

Für Finanzminister Christian Lindner (FDP) ist die Entspannung bei den Energiepreisen eine gute Nachricht. Dadurch dürfte der 200 Milliarden Euro schwere Krisenfonds zur Abfederung der Energiepreise vermutlich bei weitem nicht ausgeschöpft werden. Industrievertreter sagten Reuters zuletzt, viele Unternehmen auch aus dem Mittelstand würden die lange heiß diskutierten Hilfen gar nicht in Anspruch nehmen.

Laut Christian Otto, Geschäftsführer beim Bundesverband der Energie-Abnehmer, dürften nur 20 Prozent der 4500 Mitglieder die Energiepreisbremse am Ende nutzen. "Das sind Firmen, die hochpreisige Verträge im vergangenen Jahr abgeschlossen haben." Sie seien auf die Staatshilfen angewiesen. Bei vielen anderen Firmen sorgen die niedrigeren Preise an den Spotmärkten aber für Entspannung. Angesichts der aktuellen Entwicklung scheine es, dass die Gaspreisbremse vermutlich gar nicht benötigt werde, so Stefan Weber aus der Geschäftsführung der Kaiserslauterner Gießerei ACO.

Dem Wirtschaftsministerium in Berlin zufolge ist eine Prognose schwierig, wie viele Unternehmen von den Preisbremsen profitieren wollen. Betriebe haben zuletzt auf bürokratische Hürden sowie mit den Hilfen einhergehende Einschränkungen bei Boni und Dividenden verwiesen. "Es ist sehr bürokratisch und Bürokratie schrecken Unternehmen ab", sagte Hans-Jürgen Völz, Chefökonom des Mittelstandsverbandes BVMW.

(Bericht von Tom Käckenhoff, Riham Alkousaa, Maria Martinez und Christian Krämer, redigiert von Kerstin Dörr. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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