Biden will US-Hightech-Investitionen in China verbieten

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New York/Washington/Berlin (Reuters) - Angesichts der zunehmenden Spannungen zwischen den USA und China will US-Präsident Joe Biden bestimmte amerikanische Investitionen in sensible Technologien in China verbieten.

Ein am Mittwoch unterzeichnetes Dekret ermächtigt das US-Finanzministerium, gewisse amerikanische Investitionen in chinesische Unternehmen in drei Sektoren zu untersagen oder zu beschränken: Halbleiter und Mikroelektronik, Quanteninformationstechnologien und bestimmte Systeme für künstliche Intelligenz. Mit Auswirkungen wird 2024 gerechnet. Analysten reagierten zurückhaltend, ob Investoren ihre Strategie ändern werden.

Seit Monaten diskutiert die US-Regierung mit dem Hinweis auf den Schutz der nationalen Sicherheit, ob und wie Investitionen in China reguliert werden sollen. "Zu lange hat amerikanisches Geld den Aufstieg des chinesischen Militärs gefördert", sagte der demokratische Mehrheitsführer im Senat, Chuck Schumer, nach Bidens Unterschrift. "Heute unternehmen die Vereinigten Staaten einen ersten strategischen Schritt, um sicherzustellen, dass amerikanische Investitionen nicht zur Finanzierung des chinesischen militärischen Fortschritts verwendet werden." Die oppositionellen Republikaner kritisierten, das Dekret sei voller Schlupflöcher.

Direktinvestitionen sind nur ein Mittel, wie China an moderne Hightech-Technologie kommen möchte. Ebenfalls am Mittwoch bestellten einem Bericht der "Financial Times" zufolge Chinas Internet-Giganten Baidu, der TikTok-Eigentümer ByteDance, Tencent und Alibaba beim US-Chiphersteller Nvidia gleichzeitig Prozessoren im Wert von jeweils einer Milliarde Dollar, die vor allem für die Künstliche Intelligenz gebraucht werden. Das "Handelsblatt" hatte zudem berichtet, dass chinesische Firmen verstärkt Lizenzen westlicher Firmen erwerben, um Auflagen zu umgehen.

EU UND BUNDESREGIERUNG DISKUTIEREN EBENFALLS AUFLAGEN

Auch in der EU und in der Bundesregierung werden derzeit Investitionsbeschränkungen diskutiert. Die EU-Kommission hat dazu eine Expertengruppe eingesetzt, die Vorschläge vorlegen soll. "Wir nehmen die von den USA erlassene Durchführungsverordnung über Auslandsinvestitionen zur Kenntnis und werden diesen genau analysieren", sagte ein Sprecher der Kommission. Man tausche sich mit der US-Regierung aus. "In diesen Prozess werden wir uns aktiv einbringen", sagte ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums in Berlin am Donnerstag auf Anfrage.

In der neuen China-Strategie der Bundesregierung heißt es relativ allgemein, dass "angemessene Maßnahmen, die darauf ausgerichtet sind, mit Auslandsinvestitionen verbundenen Risiken entgegenzutreten, wichtig sein könnten". Man wolle dies mit Partnerländern beraten. Die USA hatten zuletzt Druck ausgeübt, damit etwa Japan und die Niederlande keine moderne Halbleiter-Technologie mehr nach China liefern.

Dass deutsche Firmen nun in die Bresche springen, glaubt man beim Bundesverband Großhandel, Außenhandel und Dienstleistungen (BGA) nicht. "Ich erwarte eine zurückhaltende Reaktion deutscher Unternehmen, da in diesen hochsensiblen High-Tech-Bereichen meist mit US-Partnern gearbeitet wird oder zumindest eine Verbindung mit den USA besteht", sagte BGA-Chefvolkswirt Michael Alber zu Reuters. "Diese Zusammenarbeit wird niemand riskieren wollen, dafür ist der US-Markt zu wichtig. Hinzu kommt das Thema 'long arm jurisdiction'." Im Zweifel würden sich deutsche Firmen danach nach US-Recht strafbar machen.

Siemens sieht sich von dem angekündigten Investitionsverbot nicht direkt betroffen. Bei dem Dekret gehe es etwa um Hochleistungs-Halbleiter, sagte der Vorstandschef des Münchner Technologiekonzerns, Roland Busch, am Donnerstag. "Ich sehe keine direkten Auswirkungen auf uns." Für eine genaue Beurteilung sei es aber noch zu früh. "Die USA haben angekündigt, einen sehr schmalen Zaun zu bauen, aber einen sehr hohen", sagte Busch.

CHINA: BESCHRÄNKUNGEN UNTERGRABEN INTERESSEN VON INVESTOREN

Die chinesische Regierung zeigte sich "sehr enttäuscht" über das Vorgehen der USA. Die Beschränkungen würden "die Interessen chinesischer und amerikanischer Unternehmen und Investoren ernsthaft untergraben", erklärte die chinesische Botschaft in Washington. China werde die Situation genau beobachten und seine Rechte und Interessen entschlossen verteidigen.

Die Vorschriften sollen nur künftige Investitionen betreffen, sagte ein US-Regierungsvertreter. Es wird erwartet, dass die Regelungen nächstes Jahr umgesetzt werden, sagte eine mit der Angelegenheit vertraute Person.

Experten erwarten, dass Investoren zunächst abwarten werden. Der US-Kongress könnte Gesetze einführen, die Bidens Beschränkungen noch erweitern, sagte Weiheng Chen, Senior Partner und Leiter der Greater China Practice bei der Anwaltskanzlei Wilson Sonsini.

(Bericht von Karen Freifeld, Andrea Shalal, Andreas Rinke, Alexander Hübner, Klaus Lauer, Foo Yun Chee, Kane Wu; redigiert von Hans Seidenstücker; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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