Bayer streicht Dividende für drei Jahre drastisch zusammen

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Frankfurt (Reuters) - Neuer Schock für die Bayer-Aktionäre: Um seinen Schuldenberg abzubauen, streicht der Pharma- und Agrarkonzern die Dividende für die nächsten drei Jahre auf ein Minimum zusammen.

Für das vergangene Jahr ergibt sich damit nur eine Ausschüttung von elf Cent je Aktie - für das Geschäftsjahr 2022 hatte Bayer die Dividende noch um 40 Cent auf 2,40 Euro je Aktie erhöht. Die Anteilseigner mussten im vergangenen Jahr bereits Kursverluste von rund 30 Prozent verdauen. Denn Bayer bekommt die Klagewelle wegen des Unkrautvernichters Glyphosat in den USA nicht in den Griff, muss in erheblichem Ausmaß Stellen streichen und sieht sich mit Forderungen von Investoren nach einer Aufspaltung konfrontiert.

An der Börse fielen Bayer-Aktien am Dienstag im frühen Handel mehr als zwei Prozent auf 28,30 Euro und gehörten damit zu den größten Verlierern im Dax. Bayer wird an der Börse nur noch mit 28 Milliarden Euro bewertet - das ist viel weniger als der Konzern für die 63 Milliarden Dollar teure Monsanto-Übernahme ausgab. Rund 70 Prozent hat die Aktie seit dem Zukauf im Juni 2018 verloren.

Die Änderung der Dividendenpolitik begründete Bayer am Montagabend mit dem Schuldenstand in Kombination mit den hohen Zinsen und einer angespannten Situation beim Free Cash-flow. Für 2023 hatte der Konzern einen frei verfügbaren Mittelzufluss von Null prognostiziert - diesen Zustand hatte der neue Vorstandschef Bill Anderson als "nicht akzeptabel" kritisiert. "Unsere Schulden zu senken und unsere Flexibilität zu steigern gehört zu unseren Top-Prioritäten", erklärte er nun. "Unsere geänderte Dividendenpolitik, in die Anregungen von Investoren eingeflossen sind und die wir nach reiflicher Überlegung beschlossen haben, wird uns dabei helfen."

"KURZFRISTIG BESTE LÖSUNG"

Die elf Cent sind der rechnerische Mindestbetrag, den Bayer nach dem Aktiengesetz ausschütten muss, so lange das Unternehmen nach HGB-Bilanzierung schwarze Zahlen schreibt. Sie entsprechen vier Prozent des rechnerischen Nennwertes der Aktie von 2,56 Euro.

Ingo Speich, Leiter Nachhaltigkeit und Corporate Governance beim Sparkassen-Wertpapierhaus Deka, hatte eine Kürzung schon erwartet. "Der Cash-flow von Bayer ist dürftig. Für 2023 wird der Konzern noch eine Dividende hinbekommen. Für 2024 könnte die Dividende dagegen - in Abhängigkeit von der derzeit schwierigen operativen Entwicklung - wackeln oder deutlich geringer ausfallen", sagte er vor kurzem der "Rheinischen Post".

Gesenkt hatte Bayer die Dividende zuletzt für 2020 - schon damals wegen der hohen Belastungen durch die Glyphosat-Rechtsstreitigkeiten. Seit 2013 hat Bayer aber nie weniger als 2,00 Euro je Aktie ausgeschüttet, die geringste Dividende in diesem Jahrtausend datiert von 2003: damals waren es 50 Cent gewesen. Die Dividendenpolitik sah bisher eine Ausschüttung von 30 bis 40 Prozent des bereinigten Ergebnisses je Aktie vor. Nach Einschätzung von Analyst Martin Schnee von der Baader Bank ist die Kürzung der Dividende zwar die "beste kurzfristige Lösung" für Bayer. Aber die Aktionäre müssten damit - zusätzlich zu dem niedrigen Aktienkurs - den Preis für schlechte Management-Entscheidungen zahlen.

Bayer spare mit dem Schritt jährlich etwa zwei Milliarden Euro ein, die es zur Schuldentilgung verwenden könne, kalkulierten Analysten von Barclays. "Doch wir glauben, dass der Schwerpunkt darauf liegen wird, ob wir am 5. März größere strukturelle oder strategische Veränderungen erwarten können." Die Barclays-Experten hatten zuletzt neben einer Senkung der Dividende einen Verkauf oder Börsengang des Geschäfts mit rezeptfreien Gesundheitsprodukten als den praktischsten Weg zur Entschuldung gesehen.

Anderson will auf dem Kapitalmarkttag von Bayer am 5. März seine Pläne zur Zukunft von Bayer vorstellen. Der Druck auf den Amerikaner, der das Unternehmen seit Juni führt, ist hoch. Anleger erwarten von ihm eine Überprüfung der Strukturen - die Forderungen reichten bis zu einer kompletten Aufspaltung des Konzerns, zu dem noch das Pharma- und das Agrargeschäft gehören. Doch Insidern zufolge will sich Anderson zunächst auf die Einführung des neuen Betriebsmodells konzentrieren, mit dem er Hierarchien abbauen, Strukturen verschlanken und Entscheidungen beschleunigen will.

(Bericht von Patricia Weiß; Mitarbeit: Alexander Hübner; Redigiert von Sabine Wollrab. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an die Redaktionsleitung unter frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com)

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